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Informationen zum Dokument  BGer 9C_814/2008  Materielle Begründung
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BGer 9C_814/2008 vom 25.11.2008
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_814/2008
 
Urteil vom 25. November 2008
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Kernen, Seiler,
 
Gerichtsschreiberin Amstutz.
 
Parteien
 
S.________, Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Fürsprecher Andreas Gafner, Neuengasse 19, 2502 Biel,
 
gegen
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 29. August 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1962 geborene S.________ meldete sich am 27. April 2005 unter Hinweis auf Depressionen, Kopfweh und Schwindel bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt auf die beruflichen und medizinischen Abklärungen (insbesondere multidisziplinäres Gutachten der Academy W.________, Spital B.________, vom, 26. November 2007; Abklärungsbericht Haushalt vom 10. Januar/14. Dezember 2007 betreffend Abklärung vom 22. August 2006) verneinte die IV-Stelle des Kantons Bern - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens (samt Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der Academy W.________ vom 14. März 2008) - mit Verfügung vom 26. März 2008 den Anspruch auf eine Invalidenrente (Invaliditätsgrad: 30 %).
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde der S.________ mit dem Antrag, in Aufhebung der Verfügung vom 26. März 2008 sei ihr eine Invalidenrente zuzusprechen, eventualiter die Streitsache zwecks weiterer Abklärungen und Neuverfügung an die Verwaltung zurückzuweisen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 29. August 2008 ab (ermittelter Invaliditätsgrad: 39 %).
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________ ihr vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern.
 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor dem Bundesgericht hat die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts mit Verfügung vom 31. Oktober 2008 abgewiesen, worauf der einverlangte Kostenvorschuss von Fr. 500.- innert angesetzter Frist bezahlt worden ist.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; Ausnahme: Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]). Wie die Sachverhaltsfeststellung ist auch die vorinstanzliche Ermessensbetätigung im Verfahren vor Bundesgericht nur beschränkt überprüfbar. Eine Angemessenheitskontrolle (vgl. BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 [zu Art. 132 lit. a OG]) ist dem Gericht verwehrt; es hat nur zu prüfen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt, mithin überschritten, unterschritten oder missbraucht hat (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).
 
2.
 
2.1 Die für die Beurteilung des umstrittenen Rentenanspruchs massgebenden materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen, einschliesslich die seit dem frühestmöglichen Rentenbeginn eingetretenen Rechtsänderungen und die einschlägigen intertemporalrechtlichen Grundsätze, finden sich im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Ergänzende Erwägungen (beweis-)rechtlicher Art erfolgen, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen.
 
2.2 Gemäss kantonalem Entscheid ist der Invaliditätsgrad nach der für Teilerwerbstätige geltenden gemischten Methode zu ermitteln (Art. 28 Abs 2ter IVG in der von 1. Januar 2004 bis Ende 2007 in Kraft gestandenen Fassung; ab 1. Januar 2008: Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 134 V 9; 133 V 504; 131 V 51; 130 V 97; 130 V 393), wobei von einer prozentualen Aufteilung Erwerbstätigkeit/Haushalt von 75 %/25 % auszugehen sei. Entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerin ist letztere (Tatsachen-) Feststellung (vgl. Urteil I 693/06 vom 20. Dezember 2006, E. 4.1) unter dem Blickwinkel von Art. 105 Abs. 2 BGG nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz stützt sich dabei ausdrücklich und willkürfrei auf die Angaben der Versicherten im - auf der Abklärung vor Ort vom 22. August 2006 beruhenden und die Ergebnisse der Academy W.________-Expertise vom 26. November 2007 berücksichtigenden - Bericht Haushalt vom 10. Januar und 14. Dezember 2007 und den bisherigen Verlauf der Erwerbskarriere. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin gegenüber der Abklärungsperson einerseits ausführte, sie hätte in ihrer letzten Stelle, an die sie sich zu erinnern vermöge (Pflegehelferin im Spital, 1990-1992), "ca. 80 %" gearbeitet (Abklärungsbericht, Ziff. 3.3), anderorts jedoch von einem Pensum von "70 % bis 80 %" die Rede ist (Abklärungsbericht, Ziff. 3.5), begründet keinen unauflösbaren, nach weiteren Abklärungen rufenden Widerspruch und lässt die Schlussfolgerungen des kantonalen Gerichts namentlich nicht als offensichtlich unrichtig oder als Ergebnis einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung erscheinen. Plausible Gründe, welche für die von der Beschwerdeführerin vor(und letzt-)instanzlich behauptete, in der gesamten bisherigen beruflichen Laufbahn jedoch nie erreichte (mindestens) 90%ige Erwerbstätigkeit sprechen, sind nirgends substantiiert dargetan worden und auch nicht ersichtlich, weshalb das kantonale Gericht ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) auf weitere Nachforschungen verzichten durfte.
 
3.
 
3.1 Im Rahmen der Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich ist die Vorinstanz in umfassender Würdigung der medizinischen Aktenlage, insbesondere gestützt auf das als voll beweiskräftig erachtete Academy W.________-Gutachten vom 26. November 2007 samt ergänzender Stellungnahme vom 14. März 2008 von einer verwertbaren Restarbeitsfähigkeit von 50 % in körperlich leichten, optimal angepassten Tätigkeiten (vorwiegend sitzend, Möglichkeit zum selbständigen Wechseln der Körperposition, wenig Treppenbenutzung, kein Besteigen von Schemeln und Leitern, keine gebückt oder überkopf zu verrichtenden Tätigkeiten, kein repetitives Heben, Stossen oder Ziehen von Lasten über zwei bis fünf Kilo) seit April 2005 ausgegangen; die Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei dabei sowohl körperlich als auch psychisch bedingt (Diagnosen: Morbide Adipositas [BMI 45 kg/m2; ICD-10: E66.8], mit überlastungsbedingten und beginnend degenerativen Beschwerden des Bewegungsapparates; generalisierte Angststörung [ICD-10: F41.1]; Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlichen, abhängigen und narzisstischen Anteilen [ICD-10: F61.0]).
 
3.2 Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398) einer erwerblich verwertbaren Restarbeitsfähigkeit von 50 % sei offensichtlich unrichtig und missachte die bundesrechtlichen Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (dazu BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff., 122 V 157 E. 1b und 1c S. 158 ff., je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400; zur Qualifizierung als Rechtsfrage: Urteil I 853/06 vom 3. Oktober 2007, E. 4.1 a.A.) sowie die Grundsätze der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400), ist die Beschwerde unbegründet: Das kantonale Gericht hat unter Berücksichtigung der rechtserheblichen medizinischen Aktenlage und in rechtsgenüglicher Auseinandersetzung mit den Vorbringen der Versicherten pflichtgemäss (vgl. BGE 132 V 393 E. 2.1 S. 396) die Gründe angegeben, weshalb die medizinische Gesamtbeurteilung der Academy W.________-Gutachter vom 26. November 2007 mit Präzisierung vom 14. März 2008 in sich schlüssig ist und darauf abgestellt werden kann und insbesondere die Einschätzung im früheren Gutachten des Psychiaters Dr. med. B.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 8. Mai 2006 [samt Ergänzung vom 26. Oktober 2006] - u.a. betreffend Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit in "geschütztem Rahmen" - die dortigen Schlussfolgerungen nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen vermag. Mit Blick auf die beweisrechtlich bedeutsame Verschiedenheit von Behandlungs-/Therapieauftrag einerseits und Begutachtungsauftrag andererseits (vgl. BGE 124 I 170 E. 4 S. 175; s. auch I 701/05 vom 5. Januar 2007, E. 2 in fine, mit zahlreichen Hinweisen) zutreffend entkräftetet hat das kantonale Gericht auch den Einwand der Beschwerdeführerin, die Feststellung einer 50%igen Restarbeitsfähigkeit stünde in unüberbrückbarer Diskrepanz zu den Berichten der behandelnden Ärzte (Berichte des Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Innere Medizin, vom 23. Januar 2007 und vom 28. Januar 2008 sowie des Dr. med. U.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24. Mai 2005 und vom 29. Januar 2008). Unbegründet ist ferner die Rüge der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe die Aussagen des behandelnden Arztes Dr. med. D.________ aktenwidrig wiedergegeben: Die Feststellung des kantonalen Gerichts, dass Dr. med. D.________ die Einschätzung der verbleibenden Arbeitsfähigkeit auf 50 % "aus somatischer Sicht teilt" (vorinstanzlicher Entscheid, S. 13), wird durch dessen Bericht vom 28. Januar 2008 ebenso klar belegt wie durch jenen (erst nach Verfügungserlass erstellten) vom 11. April 2008.
 
3.3 Bleibt es nach dem Gesagten bei der festgestellten 50%igen Restarbeitsfähigkeit leidensangepassten Tätigkeiten, gibt auch der vom kantonalen Gericht aufgrund eines Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) und unter Beizug der Durchschnittslöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) im erwerblichen Bereich ermittelte Invaliditätsgrad von gewichtet 34 % weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht (Art. 105 Abs. 2 und Art. 95 BGG) zu Beanstandungen Anlass. Es wird diesbezüglich auf die in allen Teilen korrekten Ausführungen in Erwägung 6 des angefochtenen Entscheids verwiesen (vgl. BGE 110 V 53). Entgegen dem Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht abzurücken ist vom vorinstanzlich bei der Festsetzung des trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren Einkommens (Invalideneinkommen) gewährten leidensbedingten Abzug (s. dazu BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327 f., 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 f. und E. 4.2.3 S. 481, 126 V 75 E. 3b S. 76 f., mit Hinweisen; AHI 2002 S. 67 ff., E. 4 [I 82/02]) in der Höhe von 10 %, welchen die Vorinstanz mit dem relativ stark einschränkenden Zumutbarkeitsprofil der Versicherten begründet hat. Beachtliche Gründe, die den entsprechenden Abzug als ermessensmissbräuchlich oder sonst rechtsfehlerhaft erscheinen lassen (E. 1 hievor; vgl. auch BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399) und eine Korrektur nach oben rechtfertigen würden, werden von der Beschwerdeführerin keine namhaft gemacht und sind auch nicht ersichtlich. So fällt die "Teilzeitarbeit" als lohnmindernder Faktor ebenso ausser Betracht (vgl. LSE 2006, T2*, S. 16) wie das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Nationalität oder Aufenthaltskategorie.
 
4. Schliesslich hat die Vorinstanz hinsichtlich der Einschränkung im häuslichen Aufgabenbereich zu Recht den Abklärungsbericht Haushalt vom 14. Dezember 2007 als voll beweistauglich eingestuft (zu den beweisrechtlichen Anforderungen vgl. insb. in AHI 2003 S. 218 publizierte E. 2.3.2 des Urteils BGE 129 V 67 [I 90/02]; ferner AHI 2004 S. 139, E. 5.3, I 311/03; AHI 2001 S. 161, E. 3c, I 99/00; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 733/03 vom 6. April 2004, E. 5.1.2 und 5.1.3) und auf die dort angegebene Behinderung von ungewichtet 20 % abgestellt. Die - als Ermessensfrage einzustufende (s. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 693/06 vom 20. Dezember 2006. E. 6.3 und E. 4.1) - Gewichtung der einzelnen Bereiche der Haushaltstätigkeit wird von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht in Frage gestellt. Soweit sie geltend macht, bei der prozentualen Festlegung der konkreten Einschränkungen in den verschiedenen Wirkungsbereichen seien ihre körperlichen Limitierungen (wie keine knienden oder bückende Arbeiten oder solche über Kopf) eindeutig unzureichend berücksichtigt worden, verkennt sie, dass diese nicht ohne Weiteres als invaliditätsbedingter Ausfall anzurechnen sind; ein solcher darf bei in einem Mehrpersonenhaushalt tätigen Personen nur insoweit angenommen werden, als die nicht mehr erfüllbaren Aufgaben nicht zumutbarerweise von andern Familienangehörigen/Haushaltgenossen verrichtet werden können (zur diesbezüglichen Schadenminderungspflicht BGE 133 V 504 E. 4.2 S. 509 ff.). Eine unzulässige Berücksichtigung der Unterstützung durch den im selben Haushalt lebenden Partner der Beschwerdeführerin liegt hier offensichtlich nicht vor, sodass der ermittelte Invaliditätsrad im Haushalt von 20 % und gewichtet 5 % zu bestätigen ist. Entsprechendes gilt somit für den vorinstanzlich festgestellten, rentenausschliessenden Gesamtinvalidität von 39 % (34 % und 5 %).
 
5.
 
Die zu erhebenden Gerichtskosten (Art. 65 BGG) gehen ausgangsgemäss zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Steuerverwaltung des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 25. November 2008
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Meyer Amstutz
 
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