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Informationen zum Dokument  BGer 1B_17/2009  Materielle Begründung
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BGer 1B_17/2009 vom 09.02.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1B_17/2009
 
Urteil vom 9. Februar 2009
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Raselli, Eusebio,
 
Gerichtsschreiberin Schoder.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Bernhauser,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Gewaltdelikte, Molkenstrasse 15/17, Postfach,
 
8026 Zürich.
 
Gegenstand
 
Fortsetzung Untersuchungshaft,
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 26. Dezember 2008 des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ wird zur Last gelegt, am 5. Januar 2008 um circa 15.45 Uhr an der Y.________strasse ... in 8048 Zürich das Opfer Z.________ durch diverse Pistolenschüsse in den Oberkörper getötet zu haben. X.________ befindet sich seit dem 7. Januar 2008 in Untersuchungshaft.
 
Mit Verfügung vom 26. Dezember 2008 verlängerte der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr bis zum 7. April 2009.
 
B.
 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________ die Aufhebung der haftrichterliche Verfügung und seine unverzügliche Entlassung aus der Untersuchungshaft. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren.
 
C.
 
Der Haftrichter und der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich verzichten auf Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Eintretensvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet den Haftgrund der Fluchtgefahr. Er rügt eine Verletzung der persönlichen Freiheit.
 
2.2 Gemäss § 58 Abs. 1 Ziff. 1 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich vom 4. Mai 1919 (StPO/ZH) ist die Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft unter anderem zulässig, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und aufgrund bestimmter Anhaltspunkte Fluchtgefahr ernsthaft zu befürchten ist. Die Untersuchungshaft ist durch mildere Massnahmen zu ersetzen, sofern sich der Haftzweck auch auf diese Weise erreichen lässt (§ 58 Abs. 4 i.V.m. § 72 f. StPO/ZH). Unter den gleichen Voraussetzungen ist die Anordnung und Aufrechterhaltung der Sicherheitshaft zulässig (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StPO/ZH).
 
2.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Verhältnismässigkeit der Einschränkung der persönlichen Freiheit durch strafprozessuale Haft (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 Abs. 1 BV, Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK) braucht es für die Annahme von Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse des Angeschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62; 117 Ia 69 E. 4a S. 70, je mit Hinweisen).
 
2.4 Neben der mutmasslichen Schwere der zu erwartenden Strafe stützt der Haftrichter die Fluchtgefahr im vorliegenden Fall auf folgende Lebensumstände: Der Beschwerdeführer lebe zwar schon etliche Jahre in der Schweiz, sei aber sprachlich und kulturell nur wenig integriert. Er und sein Familien- und Verwandtenkreis seien Angehörige der albanischen Minderheit Mazedoniens. Der Beschwerdeführer verkehre vorwiegend im Familien- und Verwandtenkreis und unterhalte wenig Kontakte nach aussen. Dies gelte auch für den beruflichen Bereich. Bis zum 17. Lebensjahr habe der Beschwerdeführer in seiner Heimat gelebt und sei dort noch heute stark verwurzelt. So lebe seine Mutter in Mazedonien und besitze die Familie im heimatlichen Dorf mehrere Liegenschaften. Weiter habe der Beschwerdeführer sein Auto nach Mazedonien verbracht und im Jahr 1996/1997 Militärdienst für Mazedonien geleistet. Auch lese er ausschliesslich Zeitungen in albanischer Sprache. Hinzu komme, dass die beruflichen Aussichten des Beschwerdeführers in der Schweiz als düster zu beurteilen seien. Gemäss Leumundsbericht seien im Jahr 2006 17 und im Jahr 2007 31 Betreibungen gegen den Beschwerdeführer erhoben worden und seien in diesem Zeitraum 3 Konkursandrohungen und 7 Pfändungsvollzüge erfolgt.
 
2.5 Die Bejahung der Fluchtgefahr durch den Haftrichter ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Ins Gewicht fällt in erster Linie, dass dem Beschwerdeführer ein schweres Delikt (Tötung eines Menschen mit der Schusswaffe) zur Last gelegt wird. Dies spricht für das Vorliegen von Fluchtgefahr. Des Weitern verfügt der Beschwerdeführer in seiner Heimat über ein Beziehungsnetz. Er beanstandet zwar die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz. Laut seinen eigenen Angaben hat seine Mutter aber zumindest bis im September 2008 in Mazedonien gelebt. Es ist daher ohne Weiteres anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in Mazedonien nach wie vor soziale Kontakte pflegt. Auch stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede, dass seine Familie in seiner Heimat Liegenschaften besitzt, weshalb er dort nicht mittellos wäre. Das Bestehen dieses persönlichen und wirtschaftlichen Netzes in Mazedonien spricht ebenfalls dafür, dass der Beschwerdeführer versucht sein könnte, sich durch Flucht der drohenden Strafe zu entziehen. Der Einwand des Beschwerdeführers, er würde aus Rücksicht auf seine Kinder nicht ins Ausland fliehen, überzeugt nicht. Der Haftgrund der Fluchtgefahr ist somit offensichtlich zu bejahen.
 
Es wird nicht dargetan und ist nicht ersichtlich, inwiefern die Fluchtgefahr durch die Anordnung einer milderen Massnahme im vorliegenden Fall wirksam gebannt werden könnte. Eine Verletzung der persönlichen Freiheit fällt demnach ausser Betracht.
 
3.
 
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist demnach abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren ersucht. Diesem Antrag kann wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Begehren nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch ist deshalb ebenfalls abzuweisen. Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten aber verzichtet.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Es werden keine Gerichtsgebühren erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Februar 2009
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Féraud Schoder
 
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