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Informationen zum Dokument  BGer 8C_292/2008  Materielle Begründung
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BGer 8C_292/2008 vom 09.04.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_292/2008
 
Urteil vom 9. April 2009
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
Parteien
 
E.________, Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer,
 
gegen
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 6. März 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügungen vom 25. Oktober 2006 sprach die IV-Stelle Luzern E.________, geboren 1952, ab 1. März 2005 und ab 1. Oktober 2005 eine ganze Invalidenrente, ab 1. März 2006 eine Dreiviertelsrente und ab 1. April 2006 eine Viertelsrente zu.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 6. März 2008 ab.
 
C.
 
E.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zur ergänzenden medizinischen Abklärung zurückzuweisen, eventualiter sei ihm ab Oktober 2002 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Des Weiteren ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung.
 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nach Ablauf der einjährigen Wartefrist (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) sowie zum Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff., 122 V 157 E. 1c S. 160 ff.), teilweise unter Hinweis auf die Verfügung der IV-Stelle, zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der medizinische Sachverhalt nur ungenügend abgeklärt worden sei. Er beruft sich dabei auf den Bericht des Dr. med. B.________, Klinik A.________, vom 26. November 2006, wonach lediglich eine 30%ige Arbeitsfähigkeit bestehe. Demgegenüber hatte der vom Krankenversicherer beauftragte Dr. med. M.________, Rheumatologie und Innere Medizin FMH, auf dessen Gutachten vom 13. März 2006 sich die IV-Stelle stützte, eine Arbeitsfähigkeit von 30 % ab 31. Oktober 2005, 50 % ab 14. Februar 2006 und 70 % ab 1. April 2006 attestiert.
 
4.
 
Massgebend für die richterliche Überprüfungsbefugnis ist der Zeitpunkt des Verfügungserlasses (BGE 129 V 167 E. 1 S. 169), weshalb später ergangene Berichte nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie sich zur Entwicklung des Gesundheitszustandes bis zu jenem Zeitpunkt äussern. Unter diesem Aspekt ist zu prüfen, ob auf den fraglichen Bericht des Dr. med. B.________ vom 26. November 2006 zur Beurteilung der angefochtenen Verfügungen vom 25. Oktober 2006 überhaupt abgestellt werden kann.
 
5.
 
Im Vordergrund steht zunächst das Rückenleiden des Versicherten. In diesem Zusammenhang wird geltend gemacht, dass Dr. med. B.________ gegenüber dem Gutachten des Dr. med. M.________ eine "erweiterte Diagnose" gestellt habe.
 
Das kantonale Gericht hat aufgrund der unterschiedlichen Einschätzungen der Arbeitsfähigkeit durch die beiden Ärzte geprüft, ob seit der Begutachtung des Versicherten im Februar 2006 eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Es hat die diesbezüglichen bis zum Verfügungserlass (25. Oktober 2006) vorhandenen medizinischen Akten, darunter insbesondere das genannte Gutachten vom 13. März 2006, einlässlich und sorgfältig gewürdigt. Weshalb ihrer Auffassung nach auf das Gutachten des Dr. med. M.________ abzustellen ist, hat die Vorinstanz ausführlich dargelegt. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche offensichtliche Unrichtigkeit. So stimmt die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit durch den Gutachter weitgehend überein mit derjenigen des behandelnden Arztes Prof. Dr. med. S.________. Des Weiteren ist das kantonale Gericht zum Schluss gekommen, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bis zum Erlass der hier zu prüfenden Verfügung gestützt auf die Einschätzung des Dr. med. B.________ vom 26. November 2006 nicht angenommen werden kann. Dem ist beizupflichten. So ist dem Bericht des Dr. med. B.________ nichts zu entnehmen, was - nach Verbesserung des Gesundheitszustandes bis im April 2006 gemäss Annahme des Dr. med. M.________ - auf eine erneute Verschlechterung bis zum Verfügungserlass im Oktober 2006 schliessen liesse, zumal nicht Bezug genommen wird auf das frühere Gutachten. Allein aufgrund der Einschätzung einer geringeren Arbeitsfähigkeit zu einem Zeitpunkt nach Verfügungserlass kann eine entsprechende Verschlechterung (vor Verfügungserlass) ebenfalls nicht angenommen werden. Damit kann der Bericht des Dr. med. B.________, da er sich lediglich zum aktuellen Zustand, nicht aber zum Verlauf der gesundheitlichen Entwicklung bis zum Verfügungserlass äussert, bei der Beurteilung der hier zu prüfenden Verfügungen nicht berücksichtigt werden. Nachdem, wie erwähnt, auch sonst keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung bestehen, ist das Bundesgericht daran gebunden. Unter diesen Umständen sind keine weiteren diesbezüglichen Abklärungen erforderlich.
 
6.
 
Ebenfalls zutreffend hat sich die Vorinstanz zur Schulterproblematik geäussert und festgestellt, dass bis zum Erlass der Verfügungen vom 25. Oktober 2006 kein weiterer Abklärungsbedarf bestanden habe. Der Beschwerdeführer beruft sich diesbezüglich auf die entsprechenden von Dr. med. B.________ erhobenen Befunde (Periarthropathia humeroscapularis Typ tendinopathica mit Zeichen einer retraktilen Kapsulitis an der linken Schulter). Der Rheumatologe erwähnt im betreffenden Bericht vom 26. November 2006, soweit hier von Belang, einzig, dass der Beschwerdeführer "zunehmend" auch durch die linke Schulter limitiert sei und aktuell die linke Schulter nicht belastet werden sollte. Dass der Versicherte durch die im Frühjahr 2006 akut aufgetretenen Beschwerden in der Arbeitsfähigkeit bis zum Erlass der hier zu überprüfenden Verfügungen vom 25. Oktober 2006 eingeschränkt gewesen wäre, lässt sich dem Bericht nicht entnehmen. Unter diesen Umständen ist die vorinstanzliche Feststellung, dass (auch) zufolge der Schulterbeschwerden seit der Begutachtung durch Dr. med. M.________ bis zum Verfügungserlass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes beziehungsweise eine weiter gehende Arbeitsunfähigkeit nicht erstellt sei und weitere diesbezügliche Abklärungen sich erübrigen, nicht offensichtlich unrichtig.
 
7.
 
Zum Einwand des Beschwerdeführers, es bestehe bereits seit Oktober 2002 ein Rentenanspruch, hat das kantonale Gericht ebenfalls einlässlich Stellung genommen und zutreffend festgestellt, dass die IV-Stelle des Kantons Solothurn berufliche Massnahmen gewährt hat. Der Versicherte absolvierte eine Ausbildung zum CNC-Bediener, worauf mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 30. April 2004 festgestellt wurde, dass er nunmehr rentenausschliessend eingegliedert sei. Es bestehen auch diesbezüglich keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit, finden sich in den medizinischen Akten doch keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer in der Folge aus gesundheitlichen Gründen keine entsprechende Stelle hätte finden können.
 
8.
 
Schliesslich wird die Höhe des gewährten leidensbedingten Abzugs vom statistischen Durchschnittslohn bei der Ermittlung des Invalideneinkommens gerügt (vgl. BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481).
 
Die Vorinstanz hat sich zum gewährten 10%igen leidensbedingten Abzug und den dabei zu berücksichtigenden Merkmalen eingehend geäussert, insbesondere auch zum Beschäftigungsgrad. Mit Blick darauf, dass der Abzug einer gesamthaften Schätzung entspricht (BGE 126 V 75 E. 5b S. 79 f.; 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481), entgegen der Annahme des Beschwerdeführers ein allfälliger "Teilzeitabzug" nicht noch zusätzlich vorzunehmen ist (plädoyer 2008 Heft 1 S. 69, I 793/06 E. 2), die leidensbedingte Einschränkung schon beim zumutbaren Arbeitspensum berücksichtigt wurde und andere Merkmale hier nach vorinstanzlicher Feststellung nicht relevant sind, ist der 10%ige Abzug vom Tabellenlohn nicht zu beanstanden.
 
9.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten; Art. 64 Abs. 1 BGG) und Verbeiständung (Art. 64 Abs. 2 BGG) kann gewährt werden, weil die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen ist und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten war. Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
 
4.
 
Rechtsanwalt Marco Unternährer wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse der Aarg. Industrie- und Handelskammer und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 9. April 2009
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
Ursprung Durizzo
 
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