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Informationen zum Dokument  BGer 8C_113/2009  Materielle Begründung
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BGer 8C_113/2009 vom 27.07.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_113/2009
 
Urteil vom 27. Juli 2009
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
Parteien
 
S.________, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Hofer,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 5. November 2008.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
S.________ ist vom Erziehungsdepartement Basel-Stadt als Biologielehrerin angestellt und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 8. August 2005 wurde sie als Fahrradfahrerin von einem Auto angefahren und erlitt eine dislozierte Humeruskopffraktur rechts, welche im Kantonsspital B.________ durch Implantation einer Humeruskopfprothese operativ versorgt wurde. Am 21. August 2006 erfolgte eine Mobilisation in Narkose, nachdem eine Frozen shoulder diagnostiziert worden war. Am 22. Januar 2007 konnte sodann das 57%-ige Pensum als Lehrerin wieder vollumfänglich aufgenommen werden. Nach kreisärztlicher Abschlussuntersuchung vom 12. November 2007, anlässlich welcher der Versicherten eine vollumfängliche Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit attestiert wurde, sprach die SUVA S.________ mit Verfügung vom 17. November 2007 für die verbliebene Beeinträchtigung aus dem Unfall eine Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 20% zu und verneinte einen Rentenanspruch. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 25. April 2008 fest.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher S.________ die Zusprechung einer Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von mindestens 25% beantragen liess, wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 5. November 2008 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern; im Rahmen der Beschwerdebegründung wird beantragt, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids sei die Sache zur Einholung einer Expertise eines Spezialarztes für Traumatologie des Bewegungsapparats an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Es darf im Übrigen weder zu Gunsten noch zu Ungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG). Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
Im vorinstanzlichen Entscheid sind die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf eine Rente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG), den Begriff der Invalidität (Art. 8 ATSG) sowie den Beweiswert und die Würdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; SVR 2006 IV Nr. 27 S. 92, I 3/05 E. 3.2.4, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
Nicht mehr streitig ist die Zusprechung einer Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 20%, sodass einzig der Anspruch auf eine Rente der Unfallversicherung im Streite steht, wobei sich die Parteien insbesondere uneins in der Frage sind, ob die Versicherte unfallbedingt in ihrer Arbeits- und Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist.
 
3.1 In der Beschwerde wird in erster Linie die Schlüssigkeit der kreisärztlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit bestritten, worauf sich die SUVA gestützt hat. Es sei unzutreffend, dass die Beschwerdeführerin ohne Einschränkungen auch in einem 100%-Pensum als Lehrerin der Biologie tätig sein könnte, was sich aus den Berichten des behandelnden Dr. med. W.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, der die Versicherte am Unfalltag auch operiert habe, ergäbe.
 
3.2 Nach der Rechtsprechung ist es dem Sozialversicherungsgericht nicht verwehrt, gestützt auf im Wesentlichen oder ausschliesslich von dem am Recht stehenden Versicherungsträger intern eingeholte medizinische Unterlagen zu entscheiden. In solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung jedoch strenge Anforderungen zu stellen in dem Sinne, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind (BGE 122 V 157 E. 1d S. 162 f.; RKUV 1999 Nr. U 332 S. 194 E. 2a/bb, U 212/97; vgl. auch BGE 125 V 351. E. 3b/ee S. 353).
 
3.3 Nach Massgabe dieser Grundsätze gilt es im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob die vorhandenen medizinischen Unterlagen für eine zuverlässige Beurteilung der Leistungspflicht der Unfallversicherung im Zusammenhang mit den die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit beeinträchtigenden gesundheitlichen Schwierigkeiten genügen. Dies hat die Vorinstanz übersehen, indem sie sich auf die rechtsprechungsgemässen Richtlinien zur Beweiswürdigung, die in Bezug auf im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten externer Spezialärztinnen und -ärzte gelten (BGE 125 V 353 E. 3b), stützte. Ein solches externes Gutachten liegt hier jedoch nicht vor, sondern einzig Untersuchungs- und Abschlussberichte des SUVA-Kreisarztes Dr. med. V.________. Das kantonale Gericht stellte demnach insofern zu wenig strenge Anforderungen an die Beweiswürdigung, als die Beweiskraft der versicherungsintern eingeholten Berichte des Kreisarztes rechtsprechungsgemäss (E. 3.2) schon bei geringen Zweifeln erschüttert sein kann.
 
3.4 In seiner versicherungsmedizinischen Beurteilung vom 12. November 2007 hielt Kreisarzt Dr. med. V.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie/Sportmedizin, Manuelle Medizin, fest, es zeige sich im Vergleich zur kreisärztlichen Untersuchung vom 9. Mai 2006 eine Verbesserung der Beweglichkeit vor allem in Flexion, sowie eine Verbesserung der Schulterkoordination. Das Ergebnis nach Implantation einer Schulterprothese sei durch die fehlende Beweglichkeit vor allem oberhalb der Horizontalen in Abduktion und Inklination getrübt, die Belastbarkeit sei vermindert. Das Heben von Lasten unter 5 kg und das Staubsaugen sei voll und ganz zumutbar, da diese Tätigkeiten, wenn sie unterhalb der Horizontalen erfolgten, sowohl gewichtsmässig als auch ergonomisch bei der vorliegenden Schulterfunktion bewältigt werden könnten; insofern sei er mit der beschriebenen verminderten Belastbarkeit gemäss dem behandelnden Dr. med. W.________ im Bericht vom 26. Juni 2007 nicht einverstanden. Dies sei durch die seitengleiche Umfangvermehrung der Muskulatur der Arme und durch die Ergonomie mittels Vigorimeter objektivierbar. Es bestehe keine verminderte Arbeitsfähigkeit im angestammten Pensum. Auch seien der Versicherten ganztags leichte Tätigkeiten, abgesehen von dauernden Rotationsbewegungen und monotonen Armergonomien zumutbar. Tätigkeiten in Höhe und oberhalb der Horizontalen seien grundsätzlich nicht mehr zumutbar. Somit kämen unter anderem auch Unterrichtstätigkeiten in Frage, die in einem 100%-igen Pensum bewältigt werden könnten.
 
Dieser Beurteilung schloss sich Dr. med. W.________ in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 nicht an. Zwar beschrieb Dr. med. W.________, worauf die Beschwerdegegnerin zu Recht hinwies, vorab die subjektiv empfundene Limite hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit, die mit dem heutigen Pensum von 57% erreicht sei, schliesst sich indessen nachfolgend dieser Einschätzung an. Zur Begründung wurden hauptsächlich die durch Bewegung akzentuierten Dauerschmerzen und die regelmässige Einnahme von einer Tablette Ecofenac pro Tag aufgeführt. Dadurch seien Leistungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit sowie die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich reduziert. Alle Arbeiten mit angehobenem, flektiertem Arm, insbesondere das Schreiben an der Wandtafel, seien auch als Lehrerin nicht mehr möglich.
 
Hinsichtlich der erhobenen Befunde stimmen beide Ärzte insoweit überein, als die Beweglichkeit der Schulter vor allem über der Horizontalen stark eingeschränkt ist und eine verminderte Belastbarkeit besteht. Hingegen weichen sie bei der Beurteilung dieser Schulterbeschwerden bezüglich der Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit als Biologielehrerin erheblich voneinander ab, indem Dr. med. W.________ eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit über das ausgeübte 57%-Pensum - im Gegensatz zu Dr. med. V.________ - als unzumutbar erachtet. Dr. med. V.________ hat zwar nachvollziehbar begründet, weshalb er die Lehrertätigkeit auch in einem vollen Pensum mit Blick auf die verbliebene Beweglichkeit und Belastbarkeit für zumutbar hält. Er hat sich hingegen, anders als der behandelnde Arzt, mit der Frage der Auswirkung der Schmerzproblematik auf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie die Arbeitsgeschwindigkeit nicht auseinandergesetzt, sodass nicht ersichtlich ist, inwieweit er dies in seine Arbeitsfähigkeitsschätzung einfliessen liess. Auch geht aus seiner Stellungnahme nicht hervor, ob die Versicherte in ihrer Lehrertätigkeit, ausser beim Schreiben an der Wandtafel, was durch die Benutzung eines Hellraumprojektors kompensiert werden kann, nicht delegierbare Arbeiten mit angehobenem, flektiertem Arm auszuführen hat, welche die Schmerzen exazerbieren lassen, oder ob sie weitere bei ihrer Lehrtätigkeit anfallende Arbeiten gar nicht mehr verrichten kann. Aufgrund dieser Ausführungen bestehen rechtserhebliche Zweifel an der Schlüssigkeit der Beurteilung des SUVA-Arztes von Art und Ausmass der unfallbedingten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter sowie der unfallbedingt noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit.
 
Ebensowenig vermag die Stellungnahme des Dr. med. W.________ zur Arbeitsfähigkeit vollständig zu überzeugen, zumal auch der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen ist, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte aufgrund ihrer auftragsrechtlichen Vertrauensstellung im Zweifel eher zu Gunsten ihrer Patientinnen und Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Überdies hielt es Dr. med. W.________ selber für sinnvoll, in Bezug auf die objektive Beurteilung der Arbeitsfähigkeit einen unabhängigen Gutachter beizuziehen. Da Art und Umfang der trotz der verbliebenen Restbeschwerden aus dem Unfall vom 8. August 2005 zumutbaren Arbeitsfähigkeit von entscheidender Bedeutung für die nach den Grundsätzen der Rechtsprechung gemäss BGE 119 V 475 zu beurteilende Frage des Rentenanspruchs ist, die aufgrund der vorliegenden medizinischen Akten nicht zuverlässig entschieden werden kann, ist eine versicherungsexterne medizinische Zumutbarkeitsbeurteilung notwendig, welche sich auf die angestammte Tätigkeit als Biologielehrerin und auf zumutbare Verweisungstätigkeiten bezieht. Die Sache ist daher an die SUVA zurückzuweisen, damit sie die ergänzenden medizinischen Abklärungen vornehme und anschliessend über den Rentenanspruch neu entscheide.
 
4.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 643 E. 5). Diese hat der Beschwerdeführerin überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 5. November 2008 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 25. April 2008 aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Invalidenrente neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
 
4.
 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, zurückgewiesen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 27. Juli 2009
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:
 
Leuzinger Polla
 
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