VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 9C_193/2009  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 9C_193/2009 vom 20.08.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_193/2009
 
Urteil vom 20. August 2009
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
 
Gerichtsschreiber Traub.
 
Parteien
 
H.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Freiburg,
 
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 16. Januar 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1953 geborene H.________ meldete sich im September 2002 unter Hinweis auf Rückenprobleme zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an; im Einzelnen beanspruchte sie Hilfsmittel sowie eine Invalidenrente. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg klärte die medizinische und erwerbliche Sachlage ab. Namentlich gestützt auf ein interdisziplinäres Gutachten des Spitals X.________ vom 18. März 2004 lehnte die Verwaltung das Leistungsgesuch mit Bezug auf eine Rente ab - der Invaliditätsgrad betrage 34 Prozent -, gewährte der Versicherten hingegen Arbeitsvermittlung (mit Einspracheentscheid vom 16. Oktober 2006 bestätigte Verfügung vom 29. Dezember 2005).
 
B.
 
Das Kantonsgericht des Kantons Freiburg wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 16. Januar 2009).
 
C.
 
H.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, es sei ihr, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids, mit Wirkung ab Oktober 1995 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Strittig ist, ob ein rentenbegründender Invaliditätsgrad besteht.
 
1.1 Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung des Leistungsanspruchs einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.
 
1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
1.3
 
1.3.1 Die Vorinstanz hat auf das interdisziplinäre Gutachten des Spitals X.________ vom 18. März 2004 abgestellt, wonach angepasste Tätigkeiten im Umfang von sechs bis sieben Stunden täglich bei einem Leistungsgrad von 80 bis 90 Prozent möglich sind. Auch angesichts des Umstandes, dass der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) der Invalidenversicherung im Rahmen einer abschliessenden Würdigung die Arbeitsunfähigkeit bezogen auf leichte Tätigkeiten seinerseits auf höchstens 20 Prozent veranschlagte (Bericht vom 17. Oktober 2005), ist die vorinstanzliche Feststellung nicht offensichtlich unrichtig (oben E. 1.2; BGE 132 V 393). Nicht zu beanstanden ist im Weiteren, dass die Vorinstanz zur Einschätzung der Arbeitsfähigkeit das arithmetische Mittel der gutachtlichen Eckdaten (zeitliches Pensum von sechs bis sieben Stunden täglich und Leistungsfähigkeit von 80 bis 90 Prozent) zugrunde legte: Gibt ein Arztbericht die Arbeitsunfähigkeit in Form einer Bandbreite an, ist nach der Rechtsprechung in der Regel auf den Mittelwert abzustellen. Dadurch werden Rechtsungleichheiten vermieden, welche aus der Art der Bezifferung resultieren (Urteil I 822/04 vom 21. April 2005 E. 4.4 mit Hinweisen).
 
1.3.2 Ebensowenig offensichtlich unrichtig ist die hypothetische Annahme, die Beschwerdeführerin würde im Gesundheitsfall eine einfache Tätigkeit ausüben. Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über eine abgeschlossene berufliche Ausbildung; die Lehre hat sie 1970 wegen einer Schwangerschaft abgebrochen. Vor dem Unfall im Jahr 1994, bei welchem sie ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule erlitt, trat sie eine Stelle im Telemarketing einer Firma an. Bei dieser Aktenlage hat das kantonale Gericht nicht gegen Bundesrecht verstossen, indem es das Valideneinkommen im Rahmen der statistischen Durchschnittswerte (Schweizerische Lohnstrukturerhebung [LSE] des Bundesamts für Statistik, Tabelle A1) auf der Grundlage von Arbeitsplatz-Anforderungsniveau 4 (einfache und repetitive Tätigkeiten) bemessen hat.
 
1.4 Anhaltspunkte für eine anderweitig rechtswidrige Bemessung des Invaliditätsgrades sind nicht ersichtlich. Es besteht somit kein Anlass für eine Weiterung des Prüfungsprogramms (vgl. BGE 110 V 48 E. 4a S. 53).
 
1.5 Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach bei einem Invaliditätsgrad von 34 Prozent kein Anspruch auf eine Invalidenrente bestehe, ist mithin bundesrechtskonform (vgl. Art. 28 Abs. 1 IVG [in der bis 2007 geltenden Fassung], nunmehr Art. 28 Abs. 2 IVG), soweit sie durch die im Streit liegenden Bemessungselemente bestimmt wird.
 
2.
 
Bei einem Invaliditätsgrad von 34 Prozent hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich Anspruch auf berufliche Massnahmen. Es bleibt ihr unbenommen, bei der IV-Stelle solche zu beantragen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und Verbeiständung; Art. 64 BGG) kann gewährt werden, da die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372). Die Beschwerde war insofern nicht aussichtslos, als nach vorinstanzlich nicht beanstandeter Auffassung der Verwaltung die Versicherte wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen im Hinblick auf berufliche Massnahmen objektiv nicht eingliederungsfähig sei (Einspracheentscheid vom 16. Oktober 2006 E. 3.2); angesichts dessen durfte die betroffene Partei aus ihrer Sicht den Standpunkt einnehmen, es ergebe sich daraus eine weitergehende Arbeitsunfähigkeit. Die begünstigte Partei wird der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
 
3.
 
Rechtsanwalt Patrik Gruber, Freiburg, wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- aus der Gerichtskasse entschädigt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 20. August 2009
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Meyer Traub
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).