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Informationen zum Dokument  BGer 5D_135/2009  Materielle Begründung
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BGer 5D_135/2009 vom 03.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5D_135/2009
 
Urteil vom 3. Dezember 2009
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter L. Meyer, Herrmann
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Z.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Joachim Breining,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Obergericht des Kantons Schaffhausen,
 
Frauengasse 17, Postfach 568, 8201 Schaffhausen.
 
Gegenstand
 
unentgeltliche Rechtspflege; Sicherheitsleistung (Rechtsöffnung),
 
Verfassungsbeschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 28. August 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
In der von X.________ angehobenen Betreibung Nr. ... des Betreibungsamts A.________ (Zahlungsbefehl vom 11. Februar 2009) erhob Z.________ Rechtsvorschlag.
 
B.
 
Am 2. März 2009 ersuchte X.________ beim Kantonsgericht Schaffhausen um Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung für den Forderungsbetrag von Fr. 17'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 7. Juni 1999. Das Kantonsgericht Schaffhausen wies das Rechtsöffnungsgesuch am 2. Juli 2009 ab.
 
Hiegegen rekurrierte X.________ mit Eingabe vom 16. Juli 2009 an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Z.________ verlangte daraufhin eine angemessene Prozesskostensicherheit. Nachdem das Obergericht für die in Aussicht stehende Staatsgebühr einen Kostenvorschuss von Fr. 750.-- gefordert hatte, beantragte X.________ die unentgeltliche Prozessführung. Mit Verfügung vom 28. August 2009 wies das Obergericht dieses Gesuch ab und verhielt sie zu einem Kostenvorschuss von Fr. 750.-- sowie einer Sicherstellung von Fr. 1'100.--.
 
C.
 
Mit Eingabe vom 17. September 2009 hat X.________ (fortan: Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen ergriffen. Sie beantragt, die Verfügung des Obergerichts vom 28. August 2009 aufzuheben. Für das Rekursverfahren vor Obergericht sei ihr die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und sie sei von der Leistung eines Gerichtskostenvorschusses und einer Prozesskostensicherheit zu entbinden. Zudem ersucht sie für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege.
 
D.
 
Die Präsidentin der II. zivilrechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit Verfügung vom 26. Oktober 2009 die aufschiebende Wirkung erteilt.
 
Vernehmlassungen in der Sache sind nicht eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit dem die unentgeltliche Prozessführung verweigert wurde, mithin ein Zwischenentscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131 mit Hinweis; Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007 E. 1.2). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). In der Hauptsache geht es um eine Rechtsöffnung (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG) und somit um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- ist offensichtlich nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) wird nicht behauptet (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit nicht zur Verfügung. Ungeachtet der falschen Bezeichnung des Rechtsmittels durch die Beschwerdeführerin und durch die Vorinstanz wird die Beschwerde praxisgemäss als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen (Art. 49 BGG).
 
Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur, wenn sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130 mit Hinweis). Es muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt werden, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397 mit Hinweis); auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist nicht einzutreten (BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399; 133 III 589 E. 2 S. 591 f.). Die erhobenen Rügen müssen zudem in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein. Der blosse Verweis auf andere Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 400 mit weiteren Hinweisen). Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre Rekursschrift an das Obergericht genügt nicht. Auf die dort erhobenen Vorbringen ist deshalb nicht einzutreten, soweit sie nicht rechtsgenüglich in der Beschwerdeschrift wieder aufgenommen worden sein sollten.
 
2.
 
Die Vorinstanz hat das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung abgewiesen, da dem Begehren der Beschwerdeführerin keine ernstzunehmenden Erfolgsaussichten zukämen. Umstritten sei, ob aufgrund eines von der Beschwerdegegnerin im Schuldenverzeichnis zur Steuererklärung 2002 ausgewiesenen Betrages von Fr. 17'000.-- von einer schriftlichen Schuldanerkennung ausgegangen werden könne. Nach Darstellung der Beschwerdeführerin handle es sich dabei um ihr zustehendes Kindesvermögen. Das Obergericht hat - wie bereits das Kantonsgericht - erwogen, einem Gläubiger könne die provisorische Rechtsöffnung grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn die Schuldanerkennung ihm gegenüber abgegeben worden sei (unter Hinweis auf DANIEL STAEHELIN, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG I, 1998, N. 70 f. zu Art. 82 SchKG). Zudem müsse aus der Schuldanerkennung der vorbehalts- und bedingungslose Wille hervorgehen, der betreibenden Person eine bestimmte oder leicht bestimmbare Summe zu bezahlen. Es erscheine somit zwar nicht als ausgeschlossen, aber doch kaum wahrscheinlich, dass das Schuldenverzeichnis als Rechtsöffnungstitel angesehen werden könne.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV. Die Steuererklärung sei als provisorischer Rechtsöffnungstitel zu qualifizieren, weil die Beschwerdegegnerin darin unterschriftlich bezeuge, der Beschwerdeführerin Fr. 17'000.-- inkl. Zinsen zu schulden. Hätte sie die Zahlungspflicht vorgetäuscht, hätte sie sich des Steuerbetrugs schuldig gemacht. Die Beschwerdeführerin habe ihren Verpflichtungswillen gegenüber der Beschwerdegegnerin dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie die entsprechende Position im Schuldenverzeichnis durch Organe der Kantonalbank habe unterzeichnen lassen. Die Vorinstanz sei zudem auf ihrer Erwägung zu behaften, dass die Tauglichkeit des Schuldenverzeichnisses als Rechtsöffnungstitel nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
 
4.
 
4.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht als aussichtslos erscheint. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich auf der Basis einer summarischen Prüfung (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen).
 
4.2 Die Beschwerdeführerin geht nicht in rechtsgenüglicher Weise darauf ein, weshalb die Ausführungen der Vorinstanz zur Aussichtslosigkeit ihres Begehrens verfassungswidrig sein sollten. Insbesondere setzt sie nicht mit der unter Hinweis auf einen namhaften Autor vertretenen Auffassung auseinander, dass eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 SchKG dem Gläubiger gegenüber abgegeben werden müsse. Ob sich die Beschwerdegegnerin bei einer Falschangabe im Schuldenverzeichnis allenfalls eines Steuerdelikts schuldig gemacht hat, hat mit dieser Beurteilung nichts zu tun. Ebensowenig legt die Beschwerdeführerin dar, wieso sich der Verpflichtungswille der Beschwerdegegnerin aus der Unterschrift von Bankorganen auf dem Schuldenverzeichnis ergeben soll. Sie erhebt damit rein appellatorische Kritik, indem sie sich darauf beschränkt, ihre Auffassung derjenigen der Vorinstanz gegenüberzusetzen, ohne im Einzelnen darzulegen, inwiefern Letztere verfassungswidrig sein soll. Des Weiteren geht die Beschwerdeführerin nicht auf die Zweifel der Vorinstanz hinsichtlich Vorbehalts- und Bedingungslosigkeit der umstrittenen Erklärung ein. Fehl geht schliesslich das Argument, die Vorinstanz sei auf ihrer Erwägung zu behaften, wonach nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass das Schuldenverzeichnis einen Rechtsöffnungstitel darstelle. Wie ausgeführt, bedeutet Aussichtslosigkeit nicht, dass das Anliegen des um unentgeltliche Prozessführung Ersuchenden jeder Erfolgschance entbehrt, sondern bloss, dass die Gewinnaussichten bei der gebotenen summarischen Prüfung der Prozessaussichten als beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren. Somit hat die Vorinstanz entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch den Rekursentscheid nicht bereits vorweggenommen.
 
5.
 
Folglich ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
6.
 
Die Beschwerdeführerin hat für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Da sich ihre Beschwerde als aussichtslos erwiesen hat, ist dieses Gesuch abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen.
 
2.
 
Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
4.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Dezember 2009
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
Escher Zingg
 
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