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Informationen zum Dokument  BGer 2C_407/2010  Materielle Begründung
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BGer 2C_407/2010 vom 16.11.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_407/2010
 
Urteil vom 16. November 2010
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Gerichtsschreiber Küng.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. Erbengemeinschaft X.________, bestehend aus:
 
1.1 AX.________,
 
1.2 BX.________,
 
1.3 CX.________,
 
1.4 DX.________,
 
1.5 EX.________,
 
2. Y.________ AG,
 
3. Z.________,
 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt
 
Dr. Peter Kleb,
 
gegen
 
Stadt Zürich, Beschwerdegegnerin,
 
vertreten durch den Stadtrat von Zürich, Stadthaus, Stadthausquai 17, Postfach, 8022 Zürich.
 
Gegenstand
 
Art. 127 Abs. 1 und Art. 164 Abs. 1 lit. d BV sowie Art. 38 Abs. 1 lit. d und Art. 126 Abs. 2 KV/ZH (Verfahrenskosten eines Quartierplans).
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Februar 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Grundstücke der Erben von X.________, der Y.________ AG und von Z.________ wurden in ein grösseres Quartierplanverfahren einbezogen. Am 6. Dezember 2006 setzte der Stadtrat von Zürich den Quartierplan fest; die Baudirektion genehmigte ihn am 9. Juli 2007. Nach dem grundbuchlichen Vollzug des Quartierplans sowie der Durchführung von Landabrechnung und Geldausgleich genehmigte der Stadtrat von Zürich am 29. März 2009 die Schlussabrechnung über die Verfahrens- und Vollzugskosten gemäss Aufstellung des beigezogenen Planungsbüros. Diese belaufen sich auf Fr. 467'949.45 (Quartierplan) und Fr. 64'049.75 (Gestaltungsplan) und sind von den Grundeigentümern anteilsmässig zu tragen. Die eingangs genannten Grundeigentümer fochten diesen Entscheid, soweit er die Kosten des Amts für Städtebau für den Quartierplan von Fr. 130'524.-- betrifft, bei der Baurekurskommission und beim Verwaltungsgericht des Kantons an. Ihre Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
 
B.
 
Die Erben von X.________, die Y.________ AG und Z.________ beantragen dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, den in dieser Sache zuletzt ergangenen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 11. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur Neufestsetzung und Neuverlegung der Verfahrenskosten an die Quartierplanbehörde zurückzuweisen.
 
Das Hochbaudepartement der Stadt Zürich ersucht im Namen des Stadtrats um Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht stellt Antrag auf Abweisung des Rechtsmittels, soweit darauf einzutreten sei.
 
C.
 
Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat am 17. Mai 2010 das Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Der gestützt auf das zürcherische Gesetz vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (Planungs- und Baugesetz, PBG/ZH) ergangene letztinstanzliche kantonale Entscheid der Vorinstanz kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. a BGG). Auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen sind offensichtlich erfüllt und bieten keinen Anlass zu weiteren Ausführungen.
 
2.
 
2.1 Streitgegenstand bildet die Verpflichtung der Beschwerdeführer, Fr. 130'524.-- für Aufwendungen des Amts für Städtebau bei der Erstellung des Quartierplans Nr. 470 (Seebacherstrasse) zu bezahlen. Die umstrittene Kostenauflage stützt sich auf § 177 Abs. 1 PBG/ZH. Nach dieser Bestimmung sind die Kosten für die Aufstellung und den Vollzug des Quartierplans von den beteiligten Grundeigentümern samt Zins und in der Regel im Verhältnis der Flächen ihrer neuen Grundstücke zu bezahlen. Dabei sind besondere Verhältnisse zu berücksichtigen.
 
2.2 Die Vorinstanz räumt ein, dass § 177 Abs. 1 PBG/ZH die Bemessung der Verfahrenskosten nicht näher regelt. Sie gelangt jedoch zum Schluss, dass das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip das Mass der Abgabe in genügender Weise begrenzten, so dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine nähere Regelung nicht erforderlich sei.
 
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen diese Auffassung. Sie machen geltend, die angefochtene Kostenauflage verletze das abgaberechtliche Legalitätsprinzip gemäss Art. 127 Abs. 1 und Art. 164 Abs. 1 lit. d BV sowie Art. 38 Abs. 1 lit. d und Art. 126 Abs. 2 KV/ZH. Die nähere Bestimmung der ihnen auferlegten Verfahrenskosten bedürfe einer Grundlage in einem formellen Gesetz.
 
2.3 Im zürcherischen Quartierplanverfahren werden die Kosten, die dem Gemeinwesen für die Aufstellung und den Vollzug des Plans anfallen (sog. Administrativkosten), am Schluss separat abgerechnet. § 177 Abs. 1 PBG/ZH verpflichtet die Grundeigentümer, diese Kosten vollumfänglich zu übernehmen. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, handelt es sich bei dieser Geldleistungspflicht der Quartierplangenossen um eine Verwaltungsgebühr (ebenso Peter Kleb, Kosten und Entschädigungen im zürcherischen Quartierplanverfahren, Diss. Zürich, 2004, S. 231). Die Abgabe dient der Überwälzung der tatsächlich entstandenen Kosten und untersteht daher aufgrund ihres Zwecks dem Kostendeckungsprinzip. Das Gemeinwesen darf keinen Gewinn erzielen. Ebenso ist anerkannt, dass bei der Bemessung der fraglichen Gebühr das Äquivalenzprinzip zu beachten ist (Peter Kleb, a.a.O., S. 231).
 
§ 177 Abs. 1 PBG/ZH ordnet lediglich die Verlegung der Verfahrenskosten auf die einzelnen Quartierplangenossen näher, indem er bestimmt, dass diese in der Regel von den Grundeigentümern im Verhältnis der Flächen ihrer neuen Grundstücke zu übernehmen sind. Die Norm äussert sich jedoch nicht dazu, wie die Verfahrenskosten zu bemessen sind. Sie genügt daher dem verfassungsrechtlichen Erfordernis, dass die Bemessung von Abgaben in einem formellen Gesetz geregelt sein muss (Art. 164 Abs. 1 lit. d BV; Art. 38 Abs. 1 lit. d und Art. 126 Abs. 2 KV/ZH), nicht. Allerdings lockert die Rechtsprechung bei Abgaben, die dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip unterstehen, die Anforderungen des Legalitätsprinzips, wenn der Bürger das Mass der Abgabe anhand dieser Prinzipien in hinreichender Weise überprüfen kann. Das Legalitätsprinzip darf dabei jedoch nicht seines Gehalts entleert werden (BGE 135 I 130 E. 7.2 S. 140). Es ist deshalb darauf zu achten, dass der rechtsanwendenden Behörde bei der Festsetzung der Abgabe kein übermässiger Spielraum verbleibt und die Abgabepflichten in hinreichendem Mass voraussehbar sind (BGE 123 I 248 E. 2 S. 250).
 
Es fragt sich somit, ob unter den gegebenen Umständen das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip eine hinreichende Begrenzung des Masses der fraglichen Gebühr erlauben.
 
2.4 Der Quartierplan dient der Herstellung der Baureife und insbesondere der Erschliessung der von ihm erfassten Grundstücke (§ 123 Abs. 1 PBG/ZH). Die Kosten sind grundsätzlich vollumfänglich von den Grundeigentümern zu tragen (vgl. §§ 166, 167 Abs. 2 und 177 Abs. 1 PBG/ZH). Dabei gelten als Baukosten alle mit dem Bau der quartierüblichen Anlagen anfallenden Aufwendungen wie diejenigen für die Projektierung, Submission, Bauaufsicht und das Abrechnungswesen (§ 14 der Zürcher Verordnung vom 18. Januar 1978 über den Quartierplan [Quartierplanverordnung, QPV/ZH]). Verfahrenskosten stellen demgegenüber alle mit der Aufstellung und dem Vollzug des Quartierplans anfallenden Kosten dar wie diejenigen für die administrative Begleitung, die Bearbeitung der Pläne mit Einschluss von Architektur- und Ingenieurarbeiten, die Festlegung des Geldausgleichs und des Verlegers der Erstellungskosten, die Vermessung und Vermarkung und den grundbuchlichen Vollzug (§ 15 QPV/ZH). Die anfallenden Kosten beider Kategorien sind näher auszuweisen, und es ist je eine Schlussabrechnung zu erstellen (§§ 175 Abs. 3 und 177 Abs. 3 PBG/ZH).
 
2.5 Der umstrittene Teil der Verfahrenskosten setzt sich aus einer Vielzahl von Einzelarbeiten zusammen, für die das Amt für Städtebau die Kosten nach festen behördenintern üblichen Stundensätzen der beigezogenen Mitarbeiter bestimmte (Juristin Fr. 145.-- bis Fr. 149.--; Leiter Liegenschaftenabteilung Fr. 140.-- bis Fr. 143.-- usw.). Die den Beschwerdeführern mit der Schlussabrechnung auferlegten Kosten von Fr. 130'524.-- bilden somit nicht eine pauschal festgesetzte Gesamtgebühr, sondern den Zusammenzug von vielen Einzelaufwendungen. Die Nachprüfung dieser Einzelpositionen mag zwar aufwendig sein; sie ist aber durchaus möglich und unterscheidet sich nicht wesentlich von jener anderer Kostenpositionen wie etwa jener des beigezogenen Planungsbüros. Der Vorwurf der Beschwerdeführer, die Bemessung der ihnen auferlegten Gebühr sei völlig intransparent, ist deshalb unbegründet.
 
2.6 Das Gleiche gilt für die Rüge, es seien die vom Amt für Städtebau in Rechnung gestellten Kosten nicht genügend ausgewiesen worden. In der Schlussabrechnung waren dessen Aufwendungen zwar nicht wie jene des beigezogenen Planungsbüros näher aufgeschlüsselt. Die Beschwerdeführer hatten jedoch vor der Verabschiedung der Schlussrechnung die Gelegenheit, in die Zusammenstellungen der Aufwendungen und in die Belege Einsicht zu nehmen. Nach den Ausführungen des Hochbauamts in der Vernehmlassung sollen sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht und keine Einwendungen vorgebracht haben.
 
2.7 Das Äquivalenzprinzip verlangt, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der bezogenen Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen bewegen muss (BGE 132 II 371 E. 2.1 S. 375). Die Vorinstanz geht zu Recht davon aus, dass sich der objektive Wert der Einzelleistungen des Amts für Städtebau, aus denen sich die Gesamtgebühr von Fr. 130'524.-- zusammensetzt, ohne weiteres beurteilen lässt. Sowohl mit Blick auf die verrechnete Stundenzahl als auch auf den Stundenansatz sind Vergleiche mit ähnlichen Arbeiten in der Privatwirtschaft möglich. Dabei spielt keine Rolle, dass einzelne Aufgaben gar nicht in privatwirtschaftlicher Weise erbracht werden können. Wenn sich die Einzelleistungen auf ihre Äquivalenz überprüfen lassen, gilt das auch für den Gesamtbetrag. Die Auffassung der Beschwerdeführer, es sei die gesamte Gebühr in einheitlicher Weise zu bemessen, würde eine starke Schematisierung bedingen, die dem Äquivalenzprinzip wesentlich weniger gut entspräche als die von der Stadt Zürich verwendete differenzierte Ermittlung und Bemessung der Einzelleistungen.
 
2.8 Das Äquivalenzprinzip gewährleistet demnach in genügender Weise eine Überprüfung der Kosten für die Einzelleistungen und damit auch des Gesamtbetrags der Gebühr.
 
2.9 Die Beschwerdeführer betonen zwar zu Recht, dass ein Verzicht auf eine nähere rechtsatzmässige Festlegung von Gebühren nur in Betracht komme, wenn für den Bürger seine Zahlungspflichten hinreichend voraussehbar sind. Entgegen ihren Behauptungen traf sie jedoch die Kostenauflage im sechsstelligen Frankenbereich keineswegs unvorbereitet. Vielmehr mussten sie ja den grössten Teil der Kosten bereits Jahre vor der Schlussabrechnung bevorschussen. Im Übrigen wurden die Beschwerdeführer bereits an den beiden Quartierplanversammlungen darüber orientiert, dass sich die Verfahrenskosten schätzungsweise auf Fr. 110'000.-- belaufen würden.
 
3.
 
Die Vorinstanz verneint demnach zu Recht eine Verletzung des Legalitätsprinzips. Die Beschwerde ist unbegründet und daher abzuweisen.
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden den Erben von X.________ zu je 1/15 und der Y.________ AG sowie Z.________ zu je 1/3 unter solidarischer Haftung auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 16. November 2010
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Zünd Küng
 
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