VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 8C_707/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 8C_707/2012 vom 14.01.2013
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_707/2012
 
Urteil vom 14. Januar 2013
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
H.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Freiburg, route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Massnahmen beruflicher Art),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, vom 26. Juli 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1961 geborene H.________ war seit 1995 als Kindergärtnerin in der Stadt Freiburg tätig, teilweise in reduziertem Pensum. 2005 begann sie neben ihrer teilzeitlichen Tätigkeit als Kindergärtnerin ein Studium in Sozialanthropologie und Religionswissenschaften, in welchem sie im Sommer 2010 den Bachelor erlangte. Ab 11. August bis 20. Oktober 2009 wurde H.________ in der Privatklinik X.________ stationär behandelt, wo eine mittelschwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung, ein Burnout-Syndrom (Doppelbelastung Studium/Arbeit) sowie akzentuierte Persönlichkeitszüge (Selbstunsicherheit, mangelndes Selbstwertgefühl, soziale Sensitivität) diagnostiziert wurden. Am 1. Dezember 2009 meldete sich H.________ bei der IV-Stelle des Kantons Freiburg zur beruflichen Integration an. Die IV-Stelle gewährte ihr Frühinterventionsmassnahmen in Form eines Ressourcenorientierten Arbeitsmarkt-Coachings und liess sie durch Dr. med. S.________, Spezialarzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, psychiatrisch begutachten. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 16. Dezember 2010 ab.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher H.________ die Gutheissung des Anspruchs auf berufliche Eingliederungsmassnahmen im Sinne einer Umschulung sowie die rückwirkende Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen ab 1. Dezember 2009, eventualiter die Rückweisung der Angelegenheit zur Einholung eines Obergutachtens über die gesundheitsbedingten Einschränkungen im Aufgabenbereich als Kindergärtnerin, beantragen liess, wies das Kantonsgericht Freiburg mit Entscheid vom 26. Juli 2012 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erneuert H.________ die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren.
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
1.2 Im Rahmen der Invaliditätsbemessung betreffen die Feststellung des Gesundheitsschadens, d.h. die Befunderhebung, die gestützt darauf gestellte Diagnose und die ärztliche Stellungnahme zum noch vorhandenen Leistungsvermögen oder (bei psychischen Gesundheitsschäden) zur Verfügbarkeit von Ressourcen der versicherten Person sowie die auf Grund der medizinischen Untersuchungen gerichtlich konstatierte Arbeits(un)fähigkeit Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398), welche sich nach der dargelegten Regelung der Kognition einer Überprüfung durch das Bundesgericht weitgehend entziehen.
 
2.
 
2.1 Streitig und - im Rahmen der dargelegten Kognition - zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht mit der Verneinung eines Anspruchs auf berufliche Eingliederungsmassnahmen Bundesrecht verletzt hat.
 
2.2 Die hiefür massgebenden Rechtsgrundlagen, namentlich die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie zum Anspruch auf Umschulung (Art. 17 IVG, Art. 6 IVV) sind im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt worden. Richtig sind auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
3.1 Die Vorinstanz hat nach einlässlicher und umfassender Würdigung der medizinischen Aktenlage, insbesondere gestützt auf das psychiatrische Gutachten des Dr. med. S.________ vom 7. September 2010, erkannt, dass nach Juni 2010 in der bisherigen Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Kindergärtnerin einzig eine Leistungsminderung von 10% bestehe und somit nicht von einer für die Annahme der Invalidität als Voraussetzung für die Umschulung notwendigen Erwerbseinbusse von 20% ausgegangen werden könne, weshalb der Anspruch auf Umschulung zu Recht verneint worden sei.
 
3.2 Die Tatsachenfeststellungen des kantonalen Gerichts, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich. Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangegangenen Verfahren im Recht gelegenen ärztlichen Berichte neu zu würdigen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren (E. 1 hiervor).
 
3.3 Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, eine offensichtliche Unrichtigkeit der betreffenden Schlussfolgerungen des kantonalen Gerichts aufzuzeigen, zumal sie sich weitgehend in einer wörtlichen Wiederholung der schon im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren erhobenen und entkräfteten Rügen erschöpfen. So hat sich die Vorinstanz bereits einlässlich mit den Ausführungen des Dr. med. S.________ im Gutachten vom 7. September 2010 und in der Stellungnahme vom 7. Dezember 2010 auseinandergesetzt sowie schlüssig dargelegt, dass dem Gutachten voller Beweiswert zuzuerkennen ist und es bezüglich Diagnose und Arbeitsfähigkeit mit den übrigen Arztberichten vereinbar ist. Auch Dr. med. O.________ ging im Austrittsbericht der Privatklinik X.________ vom 22. Oktober 2009 von einem wesentlich gebesserten Zustand der Beschwerdeführerin aus und attestierte ihr eine Arbeitsunfähigkeit von 100% ab 11. August 2009 bis voraussichtlich 12. April 2010, wobei sie im Bericht festhielt, die Beschwerdeführerin könnte ihre Tätigkeit als Kindergärtnerin ab Januar 2010 wieder zu 30% aufnehmen und sich langsam beruflich reintegrieren, was jedoch von der Arbeitgeberin nicht gewünscht werde. Soweit die behandelnden Ärzte Dr. med. M.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, sowie Dr. med. K.________, Facharzt FMH für Allgemeinmedizin & Psychosomatische Medizin SAPPM, der Beschwerdeführerin auch nach Juni 2010 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit als Kindergärtnerin attestieren, ist mit der Vorinstanz darauf hinzuweisen, dass sich in deren Berichten keine plausible Begründung dafür findet, weshalb für die bisherige Tätigkeit eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorliege, für sonstige Tätigkeiten jedoch keine Leistungsminderung bestehe. Die vorinstanzliche Feststellung widerspricht nicht einer objektiven Beweiswürdigung. Das kantonale Gericht durfte denn auch die Erfahrungstatsache berücksichtigen, dass behandelnde Ärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung im Zweifelsfall eher zu Gunsten ihrer Patientinnen und Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3a/cc S. 353 mit weiteren Hinweisen). Entgegen der Darstellung in der Beschwerde ist in der Tat nicht erkennbar, welche in der psychischen Konstitution der Versicherten gründenden Faktoren einer Verwertung der ihr bescheinigten Leistungsfähigkeit entgegenstehen sollten. Dass die Aufnahme eines Studiums neben der Tätigkeit als Kindergärtnerin eine deutliche Mehrbelastung darstellte, ist unbestritten. Wie die Vorinstanz dargelegt hat, erscheint es denn auch schlüssig, dass diese Doppelbelastung zu psychischen Problemen geführt hat, zumal entgegen den Ausführungen der Versicherten zur Begründung der Pensenreduktion widersprüchliche Gründe angeführt wurden und nicht erstellt ist, dass sie aus gesundheitlichen Gründen erfolgte. Soweit die Beschwerdeführerin erneut geltend macht, die Bemerkungen des Dr. med. S.________ in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2010 zeigten dessen Voreingenommenheit, ist mit dem kantonalen Gericht darauf hinzuweisen, dass der Psychiater mit dieser Stellungnahme auf die Argumentation in der Beschwerde einging und diese zu entkräften versuchte. Daraus kann keine Voreingenommenheit abgeleitet werden.
 
3.4 Zusammenfassend wird in der Beschwerde nichts vorgebracht, was den vorinstanzlichen Entscheid als offensichtlich unrichtig oder rechtsverletzend im Sinne von Art. 95 BGG erscheinen liesse. Soweit das kantonale Gericht in antizipierter Beweiswürdigung von einer Rückweisung zu ergänzenden medizinischen Abklärungen absah, ist dies im Rahmen der bundesgerichtlichen Überprüfungsbefugnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
 
4.
 
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 14. Januar 2013
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).