VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 8C_620/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 8C_620/2012 vom 05.03.2013
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_620/2012
 
Urteil vom 5. März 2013
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
 
Gerichtsschreiber Nabold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
L.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Eugster,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1969 geborene L.________ war zuletzt als Mitarbeiter der Firma B.________ AG erwerbstätig gewesen, als er sich am 4. Februar 2008 bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum Leistungsbezug anmeldete. Mit Verfügung vom 23. Oktober 2009 sprach diese dem Versicherten eine Entschädigung wegen Hilflosigkeit leichten Grades zu. Demgegenüber verneinte die IV-Stelle nach Vorliegen des Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 31. Oktober 2009 und nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 27. Januar 2011 einen Rentenanspruch.
 
B.
 
Die von L.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. Mai 2012 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde beantragt L.________, ihm sei unter Aufhebung der Verfügung vom 27. Januar 2011 und des kantonalen Gerichtsentscheides eine ganze Rente der Invalidenversicherung auszurichten. Gleichzeitig stellt der Versicherte ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
 
D.
 
Im Rahmen des vom Bundesgericht zu dem von ihm beigezogenen Bericht der Dr. med. M.________, Augenklinik des Universitätsspitals Z.________, vom 15. Juni 2009 gewährten rechtlichen Gehörs hält L.________ an seinen Anträgen fest.
 
E.
 
Das Bundesgericht hat am 5. März 2013 eine öffentliche Beratung durchgeführt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht verletzt namentlich dann Bundesrecht, wenn es den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 8C_727/2009 vom 19. November 2009 E. 1.2).
 
2.
 
2.1 Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.
 
2.2 Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 3.2).
 
2.3 Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es einen Rentenanspruch des Versicherten verneinte.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer rügt im Rahmen des ihm gewährten rechtlichen Gehörs, von dem durch das Bundesgericht zugezogenen Berichts der Dr. med. M.________ erst durch die bundesgerichtliche Intervention Kenntnis erhalten zu haben. Aus dem auch dem Versicherten bekannten Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 31. Oktober 2009 ergibt sich indessen, dass ein entsprechender Bericht existiert. Somit hätte der Beschwerdeführer bei gebotener Aufmerksamkeit bereits vor der bundesgerichtlichen Intervention Kenntnis von diesem Bericht haben können.
 
4.
 
4.1 Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten, insbesondere aber gestützt auf das Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 31. Oktober 2009, für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass der Versicherte in der Lage wäre, seine bisherige oder jede andere Tätigkeit mit einem Pensum von 100 % auszuüben. Was der Beschwerdeführer gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Umstand, dass die den Versicherten damals begutachtenden Ärzte nach Angabe des Beschwerdeführers nicht mehr für das Begutachtungsinstitut arbeiten, gegen die Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit ihrer Expertise sprechen sollte. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb häufige Wechsel im Begutachtungsstab der Medizinischen Abklärungsstellen Y.________ Zweifel an deren Unabhängigkeit begründen sollten. Nicht offensichtlich unrichtig ist im Weiteren die vorinstanzliche Feststellung, die Doppelbildproblematik vermöge keine Arbeitsunfähigkeit zu begründen, zumal der Versicherte sowohl lesen als auch fernsehen könne und sich allfällige Doppelbilder mit dem Tragen einer Prismenbrille korrigieren liessen. Auch aus dem durch das Bundesgericht zugezogenen Bericht der Dr. med. M.________ ergibt sich keine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Feststellungen. Dasselbe gilt für den neu aufgelegten Operationsbericht Ophthalmologie vom 20. September 2012. Sollte sich nach der Operation die Situation gegenüber dem Zustand vor der Operation wider Erwarten verschlechtert haben, so wäre dieser Umstand allenfalls im Rahmen einer Neuanmeldung zu berücksichtigen. Somit hat das kantonale Gericht entgegen den Vorbringen des Versicherten auch nicht gegen Bundesrecht verstossen, als es dem Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ hohen Beweiswert zumass, obwohl kein Ophthalmologe bei der Begutachtung mitgewirkt hat, ist es doch grundsätzlich der Gutachtensstelle überlassen, über Art und Umfang der aufgrund der konkreten Fragestellung erforderlichen Untersuchungen zu befinden (vgl. etwa Urteile 8C_639/2011 vom 5. Januar 2012 E. 4.3.4 und 8C_594/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 4.3.1).
 
4.2 Durfte die Vorinstanz, ohne gegen Bundesrecht zu verstossen, von einer ganztägigen Arbeitsfähigkeit in der bisherigen und in jeder anderen Tätigkeit ausgehen, so ist die Verneinung eines Rentenanspruches nicht zu beanstanden. Die Beschwerde des Versicherten ist demnach abzuweisen.
 
5.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist stattzugeben, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Claudia Eugster wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
 
4.
 
Der Anwältin des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3500.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 5. März 2013
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).