VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_70/2013  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_70/2013 vom 11.06.2013
 
{T 0/2}
 
5A_70/2013
 
 
Urteil vom 11. Juni 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichter Schöbi,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Geiser,
 
Gerichtsschreiber V. Monn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Sascha Schürch,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Theo Studer,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Ehescheidung,
 
Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg (I. Zivilappellationshof) vom 16. Oktober 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
Am 27. April 2010 reichte A.X.________ beim Zivilgericht des Seebezirks eine Scheidungsklage ein. Mit Urteil vom 4. Juli 2011 schied das Gericht des Seebezirks die Ehe, übertrug die elterliche Sorge B.X.________, regelte das Besuchsrecht und verpflichtete A.X.________, für jedes Kind monatlich Fr. 1'100.-- (Dispositivziffer 4) und für B.X.________ bis zum 30. Juni 2014 monatlich Fr. 750.-- (Dispositivziffer 8) zu bezahlen. Zudem ordnete es die Teilung der Vorsorgeguthaben an, sprach A.X.________ eine Forderung aus Güterrecht im Betrag von Fr. 3'591.-- zu (Dispositivziffer 7) und regelte die Kosten- und Entschädigungsfolgen des Verfahrens (Dispositivziffern 9 und 10).
1
 
C.
 
A.X.________ gelangt mit Beschwerde gegen dieses Urteil an das Bundesgericht. Er verlangt im Wesentlichen eine Erhöhung seiner güterrechtlichen Forderung auf Fr. 149'691.-- und eine Herabsetzung des Kindesunterhalts auf Fr. 800.-- pro Kind und Monat sowie der Scheidungsrente an B.X.________ auf Fr. 250.-- monatlich.
2
 
D.
 
Mit Verfügung vom 25. Januar 2013 hat der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde abgewiesen.
3
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Angefochten ist der Endentscheid eines oberen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich über Nebenfolgen der Scheidung und damit in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 72 Abs. 1, 75 und 90 BGG). Strittig sind ausschliesslich vermögensrechtliche Fra-gen. Da schon durch das Kantonsgericht keine nicht vermögensrechtlichen Fragen mehr zu beurteilen waren, ist die Beschwerde nur mit Streitwerterfordernis gegeben (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. für den umgekehrten Fall: Urteil 5A_311/2010 vom 3. Februar 2011 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 137 III 118). Mit Blick auf den bezüglich des Güterrechts im Streit liegenden Betrag ist der für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderliche Streitwert offensichtlich gegeben. Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich zulässig.
4
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Vorbringen (BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen nicht (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584). Das Bundesgericht legt zudem seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der Beschwerdeschrift dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung offensichtlich unrichtig und damit willkürlich (BGE 136 III 636 E. 2.2 S. 638) oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG zustande gekommen ist und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung beziehungsweise Beweiswürdigung erweist sich dabei nur dann als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Auf appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
5
1.3. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, von einem falschen Sachverhalt ausgegangen zu sein. Die Folgerungen der Vorinstanz würden auf willkürlichen Feststellungen beruhen. Überdies habe sie den Untersuchungsgrundsatz verletzt. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die für den nachehelichen Unterhalt geltenden Rechtsgrundsätze seien verletzt.
6
 
Erwägung 2
 
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet der Kindesunterhalt, der nacheheliche Unterhalt an die Ehefrau und das Güterrecht. Weil das Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Parteien haben kann, ist zuerst dieser Problemkreis zu behandeln (E. 3). Bezüglich der Unterhaltsfragen ist davon auszugehen, dass in der Regel der Kindesunterhalt dem Scheidungsunterhalt vorgeht, auch wenn es erhebliche Ausnahmen geben kann. Hier ist der Kindesunterhalt (E.4) schon deshalb vor dem Ehegattenunterhalt (E. 5) zu behandeln, weil er für eine längere Dauer geschuldet ist. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass es im Wesentlichen um die Feststellung des Sachverhaltes geht und dieser für den Kindesunterhalt von Amtes wegen abzuklären ist, während für das Güterrecht und den nachehelichen Unterhalt der Verhandlungsgrundsatz gilt.
7
 
Erwägung 3
 
Güterrechtlich ist nur noch streitig, wie der unbestrittenermassen erzielte Lottogewinn zu behandeln ist. Die Vorinstanz hat als erstellt angenommen, nicht die Beschwerdegegnerin, sondern deren Mutter habe den Lottogewinn erzielt, und das Los sei von der Beschwerdegegnerin zwar im eigenen Namen, aber auf Rechnung ihrer Mutter eingelöst worden. Den Gewinn habe die Beschwerdegegnerin dann auf ihr eigenes Konto und nicht auf jenes ihrer Mutter auszahlen lassen, um deren Gläubiger zu täuschen. Das vom Lottogewinn verbliebene Kapital stehe deshalb aber nicht der Beschwerdegegnerin, sondern ihrer Mutter zu. Der Betrag sei folglich güterrechtlich irrelevant, weil dem Guthaben eine Schuld gegenüber der Mutter in gleicher Höhe zustehe, bzw. weil die Darlehensforderung gegenüber der Mutter nur simuliert sei.
8
 
Erwägung 4
 
4.1. Der Kindesunterhalt bemisst sich nach den Bedürfnissen des Kindes, nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und danach, was das Kind selber zu seinem Unterhalt beitragen kann. Letzteres Kriterium ist vorliegend ohne jede Bedeutung, weil beide Kinder noch minderjährig und in Ausbildung sind und weder über eigenes Vermögen noch über Einkünfte verfügen. Die Vorinstanz ist zur Berechnung des Unterhalts von den Zürcher Tabellen und damit vom Bedarf der Kinder ausgegangen. Sie hat diese den Gegebenheiten im Kanton angepasst und daraus den Unterhaltsanspruch errechnet. Anschliessend hat sie geprüft, ob der Beschwerdeführer auf Grund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in der Lage ist, die entsprechenden Beträge zu bezahlen, und dies bejaht. Der Beschwerdeführer wendet sich in diesem Zusammenhang ausschliesslich gegen die Berechnung seiner Leistungsfähigkeit. Er wirft dem Kantonsgericht vor, seine wirtschaftliche Leistungskraft teilweise ungenügend abgeklärt zu haben und damit in Willkür verfallen zu sein. Auch habe es den Untersuchungsgrundsatz gemäss Art. 296 Abs. 1 ZPO verletzt. Dem Grundsatz nach bestreitet der Beschwerdeführer seine Unterhaltspflicht demgegenüber nicht, noch stellt er die Berechnung der Bedürfnisse seiner Kinder in Frage.
9
Das Kantonsgericht hat den Beschwerdeführer verpflichtet, der Beschwerdegegnerin an den Unterhalt jedes Kindes einen monatlichen Betrag von Fr. 1'030.-- zuzüglich allfälliger Kinderzulagen zu bezahlen und sich hälftig an ausserordentlichen Kosten der Kinder zu beteiligen. Der Beschwerdeführer verlangt eine Reduktion dieser Beträge auf Fr. 800.-- pro Kind.
10
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, dass ihm ein hypothetisches Einkommen von Fr. 6'300.-- im Monat angerechnet worden sei. Die Vorinstanz begründete diesen Betrag damit, dass er bei seiner letzten Arbeitsstelle als Diätkoch am Schluss Fr. 6'361.70 monatlich verdient habe, diese Stelle aus wirtschaftlichen Gründen verloren habe und es ihm ohne weiteres möglich sei, eine neue Stelle mit in etwa der gleichen Entlöhnung zu finden.
11
4.3. Die kantonalen Gerichte haben dem Beschwerdeführer einen Mietertrag aus seiner Ferienwohnung in Y.________ (Deutschland) angerechnet. Einen solchen Ertrag hatte er auch in der Vergangenheit erzielt. Die Vorinstanz ging deshalb zu Recht davon aus, dass ihm auch unabhängig vom Wechsel der Hausverwaltung zuzumuten sei, die Wohnung weiterhin zu vermieten.
12
4.4. Im Weiteren wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, sein Existenzminimum und damit seine Leistungskraft ausgabenseitig willkürlich festgestellt bzw. in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 296 Abs. 1 ZPO) nicht genügend abgeklärt zu haben.
13
4.5. Zutreffend ist indessen, dass die erste Instanz beim Einkommen des Beschwerdeführers die Kinderzulagen von je Fr. 150.--, das heisst Fr. 300.-- monatlich, mitgerechnet hat. Zu beachten ist aber, dass es dabei um das Einkommen ging, welches der Beschwerdeführer tatsächlich an seiner Stelle im Spital verdient hat. Weil er diese Stelle verloren hatte, ging das Kantonsgericht demgegenüber von einem hypothetischen Einkommen und damit auch von einem leicht niedrigeren Betrag aus. Das Kantonsgericht konnte ohne weiteres annehmen, dass dieses hypothetische Einkommen unabhängig von den Kinderzulagen erzielt werden kann, so dass auch nicht zu beanstanden ist, wenn diese gemäss Art. 285 Abs. 2 ZGB noch zum festgesetzten Unterhaltsbeitrag hinzukommen. Auch insofern ist der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung unbegründet.
14
 
Erwägung 5
 
Auch was den Ehegattenunterhalt betrifft, wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz in verschiedenen Punkten eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vor. Zu beachten ist, dass beim nachehelichen Unterhalt nicht der Untersuchungsgrundsatz, sondern der Verhandlungsgrundsatz gilt (Art. 277 Abs. 1 ZPO). Das Gericht hat damit grundsätzlich nur jene Beweismittel zu berücksichtigen, welche die Parteien anrufen. Allerdings kann es fehlende Urkunden von Amtes wegen einfordern (Art. 277 Abs. 2 ZPO). Zudem wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz auch vor, die sich aus Art. 125 ZGB ergebenden Rechtsgrundsätze verletzt zu haben, indem sie der Beschwerdegegnerin zu wenig eigene Erwerbstätigkeit zugemutet habe.
15
5.1. Das Kantonsgericht ging mit Blick auf das Alter der Kinder (Jahrgänge 1996 und 1998) von einer Erwerbsfähigkeit der Beschwerdegegnerin von 50 bis 60 % aus. Daraus ergab sich ein hypothetisches Einkommen von Fr. 2'500.--. Der Beschwerdeführer erachtet demgegenüber eine Erwerbstätigkeit von 75 % und damit ein Einkommen von 3'500.-- als zumutbar.
16
5.2. Soweit der Beschwerdeführer die Berechnung der Existenzminima beider Parteien im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt kritisiert, verkennt er, dass hier nicht der Untersuchungsgrundsatz gilt. Er müsste folglich darlegen, warum die entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz aufgrund der vorhandenen und rechtsgenüglich im Verfahren vor den Sachgerichten eingebrachten Beweismittel willkürlich sind, oder dass die Beweislast falsch verteilt worden sei. Diesen Anforderungen kommt er aber nicht nach. Stattdessen beruft er sich auch hier auf den Untersuchungsgrundsatz, indem er auf seine Ausführungen im Zusammenhang mit dem Kindesunterhalt verweist. Ungenügend ist es auch, wenn er sich auf die bisherigen Steuerbeträge beruft, denn aufgrund der Unterhaltsregelung ergibt sich eine vollständig andere Steuersituation. Will er die vorinstanzlichen Berechnungen im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt kritisieren, so wäre es an ihm gewesen, nachzuweisen, welche Steuerbelastung sich für ihn ergibt. Insofern kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten werden.
17
 
Erwägung 6
 
Der Beschwerdeführer wendet sich schliesslich gegen die vom Kantonsgericht vorgenommene Kostenregelung. Das Kantonsgericht sei zwar damit im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens geblieben, es habe sich aber von sachfremden Gesichtspunkten leiten lassen, so dass ein Ermessensmissbrauch vorliege.
18
 
Erwägung 7
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und muss abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
19
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Zivilappellationshof, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Juni 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: V. Monn
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).