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Informationen zum Dokument  BGer 5A_837/2012  Materielle Begründung
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BGer 5A_837/2012 vom 25.06.2013
 
{T 0/2}
 
5A_837/2012
 
 
Urteil vom 25. Juni 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Tamara Frehner,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Krause,
 
2.  Z.________,
 
3.  W.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Klose,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Zustellung von Rechtsschriften (Erbteilung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des
 
Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 12. September 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Z.________ senior verstarb am 30. August 2007. Er hinterliess seine Ehefrau Y.________, die Tochter W.________ sowie die beiden Söhne X.________ und Z.________. Letzterer wohnt in den USA.
1
 
B.
 
Am 19. Mai 2008 erhob W.________ beim Bezirksgericht Winterthur eine Erbteilungsklage, in welcher sie die Mutter Y.________ als Zustellungsempfängerin für Z.________ bezeichnete. Indes lehnte diese am 11. Juli 2008 gegenüber dem Gericht ab, als solche zu fungieren.
2
 
C.
 
Gegen den Beschluss vom 14. Februar 2011 erhob X.________ am 7. März 2011 beim Obergericht des Kantons Zürich eine 73-seitige Beschwerde, im Wesentlichen mit den Begehren um Verfahrenssistierung und rechtshilfeweise Zustellung der verfahrenseinleitenden Schriftstücke (insb. Weisung, Klage mit Beilagen und Verfügung vom 1. Juli 2008) sowie des Beschlusses vom 16. Juli 2008, alles inkl. Übersetzungen.
3
 
D.
 
Gegen dieses Urteil hat X.________ am 18. Oktober 2012 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, im Wesentlichen mit den Begehren um dessen Aufhebung und Rückweisung der Sache an das Obergericht, eventualiter um rechtshilfeweise Zustellung der vorerwähnten Dokumente inkl. Übersetzungen. Mit Präsidialverfügung vom 16. Januar 2013 wurde die aufschiebende Wirkung gewährt. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
4
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Zwischenentscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG) mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), gegen den die Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist, soweit ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Der geltend gemachte Mangel der nicht ordnungsgemässen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an Z.________ könnte, soweit er zu bejahen wäre, im Endentscheid nicht mehr behoben werden und er wäre allenfalls geeignet, die behaupteten vollstreckungsrechtlichen Probleme in den USA zu bewirken. Der drohende Nachteil ist mithin zu bejahen.
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Erwägung 2
 
In der Sache hat das Obergericht erwogen, dass X.________ - sowie Y.________, die sich seinem Standpunkt angeschlossen hatte - die behauptete mangelhafte Zustellung seit Mitte des Jahres 2008 bekannt gewesen sei. Es verstosse gegen Treu und Glauben, mehr als zwei Jahre zuzuwarten und erst im November 2010 die angeblich mangelhafte Zustellung zu rügen und die Sistierung des Verfahrens zu beantragen. Soweit überhaupt eine mangelhafte Zustellung vorläge, so wäre die diesbezügliche Rüge jedenfalls gestützt auf Art. 2 ZGB verwirkt.
6
 
Erwägung 3
 
Wegen der formellen Natur des rechtlichen Gehörs führt dessen Verletzung ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (BGE 135 I 187 E. 2.2 S. 190; 137 I 195 E. 2.2 S. 197). Die entsprechenden Verfassungsrügen sind deshalb vorweg zu prüfen.
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3.1. X.________ rügt eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs (BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677) und macht geltend, das Obergericht sei auf all seine materiellen Vorbringen im Zusammenhang mit der Zustellung und Vollstreckbarkeit des noch zu fällenden Erbteilungsurteils nicht eingegangen, sondern habe sich auf die Aussage beschränkt, die Rüge der mangelhaften Zustellung sei infolge treuwidrigen Zuwartens verwirkt.
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3.2. Gestützt auf den in Lit. C erwähnten Bundesgerichtsentscheid vom 13. Juli 2011 macht X.________ im Sinn einer Gehörsrüge eine Verletzung von Art. 132 ZPO/CH - während sich das bezirksgerichtliche Verfahren noch nach der ZPO/ZH richtete, war für das obergerichtliche Verfahren bereits die ZPO/CH anwendbar - geltend, indem das Obergericht ihn zur Kürzung der Berufungsschrift wegen Weitläufigkeit anhielt.
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Erwägung 4
 
X.________ macht geltend, es sei ihm die Kenntnis diverser Tatsachen unterstellt worden. Die Beweiswürdigung sei insofern willkürlich, als diese Unterstellungen in Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren im Sinn von Art. 6 EMRK und in Verletzung des Replikrechts im Sinn von Art. 29 Abs. 2 BV erfolgt seien (Beschwerde Rz. 92; ferner verstreut punktuelle Willkürbehauptungen, welche den an Willkürrügen zu stellenden Substanziierungsanforderungen nicht genügen, vgl. sogleich).
10
 
Erwägung 5
 
In rechtlicher Hinsicht bringt X.________ im Zusammenhang mit der Rechtzeitigkeit der Rüge vor, das Gericht sei von Amtes wegen zu korrekter Verfahrensleitung und damit zu korrekter Zustellung der verfahrenseinleitenden Schriftstücke verpflichtet, weshalb ihm kein treuwidriges Verhalten bzw. Zuwarten mit der Rüge der fehlerhaften Zustellung an Z.________ vorgeworfen werden könne. Vielmehr sei es das Gericht, welches treuwidrig handle, weil mangels gültiger Zustellung in den USA gar nie ein Prozessrechtsverhältnis mit Z.________ begründet worden sei. Auch habe das Bezirksgericht verschiedene andere Handlungen verspätet vorgenommen; so habe es bereits bei der Einlieferung der Testamente im Jahr 2007 die einmonatige Eröffnungsfrist missachtet. Weiter macht X.________ geltend, das Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sei gar nie von einer Partei vorgebracht worden; einzig das Gericht habe diesen Vorwurf erhoben, weshalb er nicht zu beachten sei. Ohnehin müsste der Rechtsmissbrauch gemäss Art. 2 Abs. 2 ZGB offenbar sein, was nicht der Fall sei, zumal es ja W.________ gewesen sei, welche als Klägerin in irreführender Weise die Mutter als Zustellungsempfängerin bezeichnet habe. Mit Bezug auf den relevanten rechtlichen Rahmen wirft X.________ dem Obergericht ausserdem vor, nicht einschlägige Bundesgerichtsentscheide zitiert zu haben.
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Erwägung 6
 
Durfte das Obergericht ohne Rechtsverletzung zum Schluss kommen, die Rüge der angeblich fehlerhaften Zustellung sei verwirkt, so war es nicht gehalten, diese inhaltlich zu prüfen (vgl. E. 3.1). Deshalb erübrigt es sich auch im bundesgerichtlichen Verfahren, die weitläufigen Vorbringen im Zusammenhang mit den angeblichen Zustellungsfehlern - Verletzung des Anspruches auf ein faires Verfahren im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Ziff. 1 UNO-Pakt II sowie des Anspruches auf Zugang zu einem Gericht im Sinn von Art. 29a und 30 BV aufgrund der mangelhaften Zustellung; fehlende Behandlung von Themen wie Streitgenossenschaft, Zustellung, Anerkennung und Vollstreckung, Sprachkenntnisse von Z.________, Sistierung des Verfahrens, etc.; rechtsungleiche Behandlung im Sinn von Art. 8 Abs. 1 BV; Ausführungen zu den Sanierungsarbeiten an diversen Gebäuden; Verletzung des formellen Ordre public im Sinn von Art. 27 Abs. 2 IPRG; Ausführungen zum Uniform Out-of-Country Foreign Money-Judgement Recognition Act; Zustellung zuhanden der Akten; fehlendes Prozessrechtsverhältnis; Übersetzung der Dokumente - zu prüfen oder die Sache diesbezüglich an das Obergericht zurückzuweisen.
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Erwägung 7
 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenseite ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
13
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Juni 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
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