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Informationen zum Dokument  BGer 5A_405/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_405/2013 vom 28.06.2013
 
{T 0/2}
 
5A_405/2013
 
 
Urteil vom 28. Juni 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Hohl,
 
Bundesrichter Marazzi,
 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Rudolf Forrer,
 
2.  B.________,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Güterrechtliche Auseinandersetzung im Erbfall,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 10. April 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
X.________ und B.________ sind die Stiefkinder von A.________. Nachdem im September 2011 der Ehegatte von A.________ verstorben war, leitete diese am 21. November 2012 eine erbrechtliche Klage betreffend güterrechtliche Auseinandersetzung gegen die beiden Stiefkinder ein.
1
 
B.
 
Nach Eingang des Kostenvorschusses setzte das Bezirksgericht Frauenfeld X.________ und B.________ Frist zur Einreichung einer Klageantwort. Auf dessen Ersuchen hin gewährte sie X.________ eine erste Fristverlängerung bis zum 4. Februar 2013.
2
 
C.
 
Am 23. Januar 2013 beantragte X.________, die Klageantwortfrist sei auszusetzen. Er machte geltend, der Vertreter von A.________, Rechtsanwalt Dr. Hans Rudolf Forrer, habe vorprozessual mitgeteilt, dass er A.________ und B.________ vertrete; er habe damit eine Klientin beraten, die er nun beklage. Es sei zu prüfen, ob dies mit dem Standesrecht und dem Anwaltsgesetz vereinbar sei. Zudem sei der Rechtsanwalt bereits vor dem Friedensrichteramt aufgetreten, ohne eine diesbezügliche Vollmacht vorzulegen. Die Klageschrift sei daher mangelhaft. Auf die Klage sei nicht einzutreten.
3
 
D.
 
X.________, vertreten durch seine Ehefrau C.________, erhob hiergegen am 28. Januar 2013 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau. Er beantragte in der Hauptsache, die Frist für die Klageantwort sei bis zum Vorliegen einer mängelfreien Klageschrift bzw. einer rechtsgenüglichen Vollmacht von A.________ auszusetzen. Weiter ersuchte er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
4
 
E.
 
Gegen diesen Entscheid hat X.________ mit Postaufgabe vom 27. Mai 2013 Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt zusammengefasst, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, das Obergericht sei anzuweisen, auf seine Beschwerde vom 28. Januar 2013 einzutreten, diese gutzuheissen und in Vollbesetzung die nachträglich eingereichte Vollmacht zu prüfen, bevor Frist zur Klageantwort angesetzt werde. Eventualiter (für den Fall, dass das Obergericht die Vollmacht für rechtsgültig befinden sollte) sei es anzuweisen, das Beschwerdeverfahren abzuschreiben, jeweils unter Kostenfolge zulasten des Kantons resp. A.________. Falls die "Beschwerde" (gemeint: der Entscheid des Obergerichts) nicht aufgehoben werde, sei (sub-) eventualiter zumindest die Parteientschädigung, welche A.________ vom Obergericht zugesprochen worden sei, aufzuheben oder zu reduzieren. Entsprechend sei A.________ anzuweisen, ihm die bereits bezahlte Parteientschädigung zurückzuzahlen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Beim angefochtenen Entscheid, mit welchem die Vorinstanz das Sistierungsgesuch abgewiesen hat, handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.; zuletzt Urteil 8C_10/2013 vom 8. Februar 2013). Selbständig eröffnete Zwischenentscheide können - von hier nicht gegebenen weiteren Ausnahmen abgesehen (Art. 92 BGG) - nur dann mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Letzteres fällt bei einem Sistierungsgesuch zum Vornherein ausser Betracht.
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1.2. Ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil muss rechtlicher Natur und somit auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar sein (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190; 134 III 426 E. 1.3.1 S. 430). Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist in der Beschwerde darzutun (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429).
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Erwägung 2
 
Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, dass die Klage der Beschwerdegegnerin 1 infolge fehlender resp. ungenügender Vollmacht mangelhaft im Sinne von Art. 132 ZPO gewesen sei. Die erstinstanzliche Richterin hätte daher die Klage nicht zur Klageantwort zustellen dürfen, sondern diese zur Nachbesserung bzw. Nachreichung der Vollmacht an die Klägerin (Beschwerdegegnerin 1) zurückweisen müssen. Es habe die Gefahr bestanden, dass die Beschwerdegegnerin 1 die Vollmacht nicht nachreiche. Diesfalls hätte die Klage als nicht erfolgt gelten müssen, womit die Rechtshängigkeit des Verfahrens rückwirkend dahin gefallen wäre. Damit hätte er insbesondere umsonst eine Klageantwort eingereicht. Das nachträgliche Wegfallen der Rechtshängigkeit stelle einen rechtlichen Nachteil dar, welcher selbst durch eine Entschädigung nicht aufgewogen werden könne.
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Erwägung 3
 
3.1. Das Obergericht hat einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO verneint und ist auf die kantonale Beschwerde nicht eingetreten. In einer Eventualbegründung hat es zudem dargelegt, weshalb diese auch materiell abzuweisen wäre.
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3.2. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist umso weniger ersichtlich: Bei fehlender Vollmacht gewährt das Gericht eine Nachfrist zur Verbesserung des Mangels (Art. 132 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wäre keine Verbesserung erfolgt, hätte die Klage als nicht eingereicht gegolten (Art. 132 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und wäre die Beschwerdegegnerin 1 diesfalls für die Prozesshandlungen der Gegenseite entschädigungspflichtig geworden (Art. 95 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
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3.3. Ist der angefochtene Entscheid betreffend Nichteintreten zu schützen, sind die mit Bezug auf die materielle Eventualbegründung erhobenen Gehörsrügen gegenstandslos. Ohnehin wären sie auch in der Sache unbegründet, weil das Obergericht sich mit den wesentlichen Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und seinen Entscheid nachvollziehbar begründet hat (vgl. dazu BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 136 I 229 E. 5.2 S. 236).
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Auf die Beschwerde kann somit im Hauptpunkt nicht eingetreten werden.
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Erwägung 4
 
Mit einer vom Ausgang der Beschwerde im Hauptpunkt unabhängigen Rüge beanstandet der Beschwerdeführer die Kosten- und Entschädigungsregelung des angefochtenen Entscheides. Die zugesprochene Parteientschädigung sei unangemessen hoch angesetzt worden. Überdies habe die Beschwerdegegnerin 1 diese gar nicht verlangt, sie habe nur den routinemässigen Antrag "unter Kosten- und Entschädigungsfolge" angefügt.
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Erwägung 5
 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnerinnen ist mangels Einholung von Vernehmlassungen kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. Juni 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
 
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