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Informationen zum Dokument  BGer 6B_115/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_115/2013 vom 23.08.2013
 
{T 0/2}
 
6B_115/2013
 
 
Urteil vom 23. August 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider, Denys,
 
Gerichtsschreiber Held.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
vertreten durch Dr. Caspar Zellweger und Dr. Lienhard Meyer, Advokaten,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Matthias Schwaibold,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Unlauterer Wettbewerb (Art. 3 lit. a UWG i.V.m. Art. 23 UWG),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 4. Dezember 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Ein rechtlich geschütztes Interesse hat u.a. die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 138 IV 86 E. 3; 138 IV 186 E. 1.4.1; je mit Hinweisen). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin macht im Strafverfahren keine Zivilansprüche geltend, was bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erforderlich gewesen wäre (Art. 165 Abs. 1 des Gesetzes über die Strafrechtspflege des Kantons Aargau vom 11. November 1958 [Strafprozessordnung, StPO/AG; 251.100] i.V.m. Art. 456 Schweizerische Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0]).
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1.2. Die Beschwerdeführerin leitet ihre Beschwerdelegitimation im Wege einer unechten Nachwirkung aus Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG ab. Danach war zur Beschwerde in Strafsachen auch die Privatstrafklägerschaft legitimiert, wenn sie nach kantonalem Recht die Anklage ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft vertreten hat (vgl. BGE 128 IV 39 E. 2; 127 IV 236 E. 2b/aa; Urteile 6B_358/2011 und 6B_359/2011 vom 22. August 2011 E. 1.4).
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1.3. Am 1. Januar 2011 trat die Schweizerische Strafprozessordnung in Kraft. Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach Inkrafttreten der StPO gefällt werden, gilt neues Recht (vgl. Art. 454 Abs. 1 StPO).
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Das in einzelnen kantonalen Strafprozessordnungen, wie auch in derjenigen des Kantons Aargau, zuvor vorgesehene Privatstrafklageverfahren wurde mit Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 abgeschafft (vgl. Urteil 1B_394/2010 vom 29. Januar 2011 E. 1). Entsprechend wurde Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 aBGG auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der StPO aufgehoben (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 S. 1336 Ziff. 2.12.1.1). Übergangsrechtlich werden altrechtliche Privatstrafklageverfahren, die bei Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung bei einem erstinstanzlichen Gericht hängig sind, bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nach bisherigem kantonalen Recht, vom bisher zuständigen Gericht, fortgeführt (Art. 456 StPO), da die StPO keinerlei Regeln für derartige Privatstrafklageverfahren enthält (BBl 2006 S. 1111 f. Ziff. 1.5.4.1).
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Erwägung 1.4
 
1.4.1. Die Vorinstanz hält zutreffend fest, dass sich das Berufungsverfahren nach den Vorschriften der StPO richtet (Art. 454 Abs. 1 StPO), da das erstinstanzliche Urteil vom 13. Dezember 2011 nach deren Inkrafttreten erging.
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1.4.2. Das Privatstraf (klage) verfahren konnte nach aargauischem Prozessrecht ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden (vgl. Art. 182 ff. StPO/AG). Mit Inkrafttreten der StPO gilt dies für hängige Verfahren aber nur noch bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 456 StPO). Die (Privat-) Strafklage (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO) ist nach geltendem Recht als Nebenstrafklage ausgestaltet, und die Privatklägerschaft kann sich am Strafverfahren nur noch neben der Staatsanwaltschaft beteiligen, dieses aber nicht mehr selbstständig führen. Nach Art. 16 Abs. 1 StPO ist die Staatsanwaltschaft für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs verantwortlich und wird im Rechtsmittelverfahren kraft Gesetzes Partei im zuvor ausschliesslich von der Privatklägerschaft geführten kantonalen Privatstrafklageverfahren. Der Privatklägerschaft steht im Schuld- und Zivilpunkt nach wie vor die gerichtliche Überprüfung durch beide kantonalen Instanzen offen. So war die Beschwerdeführerin auch nach geltendem Recht im Berufungsverfahren weiterhin zur Anfechtung des 
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1.4.3. Es besteht keine Notwendigkeit, die Beschwerdelegitimation der Privatklägerschaft entgegen der gesetzlichen Regelungen (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG) im Wege einer "unechten Nachwirkung" altrechtlicher Vorschriften zu erweitern. Ein Rechts- oder Instanzverlust ist hiemit - im Unterschied zu den von der Beschwerdeführerin angeführten bundesgerichtlichen Urteilen 6B_358/2011 und 6B_359/2011 vom 22. August 2011 (E. 1.4) - nicht verbunden. In den beiden Fällen war das 
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1.5. Der Staatsanwaltschaft ist das im kantonalen Privatstrafklageverfahren ergangene Urteil grundsätzlich vom erstinstanzlichen Gericht von Amtes wegen zuzustellen (so auch zutreffend die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid E. 1.2 S. 6, unter Hinweis auf Niklaus Schmid, a.a.O, N. 272 S. 75; in diesem Sinne wohl auch Viktor Lieber in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, N. 2 und 3 zu Art. 456 StPO). Hierauf konnte entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht verzichtet werden, denn die Parteistellung der Staatsanwaltschaft entsteht kraft Gesetzes und ist zwingend.
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Die Staatsanwaltschaft blieb, nachdem ihr das Berufungsurteil von der Vorinstanz zur Kenntnis zugestellt worden war, untätig. Die Oberstaatsanwaltschaft erachtet in ihrer Vernehmlassung die von der Vorinstanz getroffene Lösung für sachgerecht und hält eine nachträgliche Beteiligung der Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren für wenig sinnvoll. Eine Verletzung ihrer Parteirechte im Berufungsverfahren und im Verfahren vor Bundesgericht macht sie nicht geltend, weshalb es aus prozessökonomischen Gesichtspunkten nicht angebracht ist, das Urteil zur Wahrung ihrer Parteirechte an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dies käme einem formalistischen Leerlauf gleich.
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Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, dem Bezirksgericht Zofingen und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. August 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Held
 
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