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Informationen zum Dokument  BGer 6B_372/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_372/2013 vom 23.08.2013
 
{T 0/2}
 
6B_372/2013
 
 
Urteil vom 23. August 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Faga.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hauri,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Statthalteramt des Bezirkes Bülach,
 
Bahnhofstrasse 3, 8180 Bülach,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Gültigkeit des Einspracherückzugs,
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 27. Februar 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Die Vorinstanz erachtet die Voraussetzungen für eine Abschreibung des Strafbefehlsverfahrens als erfüllt und geht von einem stillschweigenden Rückzug der Einsprache aus. Der Beschwerdeführer habe am 10. September 2012 Busse und Kosten bezahlt und demzufolge den Strafbefehl akzeptiert.
1
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme eines konkludenten Rückzugs. Die Bezahlung sei nicht freiwillig, sondern allein deshalb erfolgt, weil ihm für den Fall der Nichtbezahlung die Betreibung und der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe angedroht worden seien.
2
 
Erwägung 2
 
2.1. Das Statthalteramt liess dem Beschwerdeführer während des hängigen Einspracheverfahrens eine Zahlungserinnerung zukommen und drohte ihm für den Fall der Nichtbezahlung von Busse und Kosten die Einleitung der Betreibung bzw. den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe an. Die Zahlungserinnerung befindet sich weder in den Akten, noch wurde sie von der Vorinstanz, nachdem der Beschwerdeführer einen entsprechenden Editionsantrag gestellt hatte, beigezogen. Die vom Beschwerdeführer erst im Verfahren vor Bundesgericht eingereichte Kopie (Beilage 2) stellt deshalb ein zulässiges neues Beweismittel dar (Art. 99 Abs. 1 BGG).
3
2.2. Der Strafbefehl wird ohne gültige Einsprache zum rechtskräftigen Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO). Die Einsprache ist schriftlich zu erheben (Art. 354 Abs. 1 StPO). Ein Verzicht vor Ablauf der Einsprachefrist und ein späterer Rückzug sind zulässig, doch setzen sie eine klare und unmissverständliche Erklärung voraus. Ein konkludenter Rückzug der gültig erhobenen Einsprache darf nur angenommen werden, wenn sich aus dem gesamten Verhalten des Betroffenen der Schluss aufdrängt, er verzichte mit seinem Desinteresse am weiteren Gang des Verfahrens bewusst auf den ihm zustehenden Rechtsschutz (vgl. Urteil 6B_152/2013 vom 27. Mai 2013 E. 4).
4
2.3. Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Würde der vom Verfahren betroffenen Menschen und beachten namentlich den Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 3 StPO).
5
 
Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 27. Februar 2013 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. August 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Faga
 
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