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Informationen zum Dokument  BGer 6B_54/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_54/2013 vom 23.08.2013
 
{T 0/2}
 
6B_54/2013
 
 
Urteil vom 23. August 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Theo Kuny,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz,
 
2. Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Benno Wild,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Gefährdung des Lebens,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom 30. Oktober 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beweiswürdigung ist willkürlich, wenn sie unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 135 I 313 E. 1.3). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern im Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 134 I 140 E. 5.4).
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2.2. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV muss sich die Begründung nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt (BGE 138 IV 81 E. 2.2; 136 I 229 E. 5.2).
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Erwägung 3
 
3.1. Nach der zutreffenden Annahme der Vorinstanz wird eine unmittelbare Lebensgefahr bei Würgevorfällen grundsätzlich angenommen, wenn punktförmige Stauungsblutungen an den Augenbindehäuten vorhanden sind. Solche wurden sowohl im Bericht des Spitals als auch im Gutachten festgestellt. Nach der Rechtsprechung ist in der Regel bereits von einer unmittelbaren Lebensgefahr auszugehen, wenn der Täter das Opfer stranguliert, ohne ihm ernsthafte Verletzungen beizufügen und ohne, dass das Opfer ohnmächtig wird (BGE 124 IV 53 E. 2; Urteil 6B_87/2013 vom 13. Mai 2013 E. 3.1). Die Vorinstanz bejaht den objektiven Tatbestand zu Recht.
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3.2. Die Rechtsmedizin unterscheidet drei Arten von Strangulationen, nämlich das Erhängen, das Würgen mit den Händen und das Erdrosseln. Beim Erdrosseln wird der Druck auf den Hals durch den Zug an den Enden eines Stranges und damit durch Zuziehen einer Schlinge erzeugt ( BURKHARD MADEA, Praxis der Rechtsmedizin, 2. Aufl. 2007, S. 155). In der zu beurteilenden Sache handelt es sich um eine Form des Erdrosselns. Dabei ist zu beachten, dass die vom Beschwerdegegner angewendete Methode aus dem Kampfsport nicht mit dem gefährlicheren Zuziehen einer Schlinge gleichzusetzen ist. Sie erlaubt es dem Täter, den Griff zu dosieren und kontrolliert einzusetzen. Zu vergleichbaren Haltegriffen im Kampfsport führt der erwähnte Autor aus, die Folge sei die gewollte, innerhalb weniger Sekunden eintretende Handlungsunfähigkeit. Werde der Druck zu lange aufrecht erhalten, könne es zu Todesfällen kommen. Über Jahrzehnte wurde lediglich ein einziger Todesfall beim Judo-Sport gemeldet ( MADEA, a.a.O., S. 169).
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3.3. Zu beurteilen ist der subjektive Tatbestand.
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3.3.1. Eine Tatbestandserfüllung gemäss Art. 129 StGB erfordert direkten Vorsatz bezüglich der unmittelbaren Lebensgefahr. Eventualvorsatz reicht nicht. Vorausgesetzt ist eine Gefahr für das Leben. Eine Gefahr bloss für die Gesundheit genügt nicht. Unmittelbar ist die Gefahr, wenn sich aus dem Verhalten des Täters direkt die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Todesfolge ergibt. Skrupellos ist ein in schwerem Grade vorwerfbares, ein rücksichts- oder hemmungsloses Verhalten (BGE 133 IV 1 E. 5.1; Urteil 6B_87/2013 vom 13. Mai 2013 E. 3.4).
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3.3.2. Nach den massgebenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) hatte der Beschwerdegegner glaubhaft dargetan, er habe aufgrund seines in verschiedenen Ausbildungen in Kampfsportarten erworbenen Wissens annehmen können, dass keine Gefahr eintreten würde. Der Beschwerdeführer hatte das Bewusstsein nicht verloren (Urteil S. 12).
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3.4. Es ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass es sich um eine heikle Abgrenzung handelt. Doch führt die Abweisung der Beschwerde entgegen seiner Ansicht nicht zu einer "Lizenz zum Würgen", so dass der Beschwerdegegner "von nun an sein Würgen jederzeit ausführen" könne, er habe "es ja im Griff" (Beschwerde S. 13). Der Beschwerdegegner ist durch das Strafverfahren gewarnt, einen Sozialkonflikt nicht mit einer Kampfsportsituation zu verwechseln und gefährliche Haltegriffe inskünftig zu unterlassen. Er hatte denn auch eingeräumt, es hätte nicht so weit kommen sollen (Urteil S. 9).
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Erwägung 4
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. August 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Briw
 
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