VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_94/2013  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_94/2013 vom 03.10.2013
 
{T 0/2}
 
6B_94/2013
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Faga.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Diego Cavegn,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Horst Weber,
 
2.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Ehrverletzung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 2. Oktober 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Da der angefochtene Entscheid nach dem 31. Dezember 2010 datiert, beurteilt sich die Frage des rechtlich geschützten Interesses nach der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG).
1
1.1. Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Dies setzt im Falle eines Freispruchs grundsätzlich voraus, dass der Privatkläger, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1 S. 247 f. mit Hinweisen). Daran ändert die Rechtsprechung betreffend die unter dem früheren Recht geltende Legitimation des Geschädigten (zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde) bei Delikten gegen die Ehre (BGE 121 IV 76) nichts. Sie kann unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes nicht herangezogen werden. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG verlangt eine Auswirkung auf die Beurteilung zivilrechtlicher Ansprüche. Soll das Strafverfahren nicht blosses Vehikel zur Durchsetzung von Zivilforderungen in einem Zivilprozess sein, den die Privatklägerschaft erst nach Abschluss des Strafprozesses, je nach dessen Ausgang, anzustrengen gedenkt (vgl. BGE 137 IV 246 E. 1.3.1 S. 247 f. mit Hinweisen), gilt Entsprechendes auch bei Ehrverletzungsdelikten. Es ist, insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung, nicht gerechtfertigt, die Legitimation der Privatklägerschaft bei Delikten gegen die Ehre weiter zu fassen.
2
1.2. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, seine Beschwerdelegitimation als Privatstrafkläger stütze sich zudem auf aArt. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 BGG ab.
3
1.3. Mit dem blossen Hinweis auf die vom Beschwerdegegner eingereichte Strafanzeige legt der Beschwerdeführer ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG nicht dar. Darauf kann nicht eingetreten werden (Art. 42 Abs. 2 BGG).
4
1.4. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (BGE 138 IV 248 E. 2 S. 250 mit Hinweisen). Auf die Rügen formeller Natur (E. 2 und 3 nachfolgend) ist damit grundsätzlich einzutreten. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts rügt respektive insbesondere geltend macht, dem Beschwerdegegner (als Beschuldigtem) sei der Wahrheitsbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB nicht gelungen. Die von ihm geübte Kritik kann von der Prüfung der Sache selbst nicht getrennt werden. Sie zielt auf eine materiellrechtliche Überprüfung des angefochtenen Entscheids. Darauf hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch (vgl. Beschwerde S. 10 ff.).
5
2. 
6
2.1. Der Beschwerdeführer argumentiert, das von ihm angestrengte Privatstrafklageverfahren sei im Zeitpunkt des Inkrafttretens der StPO noch nicht beim erstinstanzlichen Gericht hängig gewesen. In Anwendung von Art. 456 StPO hätte das Verfahren nach neuem Recht durch die Staatsanwaltschaft weitergeführt werden sollen. Indem dies unterlassen worden sei, sei er "aller Verfahrensrechte und Verfahrensprinzipien gemäss neuer StPO verlustig" gegangen (Beschwerde S. 8 f.).
7
2.2. Nach Art. 456 StPO werden Privatstrafklageverfahren nach früherem kantonalem Recht, die bei Inkrafttreten der StPO bei einem erstinstanzlichen Gericht hängig sind, bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nach bisherigem Recht und vom bisher zuständigen Gericht fortgeführt.
8
2.3. Der Beschwerdeführer reichte am 18. Juni 2010 beim Bezirksgericht Dielsdorf sowie beim zuständigen Friedensrichter eine Anklageschrift ein. Nach dem Sühneverfahren liess er am 23. August 2010 die Weisung und die Anklageschrift dem Gericht zukommen. Mit Präsidialverfügung vom 22. September 2010 wurde die Anklage zugelassen und ein Bezirksrichter mit der Untersuchung betraut (erstinstanzliches Protokoll S. 2). Damit wurde die Ehrverletzungsklage noch vor dem Inkrafttreten der StPO beim Gericht rechtshängig. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verfahren nach bisherigem kantonalen Prozessrecht und durch die nach aStPO/ZH und aGVG/ZH zuständigen Behörden geführt wurde.
9
2.4. Eine Verletzung von Art. 456 StPO liegt nicht vor. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Verletzung von Art. 2 StPO, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO und Art. 29 Abs. 2 BV sowie betreffend die Zeugeneinvernahmen (Beschwerde S. 9 f. Ziffern 2, 3.1 und 4) sind unbegründet.
10
 
Erwägung 3
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, selbst wenn das Privatstrafklageverfahren nicht an die Staatsanwaltschaft zu überweisen gewesen wäre, hätte diese im vorinstanzlichen Verfahren als Partei miteinbezogen werden müssen. Indem dies nicht erfolgt sei, habe er sich zur Meinung der Staatsanwaltschaft nicht äussern können und sei sein rechtliches Gehör verletzt worden (Beschwerde S. 9 f. Ziffer 3.2).
11
3.2. Die Vorinstanz hat am 11. Juli 2012 nach Übermittlung der Berufungsanmeldung und Eingang der Berufungserklärung korrekterweise dem Beschwerdegegner sowie der Oberstaatsanwaltschaft Frist gesetzt, um sich im Sinne von Art. 400 Abs. 3 StPO zu äussern. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland teilte in der Folge mit, keine Anträge im Verfahren zu stellen. Der Oberstaatsanwaltschaft wurde das vorinstanzliche Urteil im Dispositiv wie auch in begründeter Form eröffnet. Dass die Staatsanwaltschaft sich zur Sache geäussert hätte und dem Beschwerdeführer diesbezüglich keine Kenntnis oder keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden wäre, macht Letzterer zu Recht nicht geltend. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer nicht dar, welche Parteirechte der Staatsanwaltschaft die Vorinstanz missachtet haben und inwiefern er dadurch beschwert respektive sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sein sollte (zum Anspruch auf rechtliches Gehör BGE 138 I 484 E. 2.1 S. 485 mit Hinweisen). Wird die Verletzung von Grundrechten gerügt, gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Eine solche Rüge prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Das bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2 S. 228; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; je mit Hinweisen). Die Beschwerde genügt diesen Begründungsanforderungen nicht.
12
 
Erwägung 4
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Oktober 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Faga
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).