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Informationen zum Dokument  BGer 6B_347/2012  Materielle Begründung
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BGer 6B_347/2012 vom 10.10.2013
 
{T 0/2}
 
6B_347/2012
 
 
Urteil vom 10. Oktober 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Boog.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Lars Dubach,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1.  Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
 
Beschwerdegegnerin 1
 
2. A.________ GmbH,
 
vertreten durch Fürsprecher Markus Lüthi,
 
Beschwerdegegnerin 2.
 
Gegenstand
 
Versuchte Begünstigung, Urkundenfälschung; Willkür,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 25. Mai 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Feststellung des Sachverhalts. Sie macht geltend, der Kauf des Fahrzeugs sei vom Mitangeklagten X.________ abgewickelt worden. Sie habe ihm hiefür das Geld übergeben. Von allfälligen Machenschaften von seiner Seite habe sie keine Kenntnis gehabt. Die von ihr und dem Mitangeklagten X.________ unterzeichnete Quittung sei wahr gewesen. Es sei nicht aussergewöhnlich, dass sie einen Betrag in dieser Höhe zu Hause aufbewahrt habe. Aufgrund des Umstands, dass sie in Deutschland zwei Erbschaften angetreten habe und von der Mutter anlässlich von Besuchen in Deutschland mit Bargeld beschenkt worden sei, sei dies auch plausibel. Zudem entspreche der quittierte Betrag dem Kaufvertrag vom 8. September 2009. Danach habe nur eine Anzahlung von zwei Dritteln des Kaufpreises geleistet werden müssen, wenn der Kaufgegenstand nicht mitgenommen worden wäre. Der Mitangeklagte X.________ habe den MG A Roadster am 8. September 2009 indes abgeholt, was auch auf dem Vertragsformular bestätigt worden sei. Damit sei auch der Empfang des Geldes quittiert worden. Für die übrigen Kaufgegenstände im Wert von CHF 23'000.--, die vorerst noch zurückgelassen worden seien, habe der Mitangeklagte X.________ eine Anzahlung von CHF 15'300.-- geleistet. Aufgrund des Kaufvertrages habe sie davon ausgehen können, dass der Mitangeklagte X.________ das von ihr erhaltene Geld dem Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 übergeben habe (Beschwerde S. 3 ff.).
1
1.2. Die Vorinstanz stützt sich für den Schuldspruch des Mitangeklagten X.________ wegen Betruges im Wesentlichen auf die Aussagen des Vertreters der Beschwerdegegnerin 2. Der Kaufvertrag liefere für sich allein keinen Beweis für die Geldübergabe. Der Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 habe in der Untersuchung erklärt, er handhabe die Klausel, nach welcher bei Abschluss des Vertrages zwei Drittel des Kaufpreises zu bezahlen seien, nicht so streng. Es käme immer wieder vor, dass er den Kaufvertrag unterschreibe, obwohl er kein Geld erhalten habe. In diesen Fällen werde den Käufern jeweils ein Einzahlungsschein mitgegeben. Es sei auch schon vorgekommen, dass ein Kunde die Waren ohne Anzahlung mitgenommen habe. Der Mitangeklagte X.________ habe zudem bei der Abholung des MG A Roadster sein eigenes Auto zurückgelassen. Darüber hinaus habe ihm dieser auch versichert, er könne sich auf ihn verlassen, er sei ein Ehrenmann (vgl. angefochtenes Urteil S. 19 f.). Die Vorinstanz erachtet diese Aussagen als glaubhaft. Sie ergäben ein stimmiges, einheitliches Ganzes. Demgegenüber erwiesen sich die Erklärungen des Mitangeklagten X.________ teilweise als falsch, in anderen Punkten als unglaubwürdig. Insgesamt gelangt sie zum Schluss, es spreche nichts dafür, dass ein schlitzohriger Verkäufer unberechtigterweise versucht habe, eine doppelte Bezahlung zu erwirken und einen Unschuldigen aufgrund seiner Vergangenheit zu erpressen (angefochtenes Urteil S. 26 ff.; vgl. Beschwerde S. 9).
2
 
Erwägung 2
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt (BGE 134 II 244 E. 2.1). Die massgeblichen Ausführungen müssen in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein. Ein Verweis auf frühere Rechtsschriften oder auf die Verfahrensakten ist unzulässig (vgl. BGE 133 II 396 E. 3.1, mit Hinweisen).
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Erwägung 2.2
 
2.2.1. Was die Beschwerdeführerin gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz vorbringt, erschöpft sich weitgehend in einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil, auf welche das Bundesgericht nicht eintritt. Die Beschwerdeführerin hätte klar und substantiiert darlegen müssen, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, und dass die vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich im Wesentlichen darauf, noch einmal alle Einwendungen vorzubringen, die sie bereits im kantonalen Verfahren erhoben hat, namentlich dass sich aus dem vom Mitangeklagten X.________ und dem Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 unterzeichneten Kaufvertrag ergebe, dass der Kaufpreis für den Personenwagen bar bezahlt worden sei (Beschwerde S. 10 ff.). Es mag zutreffen, dass eine Würdigung der Beweise, wie sie die Beschwerdeführerin als richtig ansieht, ebenso in Betracht gezogen werden könnte oder gar vorzuziehen wäre, doch genügt dies praxisgemäss nicht, um Willkür zu bejahen (BGE 138 V 74 E. 7;136 III 552 E. 4.2).
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2.2.2. In Bezug auf die rechtliche Würdigung des Sachverhalts als Falschbeurkundung und als versuchte Begünstigung ficht die Beschwerdeführerin das vorinstanzliche Urteil zu Recht nicht an. Der Mitangeklagte X.________ hat nach dem willkürfrei festgestgellten Sachverhalt das fragliche Schriftstück zusammen mit der Beschwerdeführerin zum Nachweis der angeblichen Zahlung an den Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 hergestellt und auf den 8. September 2009, den Tag, an welchem das Fahrzeug abgeholt wurde, rückdatiert. Damit sollte der Mitangeklagte X.________, der beim betrügerischen Kauf des MG A Roadster und der übrigen Gegenstände im Vordergrund agierte, bei der polizeilichen Befragung vom Verdacht des Betruges entlastet werden. In diesem Kontext kommt dem Schriftstück erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Dass der Angeschuldigte im Strafverfahren nicht zur wahrheitsgemässen Aussage verpflichtet ist, ändert an diesem Ergebnis nichts, da das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen dort seine Grenze findet, wo durch die falsche Angabe ein Straftatbestand erfüllt wird (vgl. BGE 122 IV 332 E. 2c, S. 339).
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Erwägung 3
 
3.1. Eventualiter macht die Beschwerdeführerin geltend, der Mitangeklagte X.________ habe sich, selbst wenn man den Anklagesachverhalt als nachgewiesen erachten wollte, nicht des Betruges schuldig gemacht. Es fehle an einem besonders raffinierten Handeln oder an einem Lügengebäude, so dass das Merkmal der Arglist nicht erfüllt sei. Ausserdem habe der Vertreter der Beschwerdegegnerin 2, indem er dem Mitangeklagten X.________ den Wagen ohne Bezahlung des Kaufpreises herausgegeben und auf nähere Erkundigungen über diesen verzichtet habe, leichtfertig gehandelt (Beschwerde S. 12 f.).
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3.2. Die Vorinstanz nimmt an, der Mitangeklagte X.________ habe dem Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 Leistungsfähigkeit und Erfüllungswillen vorgetäuscht und damit den Irrtum und die unmittelbare Vermögensdisposition bewirkt. Es könne zwar nicht von einer eigentlichen Inszenierung gesprochen werden, doch habe der Beschwerdeführer nach einem raffinierten Plan gehandelt. Es sei nie von einem Kreditkauf die Rede gewesen, so dass sich für den Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 keine Abklärungen hinsichtlich der Bonität aufgedrängt hätten. Zudem habe der Mitangeklagte X.________ jenen mehrmals aufgesucht und sei als fachkundiger und solventer Kaufinteressent aufgetreten. Eine Abkehr vom ursprünglich beabsichtigten Zug-um-Zug Geschäft sei sehr kurzfristig und auf Betreiben des Beschwerdeführers erfolgt. Der Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 habe unter den gegebenen Umständen den fehlenden Erfüllungswillen nicht erkennen können und eine Überprüfung der Erfüllungsfähigkeit sei nicht mehr möglich gewesen (angefochtenes Urteil S. 37 f.; vgl. auch erstinstanzliches Urteil S. 36 ff.).
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3.3. Gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich des Betruges u.a. schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt. Der Tatbestand erfordert eine arglistige Täuschung. Arglist ist gegeben, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Darüber hinaus wird Arglist bejaht bei einfachen falschen Angaben, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn der Täter das Opfer von der möglichen Überprüfung abhält oder er nach den Umständen voraussieht, dass dieses die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 135 IV 76 E. 5.2 S. 81 f.; 128 IV 18 E. 3a; je mit Hinweisen).
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3.4. Wie das Bundesgericht im Parallelverfahren in Bezug auf den Mitangeklagte X.________ ausführt, hat dieser den Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 durch sein Verhalten dazu bestimmt, ihm den MG A Roadster ohne vorgängige Bezahlung zu übergeben. Diesen hat er anschliessend auf die Beschwerdeführerin zu Eigentum übertragen. Die Vorinstanz begründet das Merkmal der Arglist vornehmlich mit der Täuschung über den Erfüllungswillen und die Erfüllungsfähigkeit. Nach der Rechtsprechung ist die Vorspiegelung des Leistungswillens grundsätzlich arglistig im Sinne von Art. 146 StGB, weil sie eine innere Tatsache betrifft, die vom Vertragspartner ihrem Wesen nach nicht direkt überprüft werden kann. Arglist scheidet nur aus, soweit die Behauptung des Erfüllungswillens mittels Nachforschungen über die Erfüllungsfähigkeit überprüfbar ist und sich aus der möglichen und zumutbaren Prüfung ergeben hätte, dass der andere zur Erfüllung nicht fähig ist (BGE 118 IV 359 E. 2 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall bestand für den Vertreter der Beschwerdegegnerin 2 solange kein Anlass für Abklärungen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitangeklagten X.________, als kein Kreditkauf beabsichtigt war. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist ein solcher kurzfristig spätabends vereinbart worden, so dass zu jenem Zeitpunkt Erkundigungen nicht mehr möglich waren. Ausserdem habe der Mitangeklagte X.________ durch sein Auftreten als erfolgreicher Geschäftsmann, der schon bei verschiedenen Geschäftspartnern der Beschwerdegegnerin 2 Waren gekauft habe, bei deren Vertreter allfällige Bedenken zerstreut und ihn dazu bewogen, von Erkundigungen abzusehen. Dass die Vorinstanz das Merkmal der Arglist bejaht, verletzt kein Bundesrecht.
9
 
Erwägung 4
 
4.1. Die Beschwerdeführerin beantragt schliesslich für den Fall der Bestätigung des angefochtenen Urteils in der Sache die Reduktion der erstinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 4'320.-- auf einen Anteil von 1/3, und davon wiederum auf 3/5, d.h. auf CHF 864.--, sowie der anteilsmässigen zweitinstanzlichen Kosten von CHF 6'000.-- auf einen Anteil von 1/3, d.h. CHF 2'000.--. Desgleichen schliesst sie auf eine Reduktion der anteilsmässigen erst- und zweitinstanzlichen Interventionskosten der Beschwerdegegnerin 2 auf einen Anteil von 1/3, mithin CHF 2'764.70 bzw. CHF 1'656.95. Sie macht geltend, Drahtzieher im zu beurteilenden Fall sei klarerweise der Mitangeklagte X.________ gewesen. Dieser sei wegen Betruges und Urkundenfälschung angeklagt worden, während ihr selber nur versuchte Begünstigung und Urkundenfälschung vorgeworfen werde. Zudem sei jener auch deutlich strenger bestraft worden. Diesen Umständen sei bei der Verlegung der Kosten Rechnung zu tragen, weshalb eine Kostenverteilung im Verhältnis zwei zu eins angebracht sei (Beschwerde S. 13).
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4.2. Die Vorinstanz nimmt an, die Kosten seien hälftig auf die Beschwerdeführerin und den Mitangeklagten X.________ aufzuteilen. Dabei habe die Beschwerdeführerin mit Blick auf den rechtskräftigen Freispruch von der Anklage des Betruges nur drei Fünftel ihres Anteils zu tragen. Die restliche Anteil gehe zu Lasten des Staates. Die zweitinstanzlichen Verfahrenskosten würden aufgrund des Unterliegens der Beschwerdeführerin und des Mitangeklagten X.________ je zur Hälfte auferlegt (angefochtenes Urteil S. 46).
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4.3. Gemäss Art. 426 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten (vgl. Art. 422 StPO), wenn sie verurteilt wird (Abs. 1). Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Abs. 2). Kosten, welche die Strafbehörden von Bund und Kantonen durch unnötige oder fehlerhafte Verfahrenshandlungen verursachten, können der beschuldigten Person nicht auferlegt werden (Abs. 3 lit. a). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens.
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4.4. Die Verlegung der Kosten richtet sich nach dem Grundsatz, wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht (BGE 138 IV 248 E. 4.4.1). So gründet die Kostentragungspflicht des Beschuldigten im Falle eines Schuldspruchs (Art. 426 Abs. 1 StPO) auf der Annahme, dass er Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens als Folge seiner Tat veranlasst hat und daher zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet sein soll (BGE 138 IV 248 E. 4.4.1 mit Hinweisen; NIKLAUS SCHMID, Praxiskommentar, Art. 426 N 1; ders., Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, N 1782). Wird das Verfahren gegen mehrere Angeklagte geführt, verfügt das Gericht bei der Verlegung der Kosten über einen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das kantonale Gericht sein Ermessen überschreitet oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt.
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Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Oktober 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Boog
 
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