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Informationen zum Dokument  BGer 2C_1278/2012  Materielle Begründung
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BGer 2C_1278/2012 vom 14.10.2013
 
{T 0/2}
 
2C_1278/2012, 2C_1279/2012
 
 
Urteil vom 14. Oktober 2013
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz,
 
Gerichtsschreiber Errass.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.X.________ und B.X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft, Rheinstrasse 33, Postfach, 4410 Liestal.
 
Gegenstand
 
2C_1278/2012
 
Staatssteuer 2009,
 
2C_1279/2012
 
Direkte Bundessteuer 2009,
 
Beschwerden gegen die Urteile des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 12. September 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
C. 
1
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen zwei praktisch übereinstimmende Urteile, betreffen dieselben Parteien und werfen identische Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich deshalb, die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).
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1.2. Die Beschwerden sind zulässig (vgl. Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11] sowie Art. 73 StHG [SR 642.14]).
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1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).
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Erwägung 2
 
2.1. Nach Art. 18 Abs. 1 DBG sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Gestützt auf Art. 27 Abs. 1 DBG können bei selbständiger Erwerbstätigkeit die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten abgezogen werden. Dazu gehören nach Art. 27 Abs. 2 lit. b DBG namentlich die eingetretenen und verbuchten Verluste auf Geschäftsvermögen.
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2.2. Vorliegend geht es um Verluste aus den Jahren 2003 bis 2008. Solche Verluste aus vorangegangenen Geschäftsjahren können entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht gestützt auf Art. 27 Abs. 2 lit. b DBG zum Abzug gebracht werden, weil sie nicht im aktuellen Steuerjahr 2009 entstanden ("eingetreten") sind, wie es der klare Wortlaut der Bestimmung verlangt.
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Erwägung 3
 
3.1. Verluste aus den sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren können abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Einkommens dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten (Art. 211 DBG), weil die übrigen Einkünfte kleiner waren als die erzielten Verluste ( MARKUS REICH, Steuerrecht, 2. Auflage, 2012, § 15 Rz. 157). Die Beschwerdeführer berufen sich zudem auf diese Bestimmung.
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Verluste können nach der Vorschrift von Art. 211 DBG indessen nicht beliebig auf künftige Steuerjahre vorgetragen werden, sondern nur insoweit, als sie noch nicht mit Einkommen verrechnet werden konnten. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ("soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Einkommens dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten") und folgt auch aus dem Periodizitätsprinzip, wonach Einkommen und Verlust grundsätzlich in derjenigen Periode zu berücksichtigen sind, in der sie angefallen sind (vgl. Urteil 2C_240/2011 vom 8. April 2011 E. 2, in: StR 66/2011, S. 679).
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3.2. Der Vorwurf der Beschwerdeführer, die Steuerbehörde habe in den Vorjahren im Zusammenhang mit der Verweigerung der Verlustabzüge das rechtliche Gehör verweigert (Art. 29 Abs. 2 BV) und gegen Treu und Glauben verstossen (Art. 5 Abs. 3 BV, Art. 9 BV), ist aus denselben Gründen verspätet. Derlei hätte ebenfalls mit Rechtsmitteln gegen die Veranlagungen 2003-2008 geltend gemacht werden müssen. An dieser Stelle ist darauf nicht mehr zurückzukommen. Zu Recht hat das Kantonsgericht im angefochtenen Entscheid unter diesen Umständen die Frage offengelassen, ob der Beschwerdeführer in den Jahren 2003-2008 einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachging.
9
 
Erwägung 4
 
4.1. Bei beweglichem Vermögen können die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden (Art. 32 Abs. 1 DBG). Vermögensverwaltungskosten sind Auslagen, die unmittelbar zur Erzielung des Einkommens getätigt werden und in einem direkten ursächlichen Zusammenhang dazu stehen (vgl. Urteil 2A.62/1999 vom 1. März 2000 E. 2d; ASA 67 477 E. 2c). Auch Anwalts- und Gerichtskosten können Vermögensverwaltungskosten darstellen. Erforderlich ist, dass die Aufwendungen der Bewahrung der Vermögenswerte dienen ("conservation des valeurs": XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 4. Aufl. 2012, § 7 Rz. 306; "Erhaltung und Sicherung der Einkommensquelle": Reich, a.a.O., § 13 Rz. 185; siehe auch Dieter Egloff, in: Klöti-Weber/ Siegrist/Weber (Hrsg.), Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 3. Aufl. 2009, § 39 Rz. 15; FELIX RICHNE r/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Hans Ulrich Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl. 2013, § 30 Rz. 19).
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4.2. Die Beschwerdeführer machen unter dem Titel "Vermögensverwaltungskosten" einen Betrag von Fr. 28'582.-- geltend. Dabei handelt es sich um Anwalts- und Gerichtskosten aus den Jahren 2004 bis 2008 für eine Erbstreitigkeit, die im Jahre 2009 erledigt worden ist. Die Beschwerdeführer führen aus, die Schwester habe nach einem mehrere Jahre dauernden Zivilprozess das Testament anerkannt; sie beantragen deshalb, dass im Zeitpunkt des "erstrittenen Vermögenszugangs im Jahre 2009" diese Anwalts- und Gerichtskosten zum Abzug zuzulassen seien, weil sie der "Erhaltung des Vermögens" gedient hätten.
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Die von den Beschwerdeführern im Umfang von Fr. 27'308.-- getätigten Aufwendungen dienten nicht der Bewahrung ("Erhaltung") des Vermögens; sie wurden vielmehr getätigt, um die Erbschaft überhaupt erst zu erlangen ("erhalten" im zweiten Sinne des Wortes). Es kann sich dabei somit von vornherein nicht um Vermögensverwaltungskosten handeln (vgl. auch EGLOFF, a.a.O., § 39 Rz. 10). Hätten die Kosten der Bewahrung von Vermögenswerten gedient, so hätten sie zudem nach dem Periodizitätsprinzip bereits in den Vorjahren, in denen das Vermögen gesichert ("erhalten" im ersten Sinne des Wortes) wurde, zum Abzug gebracht werden müssen.
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Erwägung 5
 
5.1. Da die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Anwaltskosten keine abziehbaren Vermögensverwaltungskosten darstellen, ist zu prüfen, ob die Aufwendungen unter den allgemeinen Gewinnungskostenbegriff von Art. 25 DBG fallen. Danach können Aufwendungen zum Abzug gebracht werden, die zur Erzielung von Einkünften bzw. zur Erlangung von steuerbaren Vermögenszugängen getätigt wurden. Steht einem steuerbaren Vermögenszugang ein korrespondierender Vermögensabgang gegenüber, so liegt kein Reinvermögenszugang und damit auch kein Zufluss von steuerbarem Einkommen vor (vgl. MARKUS REICH, Die ungerechtfertigte Bereicherung und andere rechtsgrundlose Vermögensübergänge im Einkommenssteuerrecht, FStR 1/2004, 8). Gewinnungskosten sind diejenigen Vermögensabgänge, die wesentlich durch die Erzielung von Einkommen verursacht sind (kausaler Gewinnungskostenbegriff; vgl. Urteil 2C_266/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 5.3).
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5.2. Aus diesen allgemeinen Grundsätzen der Einkommensbesteuerung kann allerdings nichts zugunsten der Beschwerdeführer abgeleitet werden. Aufwendungen für die Erlangung einer Erbschaft schmälern die erlangte Erbschaft, die gestützt auf Art. 24 lit. a DBG nicht der Einkommenssteuer unterliegt. Die von den Beschwerdeführern getätigten Aufwendungen stellen somit keine Gewinnungskosten für steuerbare Einkünfte im Sinne von Art. 25 DBG dar, sondern können allenfalls - nach Massgabe der einschlägigen kantonalen Regelung - bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer steuermindernd in Anrechnung gebracht werden (vgl. § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Januar 1980 [SGS 334], wonach die Erbschafts- und Schenkungssteuer auf dem vom Steuerpflichtigen erworbenen "reinen Vermögen" erhoben wird).
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5.3. Weil die Kosten von Fr. 27'308.-- dazu dienten, die Erbschaft und damit das Vermögen überhaupt erst zu erlangen, fehlt es den Kosten bereits an einer wirtschaftlichen Konnexität mit steuerbaren Einkünften. Die Frage nach der zeitlichen Konnexität der Kosten stellt sich nicht mehr, weshalb auf die Ausführungen der Beschwerdeführer und der Vorinstanzen zum Periodizitätsprinzip bzw. zur periodengerechten Zuordnung der zum Abzug geltend gemachten Kosten nicht weiter einzugehen ist.
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5.4. Aus denselben Gründen gehen auch die Vorbringen der Beschwerdeführer ins Leere, soweit sie die "entscheidenden Erwägungen" des Kantonsgerichts als unhaltbar erachten und darin Verletzungen von Art. 9 BV und Art. 29 Abs. 2 BV erblicken, die wiederum eine Verletzung von Art. 127 Abs. 2 BV (Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) zur Folge hätten. Da die getätigten Aufwendungen weder Vermögensverwaltungskosten gemäss Art. 32 Abs. 1 DBG darstellen noch sonst den Charakter von Gewinnungskosten im Sinne von Art. 25 DBG aufweisen, ist es nicht willkürlich, wenn die geltend gemachten Kosten von den Vorinstanzen steuerlich nicht zum Abzug zugelassen worden sind. Dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird im Gegenteil dadurch zum Durchbruch verholfen, dass Kosten für die Bewahrung des Vermögens (Art. 32 Abs. 1 DBG) und für die Erlangung von steuerbaren Vermögenszugängen (Art. 25 DBG) zum Abzug zugelassen werden, nicht aber jene Kosten, die mit der Erzielung einkommenssteuerfreier Einkünfte im Zusammenhang stehen.
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Erwägung 6
 
 
Erwägung 7
 
 
Erwägung 8
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
5. 
 
Lausanne, 14. Oktober 2013
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Errass
 
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