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Informationen zum Dokument  BGer 5A_319/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_319/2013 vom 17.10.2013
 
{T 0/2}
 
5A_319/2013
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Schöbi,
 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Nobs,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Schöbi,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Eheschutz,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 2. April 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. X.________ (Ehemann, geb. 1961) und Y.________ (Ehefrau, geb. 1982) heirateten am 3. Mai 2002. Sie haben drei Töchter (geb. 2005, 2007, 2008).
1
 
B.
 
B.a. Am 25. August 2011 leitete die Ehefrau beim Kreisgericht Rheintal (SG) ein Eheschutzverfahren ein. In dessen Verlauf schlossen die Parteien am 11./14. Juni 2012 eine vorläufige Vereinbarung, namentlich über die Betreuung der Töchter.
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B.b. Das Gericht holte einen Sozialbericht bei der zuständigen Vormundschaftsbehörde ein, welcher am 4. August 2012 einging. Der Familienrichter des Kreisgerichts hörte am 23. August 2012 die älteste Tochter persönlich an.
3
B.c. Mit Eheschutzurteil vom 14. November 2012 wies das Kreisgericht die eheliche Liegenschaft der Ehefrau zu, wobei der Ehemann bis spätestens am 30. November 2012 auszuziehen habe (Ziff. 2). Es stellte die Töchter unter die Obhut der Mutter (Ziff. 3), sprach dem Vater ein 14-tägliches Wochenendbesuchsrecht sowie drei Wochen Ferien pro Jahr zu (Ziff. 4) und errichtete eine Beistandschaft gemäss Art. 308 ZGB (Ziff. 5). Weiter verpflichtete das Gericht den Ehemann ab 1. Dezember 2012 zur Bezahlung eines Unterhaltsbeitrags von Fr. 600.-- zuzüglich allfälliger Kinderzulagen an jede Tochter sowie Fr. 715.-- an die Ehefrau (Ziff. 6).
4
 
C.
 
C.a. Hiergegen erhob der Ehemann am 26. November 2012 Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen. Er verlangte die Aufhebung der Ziffern 2, 3, 4 und 6 des erstinstanzlichen Urteils. Das Haus sei ihm zuzuweisen, wobei die Ehefrau dieses innert 2 Wochen ab Rechtskraft des Entscheides zu verlassen habe. Die Kinder seien unter seine Obhut zu stellen, der Ehefrau sei entsprechend ein Besuchsrecht einzuräumen und diese sei zu verpflichten, an den Unterhalt der Töchter einen Betrag in noch festzulegender Höhe zu entrichten. Im Hinblick auf den letzten Punkt beantragte er, die Ehefrau sei zur Auskunft über ihre Erwerbstätigkeit, ihr Einkommen und Vermögen sowie zur Edition entsprechender Dokumente zu verpflichten. Seiner Berufung sei aufschiebende Wirkung zu gewähren. Die Zuweisung der Liegenschaft, eventualiter auch ein ausgedehnteres Besuchsrecht, sei überdies superprovisorisch anzuordnen. Schliesslich ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege.
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C.b. Mit Verfügung vom 29. November 2012 erteilte das Kantonsgericht in Bezug auf die Ziffern 2, 3, 4 und 6 des erstinstanzlichen Urteils superprovisorisch die aufschiebende Wirkung. Es wies darauf hin, dass weiterhin die Parteivereinbarung vom 11./14. Juni 2012 gelte (vgl. B.a).
6
C.c. Das Kantonsgericht gewährte beiden Parteien die unentgeltliche Rechtspflege, wies aber die Berufung mit Entscheid vom 2. April 2013 ab, soweit es darauf eintrat. Es setzte dem Ehemann Frist, bis spätestens 30. April 2013 aus der ehelichen Liegenschaft auszuziehen, und es verpflichtete ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung zugunsten der Ehefrau.
7
 
D.
 
D.a. Vor Bundesgericht verlangt der Ehemann (Beschwerdeführer) die Aufhebung dieses Entscheides und wiederholt im Wesentlichen die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge (Abänderung der Ziff. 2, 3, 4 und 6 des erstinstanzlichen Urteils, vgl. C.a). Zudem seien die kantonalen Gerichts- und Parteikosten neu zu verlegen. Seiner Berufung sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Obhut für die Kinder sei ihm als vorsorgliche Massnahme per sofort zu übertragen oder ihm zumindest ein ausgedehnteres Besuchsrecht zu gewähren. Nur eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
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D.b. Am 2. Mai 2013 gewährte das Bundesgericht bezüglich Auszug des Beschwerdeführers aus der Liegenschaft vorerst superprovisorisch einen Aufschub.
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D.c. Mit Verfügung vom 16. Mai 2013 hat der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde für folgende Ziffern des erstinstanzlichen Urteils die aufschiebende Wirkung erteilt: 2 (Nutzung der ehelichen Liegenschaft), 3 (Zuteilung der Obhut über die Töchter), 4 (Besuchsrecht) und 6 (Unterhalt des Beschwerdeführers an die Kinder). Im Übrigen wies er das Gesuch um aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen ab.
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D.d. Mit Postaufgabe vom 16. August 2013 reichte der Beschwerdeführer unaufgefordert weitere Beweismittel ein und stellte einen Zeugenantrag. Die Beschwerdegegnerin nahm am 28. August 2013 dazu Stellung. Am 13. September 2013 erfolgte eine weitere unaufgeforderte Noveneingabe des Beschwerdeführers.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Urteil in einer streitwertunabhängigen Zivilsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 74, Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG), womit die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist.
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1.2. Weil Eheschutzentscheide vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG darstellen (BGE 133 III 393 E. 5.2 S. 397), kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt. Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es sodann nicht aus, die Lage aus Sicht des Beschwerdeführers darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Die Aufhebung eines angefochtenen Entscheids rechtfertigt sich erst, wenn sich dieser nicht nur in der Begründung als unhaltbar erweist, sondern er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 5; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 319).
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1.3. Im Übrigen dürfen bei der Beschwerde in Zivilsachen keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395).
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2. Umstritten ist vorliegend in erster Linie die Obhutszuteilung.
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2.1. Das mit der "Regelung des Getrenntlebens" (Marginalie zu Art. 176ZGB) befasste Eheschutzgericht trifft nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses die nötigen Massnahmen, wenn die Ehegatten minderjährige Kinder haben (Art. 176 Abs. 3 ZGB). Für die Zuteilung der Obhut an einen Elternteil gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie im Scheidungsfall. Nach der Rechtsprechung hat das Wohl des Kindes Vorrang vor allen anderen Überlegungen, insbesondere vor den Wünschen der Eltern. Vorab muss die Erziehungsfähigkeit der Eltern geklärt werden. Ist diese bei beiden Elternteilen gegeben, sind vor allem Kleinkinder und grundschulpflichtige Kinder demjenigen Elternteil zuzuteilen, der die Möglichkeit hat und dazu bereit ist, sie persönlich zu betreuen. Erfüllen beide Elternteile diese Voraussetzung ungefähr in gleicher Weise, kann die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Schliesslich ist - je nach Alter der Kinder - ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen. Diesen Kriterien lassen sich die weiteren Gesichtspunkte zuordnen, namentlich die Bereitschaft eines Elternteils, mit dem anderen in Kinderbelangen zusammenzuarbeiten oder die Forderung, dass eine Zuteilung der Obhut von einer persönlichen Bindung undechter Zuneigung getragen sein sollte (vgl. BGE 136 I 178 E. 5.3 S. 180 f.; 115 II 206 E. 4a S. 209; zuletzt Urteil 5A_157/2012 vom 23. Juli 2012 E. 3.1 mit weiteren Hinweisen, in: FamPra.ch 2012, 1094).
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2.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Parteien während desehelichen Zusammenlebens eine klassische Rollenteilung lebten. Der Ehemann ging einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit nach, während die Ehefrau die Kinder betreute. Die Parteien trennten sich am 25. August 2011, was aus der Trennungsvereinbarung sowie den ersten übereinstimmenden Aussagen der Parteien hervorgehe. Die Beschwerdegegnerin zog in der Folge zu ihrem neuen Lebenspartner. Ab Oktober 2011 bis April 2012 war der Beschwerdeführer krankgeschrieben und in der Folge arbeitslos. Für diese Zeit stellte die Vorinstanz sich widersprechende Aussagen der Parteien in Bezug auf die Betreuung der Kinder fest. Ab diesem Zeitpunkt wolle der Vater - mit Hilfe seiner Eltern - praktisch alleine für die Kinder gesorgt haben. Die Beschwerdegegnerin behaupte aber ihrerseits, die Kinder weiterhin grösstenteils alleine betreut zu haben. Mit Vereinbarung vom 11./14. Juni 2012 einigten sich die Parteien dann auf eine Kinderbetreuungsregelung, wonach die Töchter im Haus in A.________ wohnen und die Eltern sie dort abwechslungsweise betreuen sollten (Vater: Sonntag Abend bis Mittwoch Morgen und Freitag Abend bis Samstag Morgen; Mutter: Mittwoch Morgen bis Freitag Abend; Wochenenden abwechslungsweise), wobei diese Regelung bis heute praktiziert werde.
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2.3. Der Beschwerdeführer rügt den Obhutsentscheid in verschiedener Hinsicht als willkürlich.
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2.3.1. Willkür sieht er namentlich darin, dass die Vorinstanz von der Empfehlung des Sozialberichts abgewichen ist.
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2.3.2. Weiter rügt er die Beurteilung seiner Eigenbetreuungskapazität als willkürlich. Die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass er arbeitslos sei und die Kinder vollumfänglich betreuen könne. Es müsse von einer langfristigen Arbeitslosigkeit ausgegangen werden, da er mehrere Risikofaktoren auf sich vereine (Alter 52, fehlender Fachausweis, Burnout vor eineinhalb Jahren). Damit sei er auf lange Frist in der Lage, persönlich für die Kinder zu sorgen.
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2.3.3. Auch die Beurteilung der Eigenbetreuungskapazität der Beschwer degegnerin empfindet er als willkürlich. Die Ehefrau könne und müsse arbeiten gehen, da alle drei Kinder bereits in den Kindergarten oder die Schule gehen. Sie lebe seit zehn Jahren in der Schweiz, sei Schweizer Bürgerin und es sei ihr ohne weiteres möglich, Hilfsarbeiten in einer Küche oder im Pflege- oder Putzbereich etc. auszuführen, respektive könne sie an einem Integrations- oder Beschäftigungsprogramm teilnehmen, um ihre Vermittelbarkeit zu erhöhen.
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2.3.4. Im Zusammenhang mit der Obhutszuteilung macht der Beschwerdeführer sodann eine formelle Rechtsverweigerung resp. eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend.
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2.4. Nach dem Gesagten lag die getroffene Obhutsregelung im Ermessensspielraum der Vorinstanz (vgl. vorstehend E. 2.1 letzter Abschnitt). Die Beschwerde ist insofern abzuweisen.
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3. Sodann rügt der Beschwerdeführer Willkür bei der Zuweisung der Liegenschaft in A.________ an die Beschwerdegegnerin.
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3.1. Nach Art. 176 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB regelt das Eheschutzgericht auf Begehren eines Ehegatten die Benützung der Wohnung und des Hausrats, wenn die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts begründet ist.
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3.2. Die Vorinstanz hielt fest, dass sich die Liegenschaft im Alleineigen tum des Beschwerdeführers befindet. Im Juni 2011 seien die Parteien gemeinsam dort eingezogen, es handle sich damit um eine Familienwohnung im Sinne von Art. 162 und Art. 176 ZGB. Anlässlich der Eheschutzverhandlung habe der Beschwerdeführer ausgesagt, die Ehefrau sei kurz nach dem Erwerb der Liegenschaft ausgezogen und habe praktisch nie dort gelebt (Trennung im August 2011, E. 2.2).
26
3.3. Der Beschwerdeführer bringt nun vor, die Vorinstanz habe willkürlich angenommen, dass es sich überhaupt um eine "eheliche" Wohnung im Sinne von Art. 176 ZGB gehandelt habe.
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3.3.1. Die Ausführungen des Beschwerdeführers gehen über weite Strecken an der Sache vorbei und erschöpfen sich in Behauptungen. Wäre die Trennung tatsächlich vor dem Umzug erfolgt, hätte der Beschwerdeführer nach dem allgemeinen Kenntnisstand Belege vorlegen können (z.B. hätte aus der Anmeldung bei der Gemeinde A.________ hervorgehen müssen, dass er sich alleine mit den Kindern angemeldet hat). Vorliegend tragen aber vom Beschwerdeführer selbst eingereichte amtliche Dokumente auch für die Beschwerdegegnerin die Anschrift der ehelichen Liegenschaft (z.B. Einstellungsverfügung des Untersuchungsamts C.________ vom 6. Dezember 2011, Beschwerdebeilage 1; Steuerveranlagungsberechnung der Gemeinde B.________ vom 13. Juli 2011 an beide Ehegatten, Beschwerdebeilage 15). Weiter lauten diverse vom Beschwerdeführer eingereichte Kontoauszüge von Konti der Beschwerdegegnerin bei der Bank D.________ und der Bank E.________, welche von der zweiten Jahreshälfte 2011 datieren, ebenfalls auf die Adresse in A.________ (Beschwerdebeilage 6). Die Beschwerdegegnerin hätte ihre Adresse kaum auf A.________ ändern lassen, wenn die Trennung bereits vor dem Umzug stattgefunden hätte. Überdies sprechen auch die von der Vorinstanz genannte Vereinbarung und die Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich der Eheschutzverhandlung klar gegen dessen heutige Version. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann er schliesslich aus der Tatsache, dass die Ehefrau im Haus über kein eigenes Zimmer verfüge. Daraus lässt sich kein Rückschluss auf das Trennungsdatum ziehen.
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Vor diesem Hintergrund ist keine Willkür ersichtlich, wenn die Vorinstanz die Liegenschaft in A.________ als eheliche Wohnung qualifizierte.
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3.3.2. Seine zusätzliche Kritik, sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, indem auf gewisse Eingaben (in welchen er dargelegt haben will, dass die Ehefrau freiwillig aus- und zu ihrem Freund gezogen sei), istebenfalls unbegründet. Aus der Freiwilligkeit oder Nichtfreiwilligkeit des Auszugs allein lässt sich weder auf ein bestimmtes Trennungsdatum schliessen noch sagt es etwas darüber aus, ob die Parteien ursprünglich in A.________ ehelichen Wohnsitz nahmen. Entsprechend brauchte sich die Vorinstanz dazu nicht zu äussern (vgl. auch vorstehend E. 2.3.4).
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3.3.3. Unbegründet ist auch seine Rüge, die Vorinstanz habe Art. 8 ZGB willkürlich angewendet. Die Beschwerdegegnerin sei in Bezug auf den Charakter der Liegenschaft in A.________ als Familienwohnung und den effektiven Einzug beweisbelastet gewesen. Mangels Beweis hätte ihr die Wohnung nicht zugewiesen werden dürfen.
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3.4. Sodann rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe die zu berücksichtigenden Zuweisungskriterien willkürlich angewendet.
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3.4.1. Zu den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien ist auf vorstehende E. 3.1 zu verweisen. Vorliegend ist unbestritten, dass die drei Kinder seit Juni 2011 in der Liegenschaft zu Hause sind. Sie besuchen am Ort den Kindergarten resp. die Schule. In solchen Fällen ist es grundsätzlich gerechtfertigt, schwergewichtig auf das Interesse der Kinder, in ihrem gewohnten Umfeld bleiben zu können, abzustützen.
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3.4.2. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente betreffen die erst in zweiter Linie zu berücksichtigenden Kriterien (sein persönliches Affektionsinteresse, sein Alleineigentum). Was zudem die von ihm vorgebrachten finanziellen Gründe betrifft, so wiederholt er in seiner bundesgerichtlichen Beschwerde im Wesentlichen seine bereits im kantonalen Verfahren eingebrachten Argumente. Mit der Begründung der Vorinstanz, weshalb diese Gründe nicht berücksichtigt werden könnten, setzt er sich nicht in rechtsgenüglicher Weise auseinander (E. 1.2), weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Er legt auch nicht dar, weshalb es willkürlich sein sollte, auf die vorrangigen Interessen der Kinder abzustützen.
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3.4.3. Ebenfalls nicht zu folgen ist ihm schliesslich, soweit er beanstandet, die Vorinstanz habe sein rechtliches Gehör verletzt, indem sie von ihm angebotene Beweise zu den Zuweisungskriterien, welche zu seinen Gunsten gesprochen hätten (namentlich Zeugenbefragung seiner Eltern), stillschweigend übergangen habe.
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3.4.4. Nicht einzutreten ist sodann auf seine Kritik im Zusammenhang damit, dass der Beschwerdeführerin mit der Liegenschaft auch die Wohnungsausstattung zugewiesen wurde. Die Beschwerde genügt hier den Rügeanforderungen nicht (E. 1.2).
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4. Zu prüfen bleibt der Eventualantrag des Beschwerdeführers, im Falle der Obhutszuteilung an die Ehefrau seien die von ihm geschuldeten Kinderunterhaltsbeiträge ab Rechtskraft des Beschwerdeentscheids auf Fr. 125.-- pro Monat und Kind zu reduzieren; der Unterhaltsbeitrag an die Ehefrau sei ganz zu streichen.
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4.1. Die Vorinstanz hielt bezüglich Unterhalt fest: "Für den Fall der Obhutszuteilung an die Mutter stellt er (der Beschwerdeführer) kein - und damit auch kein beziffertes - Rechtsbegehren". Auch nachdem die Ehefrau die von ihm verlangten Unterlagen eingereicht habe, sei von seiner Seite kein bezifferter Antrag erfolgt. Die Vorinstanz erwog, dies genüge nicht für ein Eintreten auf die Berufung in diesem Punkt. Weiter befand sie: "Selbst wenn man auf das Begehren eintreten wollte, würde sich nichts zu Gunsten des Ehemanns ändern, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen". Aus dieser Formulierung erhellt, dass die Vorinstanz die materiellen Kritikpunkte des Beschwerdeführers nicht einlässlich prüfte.
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4.2. Im Berufungsverfahren sind Rechtsbegehren zu stellen. Auf Geldzahlungen gerichtete Anträge sind zu beziffern und zwar unabhängig von einer allfälligen Anwendbarkeit der Untersuchungs- und Offizialmaxime und unter Gewärtigung der Nichteintretensfolge (ausführlich BGE 137 III 617 E. 4.2 bis 4.5 S. 618 ff.). Werden die Rechtsbegehren erstmals vor dem Bundesgericht beziffert, haben diese als neu im Sinne von Art. 99 Abs. 2 BGG zu gelten und sind entsprechend unzulässig (Urteil 5A_807/2012 vom 6. Februar 2013 E. 4.2 und 4.3).
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4.3. Vorliegend hatte der Beschwerdeführer in der Berufung eine Übertragung der Obhut an sich selbst verlangt. Weiter beantragte er:
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4.4. Der Beschwerdeführer führt nun aus, mit vorgenanntem Rechtsbegehren habe er hinsichtlich des Unterhalts ein von der Obhutszuteilung unabhängiges Rechtsbegehren gestellt, welches auch für den Fall einer Obhutszuteilung an die Ehefrau gelte. Somit liege auch für diesen Fall ein formell gültiges Rechtsbegehren vor. Die Vorinstanz sei folglich willkürlich nicht eingetreten.
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4.5. Gemäss Art. 276 Abs. 2 ZGB wird der Unterhalt eines Kindes durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlung geleistet. Nachdem das Gesetz davon ausgeht, dass die Eltern entweder Geld oder Pflege und Erziehung leisten - und da der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer nicht explizit etwas anderes verlangte -, musste die Vorinstanz nicht davon ausgehen, dass der Antrag (die Mutter müsse Kindesunterhalt bezahlen) auch für den Fall gelten sollte, dass die Obhut der Mutter zugeteilt würde. Keine andere Auslegung ergibt sich für den Ehegattenunterhalt. Dieses zweite Begehren war lediglich durch einen Strichpunkt vom Antrag zum Kindesunterhalt abgegrenzt und damit den selben Voraussetzungen unterworfen. Weshalb die Vorinstanz zu einem anderen Schluss hätte kommen müssen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dass allenfalls auch eine andere Auslegung des Begehrens möglich gewesen wäre, rechtfertigt eine Aufhebung des Nichteintretensentscheids nicht (vgl. E. 1.2).
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Erwägung 5
 
5.1. Infolge der Abweisung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer die eheliche Liegenschaft der Beschwerdegegnerin und den Kindern zu überlassen. Nachdem ihm im bundesgerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung gewährt wurde, ist indes diesbezüglich eine neue Frist anzusetzen.
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5.2. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und er hat die Beschwerdegegnerin für ihre Stellungnahme zur beantragten aufschiebenden Wirkung zu entschädigen, da sie diesbezüglich zumindest teilweise obsiegt hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege wird somit gegenstandslos.
44
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 200.-- zu entschädigen.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Oktober 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
 
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