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Informationen zum Dokument  BGer 5D_155/2013  Materielle Begründung
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BGer 5D_155/2013 vom 22.10.2013
 
{T 0/2}
 
5D_155/2013
 
 
Urteil vom 22. Oktober 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht,
 
5. Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.
 
Gegenstand
 
Entschädigung eines unentgeltlichen Anwalts (Eheschutz),
 
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, vom 17. Juni 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid (Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG; für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde i.V.m. Art. 114 resp. Art. 117 BGG) betreffend Festsetzung der Entschädigung des unentgeltlichen Anwalts in einem Eheschutzverfahren, mithin ein unmittelbar mit Zivilrecht zusammenhängender öffentlich-rechtlicher Entscheid im Sinne von Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG (Urteil 5A_199/2012 vom 31. Mai 2012 E. 1.3). Vor der letzten kantonalen Instanz war einzig das Honorar strittig; der massgebende Streitwert richtet sich folglich nach diesem Betrag (vgl. Urteile 5A_480/2013 vom 22. August 2013 E. 1; 5A_396/2012 vom 5. September 2012 E. 1.2). Angesichts der verlangten Entschädigung von rund Fr. 6'000.-- ist der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Wie sich aus dem Nachfolgenden ergibt, rügt der Beschwerdeführer Willkür resp. willkürliche Rechtsanwendung, mithin Verfassungsverletzungen. Verfassungsrechtliche Fragen können im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) beurteilt werden, so dass sich - entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers - die Annahme einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) nicht rechtfertigt (BGE 134 I 184 E. 1.3.3 S. 188).
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1.2. Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG). Es gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Das Bundesgericht prüft nur in der Beschwerde selbst klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Vorbringen und appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
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1.3. Bei der Festsetzung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands verfügen die kantonalen Instanzen über ein weites Ermessen. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz dieses willkürlich ausgeübt hat ( BGE 122 I 1 E. 3a S. 2; 118 Ia 133 E. 2b S. 134; zuletzt Urteil 5A_480/2013 vom 22. August 2013 E. 2.2).
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Erwägung 2
 
2.1. Nach § 3 Abs. 1 lit. b AnwT beträgt die Grundentschädigung in nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten des ordentlichen Verfahrens nach dem mutmasslichen Aufwand des Anwalts sowie nach der Bedeutung und der Schwierigkeit des Falles Fr. 1'210.-- bis Fr. 14'740.--. In Summarsachen, worunter auch Eheschutzsachen fallen, beträgt die Grundentschädigung 25-100 % dieser Ansätze (§ 3 Abs. 2 AnwT). Durch die Grundentschädigung sind Instruktion, Aktenstudium, rechtliche Abklärungen, Korrespondenz und Telefongespräche sowie eine Rechtsschrift und die Teilnahme an einer behördlichen Verhandlung abgegolten (§ 6 Abs. 1 AnwT). Für zusätzliche Rechtsschriften und Verhandlungen erhöht sich die Grundentschädigung um je 5-30 %, wobei überflüssige Eingaben nicht in Betracht fallen (§ 6 Abs. 3 AnwT).
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2.2. Das Obergericht erwog, vorliegend sei von einem durchschnittlichen Eheschutzverfahren auszugehen. Die Grundentschädigung in einem solchen durchschnittlichen Verfahren betrage gemäss der in AGVE 2002 S. 78 dargelegten obergerichtlichen Praxis Fr. 2'500.--. Ausserdem seien dem Beschwerdeführer für zusätzliche Eingaben gemäss § 6 Abs. 3 AnwT Zuschläge von insgesamt 40 % der Grundentschädigung zu gewähren. Daraus ergab sich eine Entschädigung von total Fr. 4'279.50 (Grundhonorar Fr. 2'500.--, Zuschlag 40 % Fr. 1'000.--, Auslagen Fr. 462.50, Mehrwertsteuer Fr. 317.--).
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Erwägung 3
 
3.1. Für willkürlich hält er insbesondere, dass der gesetzlich vorgegebene Rahmen für die Gerichtsgebühren prozentual stärker ausgeschöpft worden sei, als der Rahmen für die Honorarentschädigung.
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3.2. Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, das vorliegend zu beurteilende Eheschutzverfahren, welches über ein Jahr gedauert habe, sei von der Vorinstanz willkürlich als "durchschnittliches" Verfahren beurteilt worden. Seiner Ansicht nach dauert ein durchschnittliches Eheschutzverfahren vier, längstens fünf Monate.
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3.3. Weiter rügt der Beschwerdeführer als willkürlich, dass die Vorinstanz zwar von einem durchschnittlichen Verfahren ausgegangen sei, ihm dann aber gerade nicht eine durchschnittliche Grundentschädigung zugesprochen habe. Unter "durchschnittlicher Grundentschädigung" versteht er dabei den Mittelwert des gemäss § 3 Abs. 2 AnwT für die Grundentschädigung vorgegebenen Rahmens (vgl. E. 2.1). Er führt aus, der Mittelwert betrage Fr. 4'584.--. Somit habe die Grundentschädigung für ein durchschnittliches Verfahren Fr. 4'584.-- und nicht Fr. 2'500.-- zu betragen.
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3.4. Im Zusammenhang mit dem Grundhonorar kritisiert der Beschwerdeführer sodann, es sei missbräuchlich, auf eine Praxis aus dem Jahre 2002 abzustützen. Damit werde die Teuerung nicht berücksichtigt. Auch sei mit dem Inkrafttreten der ZPO per 1. Januar 2011 das Verfahren erheblich aufwendiger geworden als davor, so dauerten heute beispielsweise Eheschutzverhandlungen einen halben Tag anstatt wie früher maximal zwei Stunden. Eine Entschädigung, welche auf Überlegungen aus dem Jahr 2002 basiere, könne daher per se nicht gerecht sein.
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3.5. Die weiteren Ausführungen bezüglich des strittigen Honorars sind appellatorischer Natur (behauptetes Missverhältnis zwischen dem Anstieg von Richterlöhnen gegenüber den Anwaltsentschädigungen; Respektlosigkeit gegenüber Anwälten, die Mandate mit unentgeltlicher Prozessführung annehmen müssten). Diesbezüglich sind die Rügeanforderungen nicht erfüllt (E. 1.2).
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Erwägung 4
 
4.1. In erster Linie kritisiert er, dass die Vorinstanz ihm drei Viertel (Fr. 675.--) der Gerichtskosten des kantonalen Beschwerdeverfahrens auferlegte. Infolge der Verurteilung zu den Kosten stehe er trotz teilweiser Gutheissung seiner Beschwerde (und der damit verbundenen Erhöhung seiner Entschädigung) unter dem Strich schlechter da als zuvor. Es ergebe sich faktisch eine "Minderentschädigung" von Fr. 134.50 resp. nach Aufrechnung seiner Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren ein Minus von über Fr. 1'000.--. Wenn die Vorinstanz auf Beschwerde hin die Honorarentschädigung erhöhe, im Gegenzug aber Verfahrenskosten auferlege, verunmögliche sie faktisch eine Beschwerdeführung gegen ungenügend hohe Entschädigungen, was sich als willkürlich erweise. Dies sei umso stossender, als der entschädigungspflichtige Staat quasi in eigener Sache über die Höhe der Entschädigung des eingesetzten Rechtsvertreters entscheide.
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4.2. Der Beschwerdeführer rügt weiter, es erweise sich als krass willkürlich, wenn in Verfahren betreffend Fixierung der Entschädigung Verfahrenskosten erhoben werden könnten. Er ist der Ansicht, es dürften keine Verfahrenskosten erhoben werden, wie dies Art. 119 Abs. 6 ZPO für das eigentliche Gesuchsverfahren vorgebe. Er sieht hierin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, wobei diesbezüglich auf vorstehende Erwägung 1.1 verwiesen werden kann.
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4.3. Im Zusammenhang mit den Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens ruft der Beschwerdeführer Art. 9 BV sodann an, weil ihm die Vorinstanz trotz seines teilweisen Obsiegens keine Parteientschädigung zugesprochen habe. Es könne nicht sein, dass ein Anwalt allein deshalb zusätzlichen Aufwand habe, weil die Erstinstanz die Höhe seiner Entschädigung zu tief fixiert habe. Er verlangt vom Bundesgericht, ihm sei für das zweitinstanzliche Verfahren eine angemessene Entschädigung zuzusprechen (Rechtsbegehren Ziff. 3).
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Erwägung 5
 
5.1. Die Vorinstanz führte hierzu aus, der Antrag betreffend Zins sei erst in der Beschwerde gestellt worden; das Begehren sei damit im Sinne von Art. 326 Abs. 1 ZPO neu und unzulässig, weshalb hierauf nicht einzutreten sei.
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5.2. Der Beschwerdeführer rügt diesbezüglich Willkür, die Beschwerdeschrift erschöpft sich aber in appellatorischen Ausführungen (sinngemäss: es bestehe trotz Regelungsbedarf keine gesetzliche Regelung, wann die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands zu bezahlen resp. innert welcher Frist diese zu überprüfen sei; er habe in der Kostennote eine Überweisung innert 3 Wochen, d.h. bis zum 8. Januar 2013, erbeten; die Festsetzung habe ab Einreichung seiner Kostennote Monate gedauert; Rechtsanwälte müssten alle Leistungen vorfinanzieren; es entspreche nicht Art. 9 BV, wenn Entschädigungsbegehren monatelang in der Schublade liegen gelassen würden). Mit der Begründung der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer indes nicht auseinander, weshalb zum vornherein auf die Rüge nicht einzutreten ist (E. 2.1).
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Erwägung 6
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
Lausanne, 22. Oktober 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
 
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