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Informationen zum Dokument  BGer 5A_544/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_544/2013 vom 28.10.2013
 
{T 0/2}
 
5A_544/2013, 5A_545/2013
 
 
Urteil vom 28. Oktober 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Matthias  Stein-Wigger, Präsident,
 
2. Tamara  Blatter, Gerichtsschreiberin,
 
beide am Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Ausstand, Zuständigkeit (Rechtsöffnung),
 
Beschwerden gegen die Verfügungen des Präsidenten des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 28. Juni 2013 in den Verfahren BEZ.2013.41 (5A_544/2013) und BEZ.2013.42 (5A_545/2013).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt (Besetzung: Matthias Stein-Wigger als Präsident und Tamara Blatter als a.o. Gerichtsschreiberin) erteilte mit Entscheid vom 23. November 2012 der A.________ GmbH gegenüber der X.________ AG definitive Rechtsöffnung für die Beträge von Fr. 8'074.80 nebst Zinsen und Fr. 930.80 sowie Betreibungskosten von Fr. 73.-- (Verfahren V.2012.682 des Zivilgerichts). Der begründete Entscheid wurde der X.________ AG am 5. Juni 2013 zugestellt.
1
 
B.
 
Die X.________ AG wandte sich am 10. Juni 2013 (so die Eigendatierung der Eingabe; Postaufgabe gemäss Eingangsstempel des Zivilgerichts 18. Juni 2013; Datum der angeblichen Übergabe der Eingabe an das Schweizer Generalkonsulat in Frankfurt am Main unbekannt) an das Zivilgericht und verlangte im Verfahren V.2012.682 die Aufhebung des Entscheids vom 23. November 2012 und den Ausstand von Präsident Stein-Wigger und von Gerichtsschreiberin Blatter.
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C.
 
Mit separaten Eingaben, je vom 9. Juli 2013 (Übergabe an das Schweizer Generalkonsulat in Frankfurt am Main), hat die X.________ AG (Beschwerdeführerin) zwei Beschwerden in Zivilsachen eingereicht, die sich gegen die erwähnten Verfügungen des Appellationsgerichts vom 28. Juni 2013 in den Verfahren BEZ.2013.41 (5A_544/2013) und BEZ.2013.42 (5A_545/2013) richten. Sie verlangt die Aufhebung der beiden Verfügungen und die Rückweisung der beiden Verfahren an das Zivilgericht zur Behandlung ihrer Eingaben vom 10. Juni 2013.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
In den beiden Verfahren 5A_544/2013 und 5A_545/2013 hat die Beschwerdeführerin zwei praktisch identische Beschwerden zur Klärung derselben Rechtsfrage erhoben, nämlich ob das Appellations- oder das Zivilgericht die Ausstandsgesuche vom 10. Juni 2013 behandeln muss, die beide nach Erlass des jeweiligen Sachurteils eingereicht worden sind. Die Gesuche betreffen ausserdem dieselben Gerichtspersonen. Es rechtfertigt sich demnach, die beiden Beschwerdeverfahren zu vereinigen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 3 BZP [SR 273] e contrario).
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Erwägung 2
 
Die angefochtenen Verfügungen des Appellationsgerichts sind selbständig eröffnete Zwischenentscheide über die Zuständigkeit (Art. 92 Abs. 1 BGG). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). In der Hauptsache geht es um eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG) vermögensrechtlicher Natur, wobei der massgebliche Streitwert in keinem der beiden Verfahren erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Da die aufgeworfene Rechtsfrage in der Lehre allerdings umstritten und vom Bundesgericht bisher nicht geklärt wurde, rechtfertigt sich die Annahme einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG; vgl. BGE 139 III 182 E. 1.2 S. 184 f. mit Hinweisen), worauf sich die Beschwerdeführerin denn auch beruft. Das Appellationsgericht als obere und letzte kantonale Gerichtsinstanz hat die Eingaben der Beschwerdeführerin als Rechtsmittelschriften qualifiziert und die beiden umstrittenen Verfügungen insoweit in einem Rechtsmittelverfahren erlassen (Art. 75 BGG; BGE 137III 424 E. 2.2 S. 426 mit Hinweisen; BGE 138 III 41 E. 1.1 S. 42). Die Beschwerden sind rechtzeitig erfolgt (Art. 100 Abs. 1 BGG).
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Erwägung 3
 
3.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, mit ihren Eingaben vom 10. Juni 2013 an das Zivilgericht habe sie die Aufhebung der zivilgerichtlichen Entscheide vom 23. November bzw. 4. Dezember 2012 gemäss Art. 51 Abs. 1 ZPO verlangt. Diese Spezialbestimmung schliesse die Anfechtung des Entscheides mit einem Rechtsmittel im eigentlichen Sinne aus. Zuständig zur Behandlung eines solchen Antrags sei das Zivilgericht.
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3.2. Was zunächst die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs betrifft (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 53 Abs. 1 ZPO), so ist darauf nicht einzutreten, soweit sie sich gegen das Verhalten des Zivilgerichts richtet (Art. 75 BGG). Nicht ersichtlich ist des Weiteren, weshalb das Appellationsgericht die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Qualifikation ihrer Eingaben vom 10. Juni 2013 nochmals hätte anhören müssen. Angesichts der gesetzlichen Ausgangslage (Art. 51 Abs. 3 ZPO; vgl. sogleich E. 3.4) musste die Beschwerdeführerin bereits bei Einreichung ihrer Eingaben damit rechnen, dass zu diesem Zeitpunkt ein gewöhnliches Ausstands- bzw. Wiederholungsgesuch nicht mehr zulässig sein könnte, so dass sie sich von Anfang an zu den verschiedenen in Frage kommenden alternativen Qualifikationen ihrer Eingaben hätte äussern können. Was schliesslich die Sistierungsgesuche betrifft, so enthalten die angefochtenen Verfügungen des Appellationsgerichts noch gar keine Äusserung dazu.
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3.3. Mit den Eingaben vom 10. Juni 2013 verlangt die Beschwerdeführerin zweierlei, nämlich einerseits den Ausstand der am zivilgerichtlichen Urteil mitwirkenden Personen (vgl. Art. 49 Abs. 1 ZPO) und andererseits die Aufhebung der Urteile, an denen diese Personen mitgewirkt haben (vgl. Art. 51 Abs. 1 ZPO). Sie hat die beiden Eingaben vom 10. Juni 2013 dem Zivilgericht unbestrittenermassen erst eingereicht, nachdem sie die (begründeten) Urteile in der Sache erhalten hatte. Sie behauptet denn auch, erst durch die begründete Fassung von der Mitwirkung der beiden abgelehnten Gerichtspersonen erfahren zu haben.
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3.4. Gemäss Art. 51 Abs. 3 ZPO gelten die Bestimmungen über die Revision, wenn der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt wird.
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3.5. Die Beschwerden in Zivilsachen sind folglich abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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Erwägung 4
 
Bei diesem Ausgang der Verfahren wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 5A_544/2013 und 5A_545/2013 werden vereinigt.
 
2. Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
3. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 2'000.-- (je Fr. 1'000.-- pro Verfahren) werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, der A.________ GmbH, B.________ und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. Oktober 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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