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Informationen zum Dokument  BGer 4A_347/2013  Materielle Begründung
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BGer 4A_347/2013 vom 07.11.2013
 
{T 0/2}
 
4A_347/2013
 
 
Urteil vom 7. November 2013
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Berti,
 
Gerichtsschreiber Luczak.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Genossenschaft X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Zahradnik,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Maag,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Hinterlegung des Mietzinses,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. Juni 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Entscheide über vorsorgliche Massnahmen gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbstständig eröffnete Massnahmeentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (BGE 138 III 46 E. 1 S. 46 ff., 76 E. 1.2 S. 79, 333 E. 1.2 S. 334 f.; je mit Hinweisen).
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1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, angefochten sei ein kantonal letztinstanzlicher mietrechtlicher Massnahmeentscheid betreffend die vorsorgliche Freigabe von hinterlegten Mietzinsen, womit die Beschwerde in Zivilsachen gemäss dem Urteil des Bundesgerichts 5A_198/2012 vom 24. August 2012 zulässig sei. Der Entscheid, auf den sie sich beruft, betrifft eine Eheschutz-Massnahme. Diese sind nach der bundesgerichtlichen Praxis Endentscheide gemäss Art. 90 BGG (BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.; 134 II 137 E. 1.3.2 S. 140). Die Beschwerdeführerin beruft sich somit darauf, dass die streitgegenständliche vorsorgliche Massnahme in vergleichbarer Weise einen Endentscheid darstellt.
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1.3. Das Bundesgericht hat noch unter der Geltung des OG eine vorsorgliche Massnahme, mit der während eines hängigen Hauptverfahrens ein Teil des von den Mietern hinterlegten Mietzinses zugunsten der Vermieterin freigegeben wurde, nicht als berufungsfähigen Endentscheid im Sinn von Art. 48 Abs. 1 OG qualifiziert. Die Mieter hatten geltend gemacht, es handle sich um einen derartigen Entscheid, weil damit endgültig über ihren Anspruch, der Vermieterin einen Teil des Mietzinses bis zum Verfahrensabschluss vorzuenthalten, entschieden worden sei. Ebenso sei endgültig über die Zuweisung der hinterlegten Miete im Sinn von aArt. 259i Abs. 1 OR entschieden worden. Das Bundesgericht erkannte, mit der vorsorglichen Massnahme sei nicht in der Sache über die Ansprüche der Mieter entschieden worden, da sie sich weder über das Vorliegen von Mängeln der Mietsache noch über eine deswegen begründete Reduktion des Mietzinses ausspreche. Es trat daher auf die Berufung nicht ein (Urteil des Bundesgerichts 4C.35/2003 vom 3. Juni 2003 E. 1.1 und 1.2).
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1.4. Im vorliegenden Verfahren gemäss BGG kann diese Frage nicht offenbleiben.
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1.4.1. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen Zwischenentscheide zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47, 333 E. 1.3.1 S. 335; je mit Hinweisen). In der früheren Rechtsprechung im Anwendungsbereich des OG hat das Bundesgericht wie dargelegt (vgl. E. 1.3 hiervor) bei Zwischenentscheiden, mit denen vorsorgliche Massnahmen erlassen oder verweigert wurden, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil regelmässig bejaht (BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 87 mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung). In einem neueren publizierten Entscheid erwog es jedoch, es sei fraglich, ob an diesem Verständnis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils festgehalten werden könne. Jedenfalls sei in Zukunft zu fordern, dass ein Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung aufzeige, inwiefern ihm im konkreten Fall ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur drohe. Es entspreche denn auch konstanter Rechtsprechung zu Art. 93 Abs. 1 BGG, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darzulegen habe, inwiefern die Beschwerdevoraussetzungen nach dieser Bestimmung erfüllt seien, ansonsten auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten sei (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 327 ff.; Urteil des Bundesgerichts 4A_567/2012 vom 9. April 2013 E. 1.1).
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1.4.2. Somit bleibt zu prüfen, ob ein Endentscheid vorliegt. Vorweg ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nichts daraus ableiten kann, dass nach der Rechtsprechung Entscheide über Eheschutzmassnahmen als Endentscheide qualifiziert werden, denn solche müssen nicht prosequiert werden und schliessen ein selbstständiges Verfahren ab (vgl. auch FELIX UHLMANN, Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 12 zu Art. 90 BGG).
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Die Hinterlegung nach Art. 259g OR ist ein Erfüllungssurrogat. Sie dient der Verwirklichung des Anspruchs auf Mängelbeseitigung und soll dem Mieter ein Druckmittel zur Durchsetzung seines Beseitigungsanspruchs in die Hand geben (BGE 125 III 120 E. 2b S. 122; 124 III 201 E. 2d S. 203 mit Hinweisen, namentlich auf die Botschaft des Bundesrats; Urteil des Bundesgerichts 4A_739/2011 vom 3. April 2012 E. 2.3). Sie hat einen provisorischen Charakter (zit. Urteil 4C.35/2003 E. 2.2). Der hinterlegte Mietzins fällt dem Vermieter zu, wenn der Mieter nicht innert 30 Tagen seine Ansprüche gegen den Vermieter vor der Schlichtungsstelle geltend macht (Art. 259h OR). Sinn und Zweck von Art. 259h OR ist es, sicherzustellen, dass die Hinterlegung eine vorübergehende Massnahme bleibt und mit dem Entscheid in der Hauptsache über die geltend gemachten Mängel dahinfällt ( RAYMOND BISANG UND ANDERE, Das Schweizerische Mietrecht: Kommentar, 3. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 259h OR; vgl. auch FABIENNE BYRDE, Vorsorgliche Massnahmen im Mietrecht: Eine Untersuchung der neueren Rechtsprechung, mp 2006, S. 157 ff. und 231 ff., S. 254). Die Hinterlegung des Mietzinses ist daher eine Massnahme, die losgelöst von einem Hauptverfahren nicht Bestand haben kann.
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Fraglich ist jedoch, ob dies auch für eine vorsorgliche Massnahme gilt, mit welcher ein Teil des hinterlegten Betrages freigegeben wird. Diese beendet die Hinterlegung im Umfang des frei gewordenen Betrages. Bei einem materiellen Verständnis des Begriffs Endentscheid könnte man daher schliessen, über den Hinterlegungsanspruch sei in diesem Sinn endgültig und damit mit einem Endentscheid geurteilt worden. Die Abgrenzung des Endentscheids gemäss BGG beruht jedoch auf einem prozessualen und nicht einem materiellen Verständnis ( FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, S. 491 Rz. 2730). Die angefochtene vorsorgliche Massnahme beschränkt den Umfang der getätigten Hinterlegung. Sie schliesst aber kein Verfahren ab und ist, wie die Hinterlegung selbst, mit dem Hauptverfahren verknüpft. Es handelt sich demnach um einen Zwischenentscheid (vgl. E. 1.1 hiervor).
8
Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden.
9
 
Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
Lausanne, 7. November 2013
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Luczak
 
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