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Informationen zum Dokument  BGer 1C_143/2013  Materielle Begründung
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BGer 1C_143/2013 vom 11.11.2013
 
{T 0/2}
 
1C_143/2013
 
 
Urteil vom 11. November 2013
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Mattle.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Höchli,
 
gegen
 
Y.________ AG,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Gemeinderat Muri,
 
Seetalstrasse 6, 5630 Muri,
 
Regierungsrat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5000 Aarau.
 
Gegenstand
 
Baubewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 28. November 2012 des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
4.1. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Von der beschwerdeführenden Person kann die Feststellung des Sachverhalts wiederum nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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4.2. Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Titel "Sachverhalt" vor, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass eine Umnutzung ihres in der Nähe der geplanten Mobilfunkanlage liegenden Grundstücks (Parzelle Nr. 2308) geplant sei. In tatsächlicher Hinsicht ging allerdings auch die Vorinstanz davon aus, dass auf diesem Grundstück, auf welchem sich heute Industrie- und Gewerbebauten befänden, ein grösseres Bauvorhaben geplant sei. Ob die zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Bewilligung der projektierten Mobilfunkanlage in genügender Weise berücksichtigt haben, dass eine Umnutzung dieses Grundstücks geplant ist, ist keine Tat-, sondern eine Rechtsfrage, auf die noch einzugehen sein wird (vgl. E. 6.2 nachfolgend).
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4.3. Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass der Regierungsrat die von der Gemeinde Muri am 20. Juni 2012 beschlossene Zonenplanänderung am 31. Oktober 2012 genehmigt habe. Ausserdem sei im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids bereits klar gewesen, dass gegen die Zonenplanänderung kein Widerstand zu erwarten sei, was die Vorinstanz verneint habe.
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Sofern die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz überhaupt in genügender Weise vorgebracht und begründet hat, vermag sie damit nicht durchzudringen. Der Umstand, dass der Regierungsrat am 31. Oktober 2012 die Zonenplanänderung der Gemeinde Muri genehmigt hat, ist für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht entscheidend. Das Gleiche gilt für die Frage, ob im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids Widerstand gegen die Zonenplanänderung zu erwarten war oder nicht.
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4.4. Soweit die Beschwerdeführerin sich weiter zum Sachverhalt äussert, rügt sie nicht, die Vorinstanz habe die entscheidwesentlichen Tatsachen offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich festgestellt, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen nicht weiter einzugehen ist.
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Erwägung 5
 
 
Erwägung 6
 
6.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Parzelle Nr. 2308 sei zu Unrecht nicht als unüberbautes Grundstück im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c NISV eingestuft worden. Die Vorinstanz ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, die Parzelle Nr. 2308 sei mit Industrie- und Gewerbebauten überbaut, welche derzeit vermietet seien und provisorisch genutzt würden. Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht (substanziiert) bestritten. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz zu Recht geschlossen, es handle sich bei der Parzelle Nr. 2308 nicht um ein unüberbautes Grundstück. Zwar hat das Bundesgericht in BGE 128 II 340 E. 4.1 S. 350 angedeutet, es erscheine denkbar, Art. 3 Abs. 3 lit. c NISV analog anzuwenden auf Ruinengrundstücke oder auf ausserordentlich untergenutzte Parzellen (vgl. auch Urteil 1C_400/2008 vom 19. Oktober 2009 E. 3.1 mit Hinweisen). Von einem Ruinengrundstück oder einer ausserordentlich untergenutzten Parzelle kann aber nicht ausgegangen werden, wenn auf einem Grundstück - wie vorliegend - verschiedene Industrie- und Gewerbebauten vorhanden sind, die vermietet sind und provisorisch genutzt werden. Daran ändert auch der Einwand der Beschwerdeführerin nichts, die bestehenden Gebäude befänden sich in einem schlechten Zustand.
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6.2. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, bei der Auswahl der Orte mit empfindlicher Nutzung sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, dass auf der Parzelle Nr. 2308 eine Wohnüberbauung und damit eine Umnutzung geplant sei.
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6.2.1. Nach der Regelung von Art. 3 Abs. 3 NISV ist bei bereits überbauten Grundstücken (im Gegensatz zu unüberbauten Grundstücken) für die Auswahl der Orte mit empfindlicher Nutzung auf die im Zeitpunkt der Baubewilligung bestehende Nutzung abzustellen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im Grundsatz auch dann, wenn bereits überbaute bzw. teilweise überbaute Grundstücke unter Berücksichtigung des Bau- und Planungsrechts noch Reserven für empfindliche Nutzungen aufweisen (BGE 128 II 340 E. 3.7 S. 349; Urteil 1C_154/2009 vom 27. April 2010 E. 5.4.2 mit Hinweisen). Nicht ausgenützte Nutzungsreserven auf teilweise überbauten Grundstücken sind daher grundsätzlich erst im Zeitpunkt ihrer Realisierung als Orte mit empfindlicher Nutzung zu betrachten. Erst in diesem Zeitpunkt muss also der Anlagegrenzwert eingehalten und hierfür allenfalls die Sendeleistung der Mobilfunkanlage reduziert oder diese ganz abgebaut werden (Urteil 1C_400/2008 vom 19. Oktober 2009 E. 3.1).
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6.2.2. Vorliegend hat die Gemeinde Muri am 20. Juni 2012 eine Zonenplanänderung beschlossen, die eine Wohnüberbauung auf der Parzelle Nr. 2308 ermöglichen soll. Die Zonenplanänderung wurde vom Regierungsrat am 31. Oktober 2012 genehmigt und ist inzwischen in Rechtskraft erwachsen. Allein aus dem Umstand, dass die geltende Nutzungsordnung nach einer Zonenplanänderung ein Erweiterungsvorhaben grundsätzlich ermöglicht, kann allerdings nicht geschlossen werden, ein hinreichend konkretisiertes Erweiterungsvorhaben stehe mit grosser Wahrscheinlichkeit bevor.
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6.2.3. Die Baubewilligungsbehörde hatte somit im Bewilligungsverfahren für die geplante Mobilfunkanlage bei der Auswahl der Orte mit empfindlicher Nutzung nicht zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin auf der Parzelle Nr. 2308 eine Wohnüberbauung plant. Der angefochtene Entscheid widerspricht Art. 3 Abs. 3 NISV nicht. Ob und unter welchen Voraussetzungen in vergleichbaren Fällen nicht erst gestützt auf ein konkretes Baugesuch oder die öffentliche Auflage eines Projekts, sondern allenfalls bereits gestützt auf einen rechtskräftigen Gestaltungsplan angenommen werden könnte, ein hinreichend konkretisiertes Erweiterungsvorhaben stehe mit grosser Wahrscheinlichkeit bevor, kann vorliegend offen bleiben, da ein rechtkräftiger Gestaltungsplan im Zeitpunkt der Bewilligung für die Mobilfunkanlage bzw. des angefochtenen Entscheids unbestrittenerweise nicht vorlag.
10
 
Erwägung 7
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
Lausanne, 11. November 2013
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Mattle
 
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