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Informationen zum Dokument  BGer 4A_423/2013  Materielle Begründung
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BGer 4A_423/2013 vom 13.11.2013
 
{T 0/2}
 
4A_423/2013
 
 
Urteil vom 13. November 2013
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Kolly,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Geiser Ch.,
 
Gerichtsschreiber Kölz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Niederöst,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Erbengemeinschaft X.________,
 
bestehend aus:
 
1. B.X.________,
 
2. C.X.________,
 
3. D.X.________,
 
4. E.X.________,
 
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Dohner,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Mietvertrag, Kündigungsschutz,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 4. Juli 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
1. Das zwischen der Erbengemeinschaft X.________ als Vermieterin und der Firma "R.________ GmbH" als Mieterin bestehende Mietverhältnis wurde von der Vermieterin per 28. Februar 2010 gekündigt. Diese Kündigung wurde nicht angefochten, ist somit rechtsgültig und rechtswirksam.
1
2. Mit Schreiben vom 11. Februar 2010 teilte die Rechtsanwältin der "R.________ GmbH" dem Rechtsanwalt der Vermieterin mit, dass die R.________ GmbH per 31. Dezember 2009 ihre Geschäftstätigkeit aufgegeben und die Bilanz deponiert habe. Weiter wird in diesem Schreiben bestätigt, dass zwischen der R.________ GmbH und A.________ kein Untermietverhältnis besteht.
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3. Seit dem 1. Januar 2010 führt A.________ faktisch den Gastronomiebetrieb Q.________ auf eigene Rechnung. Die Vermieterin wurde hierüber vorgängig weder informiert noch um ihre Zustimmung ersucht. Die Vermieterin hat auch nie eine Zustimmung dafür erteilt. A.________ anerkennt somit die Tatsache, dass er das Q.________ zur Zeit ohne Rechtsgrundlage betreibt.
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4. A.________ wünscht von der Vermieterin den Abschluss eines Mietvertrages mit ihm als neuem Mieter.
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5. Die Erbengemeinschaft X.________ verzichtet zur Zeit auf das ihr grundsätzlich zustehende Recht von A.________ das sofortige Verlassen des Mietobjekts zu verlangen und ist bereit, mit A.________ Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Mietvertrages zu führen. Insbesondere aufgrund von in den Bereichen "Grundausbau" und "Mieterausbau" noch vorzunehmender Abklärungen ist hierfür aber noch ein längerer Zeitraum erforderlich.
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6. Bis zum Abschluss eines allfälligen Mietvertrages oder bis zur Erklärung der Erbengemeinschaft X.________, dass diese Verhandlungen endgültig gescheitert sind, zahlt A.________ für die Lokalitäten eine Benutzungsgebühr, welche der Höhe des bisherigen Mietzinses und der Nebenkosten entspricht.
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7. A.________ erklärt sich unwiderruflich bereit, die Räumlichkeiten an der L.________-Strasse in M.________ sofort zu verlassen, wenn feststeht, dass zwischen den Parteien kein Mietvertrag zustandekommt. Dieser Zeitpunkt ist dann eingetreten, wenn die Erbengemeinschaft X.________ per Einschreiben A.________ davon in Kenntnis setzt. Verletzt A.________ diese Pflicht, kann die Erbengemeinschaft X.________ die sofortige Ausweisung verlangen. A.________ schuldet diesfalls im Sinne einer Konventionalstrafe zusätzlich zu den Ausweisungskosten eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- für jeden Tag bis zum definitiven Verlassen der Lokalitäten."
7
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
5.1. Das Mietverhältnis kann gemäss Art. 255 Abs. 1 OR befristet oder unbefristet sein. Befristet ist es, wenn es ohne Kündigung mit Ablauf der vereinbarten Dauer endigen soll (Art. 255 Abs. 2 OR). Die übrigen Mietverhältnisse gelten als unbefristet (Art. 255 Abs. 3 OR). Es obliegt demnach den Vertragsparteien, das Mietverhältnis als befristetes oder unbefristetes auszugestalten. Untersteht ein Mietvertrag einer Resolutivbedingung, deren Eintritt von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängt, ist er nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf bestimmte Zeit abgeschlossen und damit befristet im Sinne von Art. 255 Abs. 2 OR. Derartige Vereinbarungen sind zulässig und haben zur Folge, dass keine Kündigung erforderlich ist und die Vorschriften von Art. 271 und 271a OR betreffend Anfechtbarkeit der Kündigung nicht anwendbar sind (BGE 121 III 260 E. 5a; Urteil 4C.234/1997 vom 7. Oktober 1997 E. 3a sowie bereits BGE 56 II 189 S. 190-193; vgl. die Kritik an dieser Rechtsprechung bei Weber, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N. 4a f. zu Art. 255 OR mit weiteren Hinweisen; zustimmend dagegen etwa Heinrich, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl. 2012, N. 3 zu Art. 255 OR; Maag, Auflösung eines resolutiv bedingten Mietvertrages, Mietrecht Aktuell 1/96 S. 19; siehe ferner Giger, Berner Kommentar, 2013, N. 59-61 sowie 88 f. zu Art. 255 OR).
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5.2. Indessen bleibt zu prüfen, ob die in Ziffer 7 der Vereinbarung getroffene Regelung unter den vorliegenden Umständen der missbräuchlichen 
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5.2.1. Mit der Frage der Gesetzesumgehung im Mietrecht hat sich das Bundesgericht vor Kurzem angesichts eines Falles befasst, in dem die Parteien mehrere aufeinanderfolgende befristete Mietverträge eingegangen waren. Es befand nach eingehender Würdigung der Interessenlage der Parteien, der Abschluss von derartigen Kettenmietverträgen sei mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmung grundsätzlich zulässig. Dagegen stelle es eine verbotene Gesetzesumgehung dar, wenn der Vermieter beabsichtige, ein langfristiges Mietverhältnis einzugehen, aber stattdessen den Abschluss mehrerer befristeter Mietverträge wähle mit dem einzigen Zweck, zwingende gesetzliche Bestimmungen ausser Kraft zu setzen. Die Abgrenzung zwischen der zulässigen Wahl einer gesetzlich vorgesehenen Rechtsfigur und dem Missbrauch der Wahlmöglichkeit - so die Vorinstanz allgemein - setze eine Beurteilung der im Einzelfall vorliegenden Umstände voraus. Dabei obliege die Beweislast für die Gesetzesumgehung dem Mieter, der sich auf die umgangene Bestimmung berufe (BGE 139 III 145 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen; vgl. zum Arbeitsrecht etwa BGE 129 III 618 E. 6.2).
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5.2.2. Der vorliegende Fall, wie er sich nach dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt präsentiert, erlaubt nicht den Schluss darauf, dass es den Beschwerdegegnern in Ziffer 7 der Vereinbarung darum gegangen wäre, die Bestimmungen des Mieterschutzes bei unbefristeten Mietverhältnissen über Wohn- und Geschäftsräume auszuschalten bzw. deren Zweck zu vereiteln:
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Erwägung 6
 
 
Erwägung 7
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
Lausanne, 13. November 2013
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Kölz
 
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