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Informationen zum Dokument  BGer 5A_145/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_145/2013 vom 18.11.2013
 
{T 0/2}
 
5A_145/2013
 
 
Urteil vom 18. November 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
3. C.________,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Toni Fischer,
 
Beschwerdeführerinnen,
 
gegen
 
1. D.________,
 
2. E.________,
 
3. F.________,
 
alle drei vertreten durch
 
Rechtsanwalt Hans Hegetschweiler,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Erbteilung (Gewinnbeteiligungsrecht, Zinsen),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 16. Januar 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. G.________ war als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes Eigentümerin eines bäuerlichen Betriebes. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 27. Juli 1962 verkaufte sie den Betrieb an ihren Sohn H.________. Der Kaufpreis betrug Fr. 40'000.--, wovon Fr. 20'000.-- durch Übernahme der Hypothek und Fr. 20'000.-- durch Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts für G.________ und ihre Tochter I.________ auf dem Hof zu begleichen waren. In Ziff. 4 der "Weiteren Bestimmungen" des Kaufvertrages hielten die Parteien fest, sie betrachteten das Geschäft steuerrechtlich als Erbvorbezug und beanspruchten deshalb die Befreiung von den Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuern. Ziff. 7 lautete sodann wie folgt:
1
B. Am 15. Januar 2008 klagte J.________ beim Bezirksgericht Affoltern gegen die Erben von H.________, nämlich D.________, E.________ und F.________ (Beschwerdegegner), und verlangte, sie zur Zahlung von Fr. 421'192.-- nebst Zins zu 5 % auf Fr. 314'592.-- seit 15. April 1977 und auf Fr. 106'600.-- seit 9. Juni 1977 zu verpflichten. Er verlangte damit die Hälfte des Fr. 3.--/m2 übersteigenden Verkaufserlöses aus den beiden Verkaufsgeschäften von 1977 und stützte sich dazu auf Ziff. 7 des Kaufvertrages von 1962.
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C. Am 14. Februar 2012 erhoben die Beschwerdegegner gegen dieses Urteil Berufung, mit der sie die Abweisung der Klage verlangten. Die Beschwerdeführerinnen erhoben Anschlussberufung, mit der sie die Bezahlung von Fr. 413'322.-- verlangten, zuzüglich Zins zu 5 % seit 15. April 1977 auf Fr. 308'752.-- und seit 9. Juni 1977 auf Fr. 104'570.--.
3
D. Am 18. Februar 2013 haben die Beschwerdeführerinnen gegen dieses Urteil Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangen, das obergerichtliche Urteil zu bestätigen, soweit es um die Verurteilung zur Zahlung von Fr. 413'322.-- geht. Hingegen sei es aufzuheben, soweit ihre Klage abgewiesen worden sei und demgemäss seien die Beschwerdegegner zu verpflichten, den Beschwerdeführerinnen auf dem Betrag von Fr. 308'752.-- 5 % Zins seit 15. April 1977 und auf dem Betrag von Fr. 104'570.-- 5 % Zins seit 9. Juni 1977 zu bezahlen. Die kantonale Kostenverteilung sei zu bestätigen. Für den Fall, dass das Bundesgericht es ablehnen sollte, auf den vorliegenden Fall erbrechtliche Teilungsregeln anzuwenden, beantragen sie, die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit dieses prüfe, ob ihre Ansprüche auf vertragliche Grundsätze (Vertrag zugunsten Dritter) gestützt werden könnten.
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Erwägungen:
 
1. Die rechtzeitig eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen mit Beschwerde in Zivilsachen anfechtbaren Entscheid (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig. Nicht einzutreten ist auf das Begehren, die nicht angefochtenen Urteilsbestandteile zu bestätigen.
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2. Das Obergericht hat festgehalten, dass die Klage erbrechtlicher Natur sei und es sich um eine Erbteilungs- bzw. Ausgleichungsklage handle.
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3. Vor Bundesgericht ist nur noch die Frage umstritten, ob die Forderung der Beschwerdeführerinnen verzinst werden muss.
7
4. Das Obergericht hat den Kaufvertrag von 1962 zu Recht als gemischte Schenkung und in der Folge als Erbvorbezug eingestuft. Die Beschwerdeführerinnen machen zwar geltend, dass keine Zuwendung beabsichtigt gewesen sei. Sie bestreiten jedoch nicht, dass ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem - selbst nach der Ertragswertmethode bemessenen - Wert des übereigneten landwirtschaftlichen Betriebs vorgelegen habe und dass dieses Missverhältnis den Parteien habe bewusst sein müssen (zum Begriff der Zuwendung BGE 126 III 171 E. 3 S. 173 ff.). Auf diese Qualifikation als Erbvorbezug kommt es jedoch nicht an und es geht auch nicht unmittelbar um die Ausgleichung des unentgeltlich Empfangenen. Im Vordergrund steht vielmehr das in Ziff. 7 der "Weiteren Bestimmungen" des Kaufvertrags von 1962 vereinbarte Gewinnbeteiligungsrecht, aus dem die Beschwerdeführerinnen ihren Anspruch ableiten. Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung sollte gemäss der Regelung im Kaufvertrag von 1962 G.________ zu ihren Lebzeiten als Gläubigerin zustehen und mit ihrem Tod in ihren Nachlass fallen. In letzterem Falle sollte der Gewinn nach erbrechtlichen Regeln zu teilen sein.
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5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführerinnen die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie haben die Beschwerdegegner zudem angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Sowohl die Gerichtskosten wie auch die Parteientschädigung tragen sie zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 5 und Art. 68 Abs. 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3. Die Beschwerdeführerinnen haben die Beschwerdegegner unter solidarischer Haftbarkeit mit insgesamt Fr. 9'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. November 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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