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Informationen zum Dokument  BGer 5A_397/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_397/2013 vom 03.12.2013
 
{T 0/2}
 
5A_397/2013, 5A_398/2013
 
 
Urteil vom 3. Dezember 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
 
Gerichtsschreiber Zingg.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
5A_397/2013
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Seiler,
 
Beschwerdeführer,
 
und
 
5A_398/2013
 
Y.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Seiler, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Konkursmasse der Z.________ AG in Liquidation, p.A. Albert Amacher, a.o. Konkursverwalter,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Kollokationsklagen,
 
Beschwerden gegen die Entscheide des
 
Obergerichts des Kantons Nidwalden,
 
Zivilabteilung, vom 29. November 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 31. Oktober 2002 kaufte die Z.________ AG von S.________ die Grundstücke Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, zum Preis von Fr. 220'000.--.
1
A.b. Am 27. Mai 2004 eröffnete der Einzelrichter in Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Nidwalden den Konkurs über die Z.________ AG.
2
A.c. Am 11. Februar 2005 verfügte der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises VI Signau-Trachselwald (auf Begehren von Gläubigern im Konkurs der Z.________ AG in Liq.), dass auf den Liegenschaften Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, der Anspruch auf Eigentumsübertragung mit grundpfändlichem Bestand vom 10. Februar 2005 zugunsten der Konkursmasse der Z.________ AG in Liq. sofort vorzumerken sei.
3
A.d. Am 18. April 2005 erhoben zwei Gläubiger im Konkurs der Z.________ AG in Liq. eine paulianische Anfechtungsklage gegen die W.________ AG. Das Bezirksgericht Bremgarten hiess die Klage mit Urteil vom 7. November 2006 gut (bestätigt durch das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 20. September 2007). Mit diesem Urteil wurde die Konkursmasse der Z.________ AG in Liq. um die Grundstücke Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, erweitert und die W.________ AG verpflichtet, die Zuführung der Grundstücke in die Vollstreckung zu dulden.
4
A.e. Mit Pfandvertrag und Indossament vom 13. Juli 2007 übertrug die W.________ AG zwei der fraglichen Namenschuldbriefe (Nrn. 2002-1362 und 2002-1364; je im Betrag von Fr. 200'000.--, lastend auf den Grundstücken Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, im ersten und dritten Rang) als Grundpfänder auf X.________. Gleichentags übertrug die W.________ AG einen weiteren Namenschuldbrief (Nr. 2002-1365; im Betrag von Fr. 200'000.--, lastend auf den Grundstücken Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, im vierten Rang) als Grundpfand auf die Y.________ AG.
5
A.f. Am 21. Mai 2008 eröffnete das Gerichtspräsidium Lenzburg den Konkurs über die W.________ AG.
6
A.g. Mit Verfügungen vom 10. August 2009 wies das Konkursamt Nidwalden die von X.________ und der Y.________ AG angemeldeten Forderungen und Pfandrechte ab. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Einzelrichter in Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Nidwalden am 12. März 2010 als gegenstandslos abgeschrieben, nachdem das Konkursamt die angefochtenen Verfügungen in Wiedererwägung gezogen hatte. Die parallel erhobenen Kollokationsklagen von X.________ und der Y.________ AG vom 31. August 2009 wurden am 15. März 2010 ebenfalls als gegenstandslos abgeschrieben.
7
A.h. Am 21. Juli 2010 meldeten sowohl X.________ als auch die Y.________ AG beim a.o. Konkursverwalter der Z.________ AG in Liq. erneut grundpfandgesicherte Forderungen an, und zwar in der Höhe von Fr. 322'395.95 (Forderung von X.________) bzw. Fr. 124'441.95 inkl. Zinsen (Forderung der Y.________ AG). Am 11. August 2010 wurden der Kollokationsplan und das zweite Lastenverzeichnis aufgelegt und publiziert. Beide angemeldeten Forderungen und die entsprechenden Pfandrechte wurden abgewiesen.
8
 
B.
 
B.a. Am 30. August 2010 erhob X.________ Kollokationsklage, mit der er die Berücksichtigung seiner Forderung von Fr. 322'395.95 verlangte. Die Y.________ AG verlangte mit separater Kollokationsklage vom selben Tag die Berücksichtigung ihrer Forderung von Fr. 124'441.95.
9
B.b. Dagegen erhoben sowohl X.________ als auch die Y.________ AG Berufung an das Obergericht des Kantons Nidwalden. Beide beantragten jeweils die Aufhebung des sie betreffenden Urteils des Kantonsgerichts und verlangten, den a.o. Konkursverwalter anzuweisen, ihre jeweilige Forderung im Betrag von Fr. 322'395.95 zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Juli 2010 (X.________) bzw. Fr. 124'441.95 zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Juli 2010 (Y.________ AG) als grundpfandgesicherte Forderung, eventuell als faustpfandgesicherte Forderung, zu kollozieren und als solche in die Lastenverzeichnisse betreffend Grundstücke Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, mit Grundpfandrecht, eventuell Faustpfandrecht, im ersten und dritten Rang (X.________) bzw. vierten Rang (Y.________ AG) aufzunehmen.
10
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
4.1. Das Obergericht ist zu Recht vom Grundsatz ausgegangen, dass die Anfechtungsbeklagte (W.________ AG) die Konkursmasse so zu stellen hat, wie wenn die anfechtbare Handlung nicht vorgenommen worden wäre (Art. 291 SchKG; BGE 136 III 341 E. 3 S. 343; 130 III 235 E. 6.2 S. 239; 98 III 44 E. 3 S. 46; Thomas Bauer, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs II, 2. Aufl. 2010, N. 2 zu Art. 291 SchKG). In tatsächlicher Hinsicht hat das Obergericht dabei angenommen, die Schuldbriefe seien zum Zeitpunkt des Kaufvertrags vom 24. Juli 2003 unbelastete Eigentümerschuldbriefe gewesen. Es hat gefolgert, die zwischenzeitliche Verwendung der Schuldbriefe durch die W.________ AG könne nicht beachtet werden, da sonst die Konkursmasse nicht so gestellt würde, wie wenn die anfechtbare Handlung nie vorgenommen worden wäre.
11
4.2. Dieser Prüfung vorauszuschicken ist, dass die W.________ AG am 21. Mai 2008 in Konkurs gefallen ist (oben lit. A.f). Auch nach ihrem Konkurs ist sie Eigentümerin der Grundstücke Nrn. 1520 und 3011, GB A.________, die im Konkurs der Z.________ AG in Liq. verwertet werden. Im Konkursverfahren welcher der beiden Gesellschaften die Grundstücke verwertet werden müssten bzw. ob der erfolgten Anfechtung dingliche oder bloss obligatorische Wirkung zukommt (vgl. BGE 106 III 40 E. 3 S. 43 f.; Bauer, a.a.O., N. 12 und 24 zu Art. 291 SchKG), ist nicht zu erörtern. Das für die Abwicklung des Konkurses der W.________ AG in Liq. zuständige Konkursamt scheint die Verwertung der Grundstücke im Konkurs der Z.________ AG in Liq. zu dulden und die Parteien äussern sich dazu nicht.
12
4.3. Gegenstand des Kollokationsprozesses (Art. 250 Abs. 1 SchKG) ist die Feststellung, inwieweit die streitigen Gläubigeransprüche bzw. die vorliegend geltend gemachten Grundpfandrechte im Konkurs zu berücksichtigen sind, wobei zur Prüfung der strittigen Rechtsverhältnisse vorfrageweise materielles Recht anzuwenden ist (BGE 137 III 487 E. 3 S. 491 mit Hinweis). Darüber hinaus ist die Konkursverwaltung befugt, den geltend gemachten Ansprüchen die Einrede der Anfechtbarkeit i.S. von Art. 285 ff. SchKG (paulianische Einrede) entgegenzuhalten (BGE 114 III 110 E. 2 S. 111).
13
4.3.1. Eine paulianische Einrede wäre dann begründet, wenn die Beschwerdeführer bösgläubige Dritte wären (Art. 290 SchKG). Unter dem bösgläubigen Dritten wird der Rechtsnachfolger (Singularsukzessor) des Anfechtungsbeklagten verstanden, der um den Bestand der Anfechtungsschuld wusste (BGE 130 III 235 E. 6.1.1 S. 239; 135 III 513 E. 7.1 S. 524 f.). Als Singularsukzession kommt auch eine bloss teilweise Rechtsnachfolge in Frage, so wie dies bei der Einräumung eines Pfandrechts der Fall ist (vgl. Urteil 5A_210/2007 vom 7. Februar 2008 E. 5; Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl. 1997/99, N. 7 zu Art. 290 SchKG). Als bösgläubiger Dritter ist anzusehen, wer die Umstände, die die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründeten, kannte oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte kennen müssen. Massgebend ist der Zeitpunkt der Rechtsnachfolge (Singularsukzession) und nicht der Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung (BGE 135 III 513 E. 7.1 S. 525 mit Hinweisen).
14
4.3.2. Sollte keine paulianische Einrede erhoben worden sein oder erweist sie sich als unbegründet, so hat die Vorinstanz zu prüfen, ob die geltend gemachten Forderungen bzw. Pfandrechte materiellrechtlich Bestand haben oder nicht. Das angefochtene Urteil äussert sich diesbezüglich nicht, da es die Konkurseingaben der Beschwerdeführer aus betreibungsrechtlichen Gründen für unbeachtlich erachtet hat. Im Rahmen der rechtsgenüglich ins kantonale Verfahren eingebrachten Vorbringen und Beweismittel wird die Vorinstanz demnach zu prüfen haben, ob und wann die vorliegend strittigen Pfandrechte den Beschwerdeführern eingeräumt wurden und welche Forderungen mit welchem Zinsfuss und Zinsbeginn mit ihnen gesichert wurden bzw. noch werden.
15
4.3.3. Zur Beurteilung der offenen Fragen erweist sich folgende Sachverhaltsrüge der Beschwerdeführer als wesentlich (Art. 97 Abs. 1 BGG) : Sie verweisen zu Recht darauf, dass gemäss den Akten X.________ der W.________ AG bereits am 15. September 2004 ein Darlehen gewährt hat und er im Gegenzug die vier Schuldbriefe im ersten, dritten, vierten und fünften Rang erhalten hat (Klagebeilage 5 im Verfahren von X.________ bzw. Klagebeilage 6 im Verfahren der Y.________ AG). Aus den Akten folgt sodann, dass am 13. Juli 2007 vereinbart wurde, das Darlehen von X.________ bloss noch mit den Schuldbriefen ersten und dritten Ranges zu sichern (Klagebeilage 6 im Verfahren von X.________) und gleichentags vereinbart wurde, ein Darlehen der Y.________ AG an die W.________ AG mit dem Schuldbrief im vierten Rang zu sichern, der ihr von der W.________ AG zu übergeben sei (Klagebeilage 7 im Verfahren der Y.________ AG). Die Vorinstanz ist demgegenüber davon ausgegangen, bei den Pfandverträgen vom 13. Juli 2007 handle es sich um die erste Verwendung der Schuldbriefe durch die W.________ AG. Auf den früheren, aktenkundigen Vertrag vom 15. September 2004 ist sie weder eingegangen noch hat sie erläutert, weshalb dieses Aktenstück allenfalls unbeachtlich sein könnte. Ebenso wenig hat sie das Verhältnis dieses früheren Vertrags zu den späteren vom 13. Juli 2007 behandelt. Auf all dies wird sie - soweit notwendig - im Rückweisungsverfahren einzugehen haben.
16
4.4. Die Beschwerden sind somit gutzuheissen und die Verfahren an das Obergericht zur erneuten Behandlung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.
17
 
Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
5. 
 
Lausanne, 3. Dezember 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg
 
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