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Informationen zum Dokument  BGer 4A_242/2013  Materielle Begründung
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BGer 4A_242/2013 vom 05.12.2013
 
{T 0/2}
 
4A_242/2013
 
 
Urteil vom 5. Dezember 2013
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Kolly,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Al. Brunner,
 
Gerichtsschreiberin Schreier.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Advokatin Natalie Matiaska,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivilrecht, Bahnhofplatz 16, Postfach 635, 4410 Liestal,
 
Beschwerdegegner,
 
1. Versicherung X.________ AG,
 
vertreten durch Advokat Raymond Marti,
 
2. Versicherung Y.________ AG,
 
vertreten durch Advokat Dr. Thomas Kaufmann,
 
Verfahrensbeteiligte.
 
Gegenstand
 
unentgeltliche Rechtspflege,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des
 
Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
 
Abteilung Zivilrecht, vom 26. Februar 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Mit Verfügung vom 18. Dezember 2012 wies die instruierende Bezirksgerichtspräsidentin das Gesuch des Klägers wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens ab und verpflichtete diesen, bis zum 21. Januar 2013 einen Gerichtskostenvorschuss von Fr. 10'000.-- zu bezahlen und eine Sicherheit von Fr. 60'000.-- für die Parteientschädigung der Beklagten 1 zu leisten.
1
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
2.1. Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die für die Prozessführung erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Die vom Bundesgericht zum Begriff der Aussichtslosigkeit gemäss Art. 29 Abs. 3 BV entwickelte Praxis ist auch für die Auslegung von Art. 117 lit. b ZPO zu berücksichtigen (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218). Als aussichtslos sind demnach Begehren anzusehen, bei welchen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218; 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen).
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2.2. Die Vorinstanz hat ausgeführt, strittig seien die Prozessaussichten des vom Beschwerdeführer eingeleiteten haftpflichtrechtlichen Verfahrens. Der Beschwerdeführer habe am 5. November 2000 einen ersten und am 28. Oktober 2001 einen zweiten Verkehrsunfall gehabt. Gemäss mehreren Gutachten würden keine organischen Schädigungen mehr vorliegen. Zu prüfen bleibe, ob die persistierenden psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in einem natürlichen kausalen Verhältnis zu den beiden Unfällen stünden. Der Beschwerdeführer stütze sich auf ein (Haupt-) Gutachten des Spitals Z.________ vom 10. April 2006. Dieses vereine als konsensuale Beurteilung die Meinung verschiedener Fachgutachter. Das Hauptgutachten schreibe den Unfällen eine "überwiegend teilursächliche Wirkung" (recte: eine "überwiegend wahrscheinlich teilursächliche Wirkung") in Bezug auf die psychiatrische und neuropsychologische Problematik zu. Demgegenüber schliesse das psychiatrische Teilgutachten eine solche Wirkung in Bezug auf den ersten Unfall aus und bezeichne diese in Bezug auf den zweiten Unfall als äusserst unwahrscheinlich.
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2.3. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, die psychischen Beeinträchtigungen dürften nicht isoliert betrachtet werden. Es würde dem Sinn und Zweck eines polydisziplinären Gutachtens widersprechen, wenn den einzelnen Teilgutachten im Ergebnis mehr Gewicht beigemessen würde, als der konsensualen Beurteilung sämtlicher Gutachter. Die Vorinstanz habe die Beweismittel weiter wie in einem Hauptverfahren gewürdigt und habe dem Umstand, dass der Beschwerdeführer die fehlende Aussichtslosigkeit lediglich glaubhaft machen müsse, keine Rechnung getragen. Schliesslich habe die Vorinstanz nicht geprüft, ob aufgrund der sich widersprechenden ärztlichen Einschätzungen wie vom Beschwerdeführer beantragt die Einholung eines Obergutachtens im Hauptverfahren geboten wäre.
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2.4. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Unfälle gemäss Hauptgutachten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit teilursächlich für die psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers seien, während das psychiatrische Teilgutachten eine teilursächliche Wirkung (in Bezug auf den zweiten Unfall) als äusserst unwahrscheinlich bezeichnet. Nach Ansicht der Vorinstanz ist dieser Widerspruch unerklärbar und nicht nachvollziehbar. In der Folge stellt sie, ohne das Hauptgutachten weiter zu beachten, nur noch auf das Teilgutachten ab und geht in beweismässiger Hinsicht davon aus, eine kausale Verknüpfung zwischen Unfall und Beschwerden sei äusserst unwahrscheinlich. Der Beschwerdeführer bringt zu Recht vor, dass dieses Vorgehen eher einer Beweiswürdigung in einem Hauptverfahren entspricht als einer summarischen Prüfung der Prozessaussichten. Wird der für einen Anspruch des Beschwerdeführers vorausgesetzte Kausalzusammenhang in einem Teilgutachten als äusserst unwahrscheinlich bezeichnet, in einem Hauptgutachten indessen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bejaht (vgl. zum Genügen einer Teilursächlichkeit zur Bejahung der Kausalität BGE 138 III 276 E. 3.3 S. 286; 134 V 109 E. 9.5 S. 125 f. mit Hinweisen), so können die Gewinnaussichten nicht als beträchtlich geringer eingeschätzt werden als die Verlustgefahren. Weshalb ein Widerspruch zwischen dem Haupt- und dem Teilgutachten besteht und ob allenfalls ein Obergutachten eingeholt werden müsste, wäre im Hauptverfahren zu klären. Jedenfalls kann das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers bei dieser Ausgangslage nicht als aussichtslos bezeichnet werden.
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2.5. Daran ändert auch der Einwand der Verfahrensbeteiligten nichts, sie würden nicht solidarisch haften, weil die Verfahrensbeteiligte 1 nur für den ersten und die Verfahrensbeteiligte 2 nur für den zweiten Unfall hafte. Sollte sich herausstellen, dass beide Unfälle wie im Hauptgutachten ausgeführt teilursächlich für die psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers sein sollten, so wäre grundsätzlich auch die Kausalität der beiden Unfälle je zu bejahen. Die Verfahrensbeteiligte 2 macht geltend, der Beschwerdeführer beginne bei der Berechnung des Schadens im Jahr 2000 und somit vor dem zweiten Unfall, für den sie haftbar gemacht werde. Ob bzw. in welchem Umfang die Verfahrensbeteiligten solidarisch haften, kann offen gelassen werden. Denn selbst wenn die Verfahrensbeteiligten nicht (für den gesamten Betrag) solidarisch haften sollten, sondern etwa ein Teil des Schadenersatzes und der Genugtuung nur von einer der Verfahrensbeteiligten geschuldet wäre, könnte dem Beschwerdeführer insgesamt der ganze Betrag zugesprochen werden. Das Rechtsbegehren würde dadurch, dass die Verfahrensbeteiligten für einen Teil oder den ganzen Betrag nicht solidarisch, sondern aufgeteilt je für einen Teilbetrag haften würden, nicht aussichtslos. Die Rüge der Verletzung von Art. 117 ZPO erweist sich damit als begründet.
6
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
5. 
 
Lausanne, 5. Dezember 2013
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Die Gerichtsschreiberin: Schreier
 
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