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Informationen zum Dokument  BGer 2C_615/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_615/2013 vom 10.12.2013
 
{T 0/2}
 
2C_615/2013, 2C_616/2013, 2C_617/2013
 
 
Urteil vom 10. Dezember 2013
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz,
 
Gerichtsschreiber Matter.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
2C_615/2013
 
A.X.________ und B.X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Valentin Schumacher
 
und Fürsprecher Martin Häuselmann,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Freiburg,
 
Rue Joseph-Piller 13, 1700 Freiburg,
 
2C_616/2013
 
A.X.________ und B.X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Valentin Schumacher
 
und Fürsprecher Martin Häuselmann,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Freiburg,
 
Rue Joseph-Piller 13, 1700 Freiburg,
 
2C_617/2013
 
A.X.________ und B.X._______ _,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Valentin Schumacher,
 
gegen
 
Hugo  Casanova,
 
Beschwerdegegner,
 
Steuerverwaltung des Kantons Freiburg,
 
Rue Joseph-Piller 13, 1700 Freiburg.
 
Gegenstand
 
2C_615/2013
 
Kantonssteuer 1997/98 bis 2006,
 
2C_616/2013
 
Direkte Bundessteuer 1997/98 bis 2006,
 
2C_617/2013
 
Kantons- und direkte Bundessteuer 1997/98 bis 2006; Ausstand,
 
Beschwerden gegen die Urteile des Kantonsgerichts
 
des Kantons Freiburg, Steuergerichtshof,
 
vom 3. Juni 2013 und 30. Mai 2013
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
Danach wurde das Verfahren in der ordentlichen Besetzung mit Hugo Casanova als Vorsitzendem wieder aufgenommen, worauf der Rechtsvertreter den Ausstand der beiden anderen Mitglieder des Steuergerichtshofes (Richterin Anne-Sophie Peyraud und Richter Christian Pfammatter) verlangte, was der Steuergerichtshof ablehnte. Die Sitzung wurde weitergeführt und um 11.00 Uhr geschlossen.
1
Mit Urteil vom 3. Juni 2013 hiess der Steuergerichtshof die Beschwerde der Eheleute X.________ teilweise gut, indem er einen Teil der geltend gemachten Unterhaltsbeiträge an den minderjährigen Sohn des Steuerpflichtigen und zusätzliche Liegenschaftsunterhaltskosten zum Abzug zuliess.
2
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
I. Vereinigung der Verfahren
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Soweit sich die Beschwerde gegen das Urteil vom 3. Juni 2013 richtet, betrifft sie dieselben Parteien und wirft identische Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich deshalb, die Verfahren 2C_615/2013 und 2C_616/2013 zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).
3
1.2. Die Beschwerdeführer beantragen, nach Art. 71 BGG i.V.m. Art. 6 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Zivilprozess (SR 273; BZP) die Verfahren 2C_615/2013 und 2C_616/2013 zu sistieren, bis das Bundesgericht über den Ausstand des Präsidenten des Steuergerichtshofes (Verfahren 2C_617/2013) entschieden habe.
4
Der Zwischenentscheid des Steuergerichtshofes vom 30. Mai 2013 ist - nach mündlicher Bekanntgabe, unter Hinweis auf die spätere und begründete schriftliche Eröffnung - gleichzeitig mit dem Endentscheid den Parteien am 3. Juni 2013 versandt und vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführer am 4. Juni 2013 entgegengenommen worden. Damit handelt es sich um einen nicht selbständig eröffneten Zwischenentscheid, der dem Empfänger zeitgleich mit dem Endentscheid zugeht, ein Teil von diesem bildet und nur mit ihm zusammen angefochten werden kann (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG; siehe dazu auch Felix Uhlmann, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, Art. 92 Rz 5; Thomas Geiser/Felix Uhlmann, in: Geiser/Münch/Uhlmann/Gelzer, Prozessieren vor Bundesgericht, 3. Aufl. 2011, N. 1.131 sowie den Hinweis im Urteil 1C_282/2008 vom 7. April 2009 E. 2.3).
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1.3. Die Übereinstimmung in Sachen Anfechtungsobjekt sowie hinsichtlich der Parteien und der zu beurteilenden Rechtsfragen lassen es schliesslich nicht als angezeigt erscheinen, die Verfahren hinsichtlich der Veranlagungen für die Steuerperioden 1999/2000 bis 2006 bis zur rechtskräftigen Veranlagung der jeweils unmittelbar vorangegangenen Steuerperiode zu sistieren.
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II. Eintretensvoraussetzungen
 
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen (Zwischen- und End-) Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG i.V.m. Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] sowie Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Mit Ausnahme der folgenden Punkte kann auf sie eingetreten werden.
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2.2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK rügen, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, weil Art. 6 EMRK auf das vorliegende Steuerverfahren keine Anwendung findet (vgl. BGE 132 I 140 E. 2.1 S. 146; Urteile 2C_1267/2012 vom 1. Juli 2013 E. 4.3 und 2C_455/2011/2C_456/2011 vom 5. April 2012 E. 4.2).
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2.3. Die Beschwerdeschrift hat gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG die Begehren und deren Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist dabei in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird (vgl. u.a. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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2.4. Die Beschwerdeführer rügen des Weiteren sinngemäss, bestimmte Wertschriften seien vermögenssteuerlich doppelt im Privat- und im Geschäftsvermögen erfasst worden, was sie mit einer vor Bundesgericht nachgereichten Bilanz per 31. Dezember 1986 zu belegen versuchen. Diese Nachreichung ist jedoch neu und daher unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zudem ist weder substantiiert noch ersichtlich (vgl. oben E. 2.3), inwiefern eine Bilanzierung per Ende 1986 für die hier zu beurteilenden Steuerperioden aussagekräftig sein könnte.
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III. Verfassungsrechtliche Rügen
 
 
Erwägung 3
 
3.1. Die Ausstandsbestimmungen (insbesondere Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BV) sollen gewährleisten, dass der Prozessausgang als offen erscheint (BGE 133 I 1 E. 6.2 S. 6). Der abgelehnte Richter muss nicht tatsächlich befangen sein; der Anschein der Befangenheit genügt (BGE 138 I 1 E. 2.2 S. 3; 136 I 207 E. 3.1 S. 210; 134 I 238 E. 2.1 S. 240; je mit Hinweisen). Anschein der Befangenheit besteht, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können namentlich in einem bestimmten Verhalten des Richters begründet sein. Auf das bloss subjektive Empfinden einer Partei kann bei der Beurteilung nicht abgestellt werden. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen.
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3.2. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, ein Anschein der Befangenheit ergebe sich namentlich aus der ihrer Ansicht nach zu kurzen Frist, mit welcher der Präsident des Steuergerichtshofes (als Instruktionsrichter) zur mündlichen Verhandlung eingeladen habe.
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Die hier massgebliche Vorladungsfrist vermag somit unter keinem Gesichtspunkt einen Anschein der Befangenheit zu erwecken. Genauso wenig ist erkennbar, wie die Frist gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) verstossen oder einen anderen verfassungsmässigen Anspruch der Beschwerdeführer verletzt hätte.
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3.3. Ein Anschein der Befangenheit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Präsident die Sitzung auf den 30. Mai 2013, d.h. einen hohen katholischen Feiertag (nämlich Fronleichnam) angesetzt hat. Ein solches Vorgehen wäre zwar unter normalen Umständen unüblich, war aber im vorliegenden Fall schon deswegen gerechtfertigt, weil der genannte Termin vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführer als im ganzen Monat einzig passender Tag angegeben worden war.
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Es ist auch nicht erkennbar oder dargetan, inwiefern die Vorladung die in Art. 15 Abs. 1 BV gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit der Beschwerdeführer verletzt hätte. Fronleichnam gilt gemeinhin als Inbegriff römisch-katholischer Frömmigkeit. Gemäss ihren Steuererklärungen der streitbetroffenen Perioden 1997/98 bis 2006 sind die Beschwerdeführer aber reformiert. Unter den gegebenen Umständen hätten sie konkret und substantiiert darlegen müssen, warum die anberaumte Sitzung unter dem Gesichtspunkt von Art. 15 BV hätte verschoben werden müssen. Eine solche Substantiierung ist indessen unterblieben (vgl. dazu auch oben E. 2.3). Hinzu kommt, dass der Steuergerichtshof in der Vorladung vom 16. Mai 2013 darauf hinwies, dass die Anwesenheit der Parteien nicht notwendig sei. Es ist nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht, dass ihre persönliche Teilnahme an der Sitzung des Kantonsgerichts für sie einen Vorteil gebracht hätte.
15
3.4. Einen Anschein der Befangenheit erblicken die Beschwerdeführer weiter darin, dass der Präsident bei der Suche nach einem Sitzungstermin am 22. Mai 2013 zum Ausdruck gebracht habe, das Urteil noch im Monat Mai fällen zu wollen.
16
3.5. Dass der Präsident bestrebt war, die Streitsache beförderlich zu behandeln, um die Erledigung des Verfahrens durch Verjährung zu vermeiden, begründet ebenso wenig einen Ausstandsgrund. Der Präsident hätte sich im Gegenteil dem Vorwurf der Befangenheit 
17
3.6. Eine Vorbefassung oder Befangenheit kann schliesslich auch nicht daraus abgeleitet werden, dass der Instruktionsrichter Casanova sein Referat vor der Sitzung verfasst hat.
18
3.7. Nach dem Gesagten ist keines der Vorbringen der Beschwerdeführer geeignet, objektiv begründete Zweifel an der Unparteilichkeit des Präsidenten des Steuergerichtshofes zu wecken.
19
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
Das Ausstandsbegehren gegen die Richterin Anne-Sophie Peyraud und gegen den Richter Christian Pfammatter erwies sich somit als von vornherein unzulässig, beruhte es doch darauf, dass die besagten Richter einzig wegen ihrer Mitwirkung in einem vorherigen Verfahren betreffend die Gesuchsteller als befangen abgelehnt wurden. Unter den gegebenen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die beiden am Entscheid über das sie selbst betreffende Ausstandsgesuch mitgewirkt haben (vgl. dazu u.a. die Urteile 2C_305/2011 vom 22. August 2011 E. 2.6, 2C_8/2007 vom 27. September 2007 E. 2.4 und 2D_11/2009 vom 14. April 2009 E. 2).
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Erwägung 6
 
IV. Materiell-rechtliche Rügen
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Erwägung 7
 
7.1. Die Beschwerdeführer möchten in der für die Steuerperiode 1997/98 massgeblichen Anfangsbilanz per 1.1.1995 nachträglich mittels Bilanzberichtigung aus einem Umbau der Praxisliegenschaft Kosten vom Oktober 1994 als wertvermehrend aktivieren, ebenso ein vor 1995 angeschafftes Mikroskop.
22
7.2. Hinsichtlich der Steuerperiode 1997/98 bestreiten die Beschwerdeführer im Umfang von Fr. 60'000.-- pro Jahr die Aufrechnung einer Eigenmiete im Einkommen für eine Liegenschaft in N.________/BE.
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7.3. Was die Unterhaltsbeiträge an den Sohn des Beschwerdeführers betrifft, so hat die Vorinstanz Zahlungen von Fr. 42'000.-- (2004), Fr. 121'000.-- (2005) und Fr. 110'000.-- (2006) zum Abzug zugelassen. Die Beschwerdeführer machen auch für vorangegangene Steuerperioden Unterhaltsbeiträge geltend. Als Beweis dienen soll eine entsprechende, nachträglich erstellte Bestätigung der Mutter des Kindes, wonach der Beschwerdeführer während Jahren jeweils eine Summe von Fr. 180'000.-- an den Unterhalt des Kindes bezahlt habe.
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In einem Strafverfahren liess sich der Vorwurf, die Bestätigung der Mutter sei wahrheitswidrig, nicht zweifelsfrei erhärten. Der gescheiterte Beweis der Unwahrheit einer Urkunde stellt allerdings keinen Beweis für deren Richtigkeit dar. Diese ist von der Vorinstanz denn auch zu Recht in Zweifel gezogen worden. Die Mutter des Kindes musste sich die genannten, zwischen 2004 und 2006 zum Abzug zugelassenen Unterhaltszahlungen jeweils rechtlich erstreiten und den Beschwerdeführer dafür betreiben. Schon das lässt an vermeintlich weitergehenden und freiwilligen früheren Unterhaltszahlungen zweifeln. Solche Zahlungen wurden von den Beschwerdeführern in den Steuererklärungen 1997/98 und 1999/2000 auch nicht deklariert, sondern erstmals im späteren Verfahren geltend gemacht, ohne dann aber irgendwie tauglich belegt zu werden (z.B. durch Bankbelege hinsichtlich der angeblich geleisteten Überweisungen). Wenn in der Steuerperiode 1995/96 Unterhaltsbeiträge zum Abzug zugelassen worden sind, hat das im Übrigen für die vorliegend strittigen Steuerperioden ab 1997/98 keine Bedeutung.
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7.4. Der Eigenmietwert wurde auf die Steuerperiode 2001 hin von zuvor gesamthaft jährlich Fr. 14'490.-- auf Fr. 31'876.-- erhöht. Die Beschwerdeführer legen in keiner Weise dar, dass der erhöhte Eigenmietwert übersetzt wäre für den Fall, dass nur die von ihnen tatsächlich genutzten Räume besteuert würden, unter Berücksichtigung eines grösseren Einschlages von der Hälfte oder von zwei Dritteln für die nicht beheizten Räume. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, dass der Eigenmietwert für die drei Liegenschaften im Ergebnis als eher günstig erscheine, ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden.
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7.5. Die materiell-rechtlichen Vorbringen erweisen sich damit als nicht stichhaltig, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann.
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V. Verfahrenskosten und Parteientschädigung
 
 
Erwägung 8
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
5. 
 
6. 
 
Lausanne, 10. Dezember 2013
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Matter
 
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