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Informationen zum Dokument  BGer 1C_261/2013  Materielle Begründung
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BGer 1C_261/2013 vom 19.12.2013
 
{T 0/2}
 
1C_261/2013
 
 
Urteil vom 19. Dezember 2013
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Störi.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer 1,
 
B.X.________ und C. X.________,
 
Beschwerdeführer 2,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Gassmann,
 
gegen
 
Gemeinde Bühler, Dorf 142, 9055 Bühler,
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Rechsteiner, Unterer Graben 1, 9001 St. Gallen,
 
Departement Bau und Umwelt Appenzell Ausserrhoden, Kasernenstrasse 17A, 9102 Herisau.
 
Gegenstand
 
Neuzuteilung der Adressen,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 11. Februar 2013 des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
C. 
1
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerdegegnerin (und damalige Beschwerdeführerin) hat sich dem Departementsentscheid vom 7. Oktober 2010 einerseits unterzogen, indem sie nach dessen Anweisung die Überarbeitung des Adressenplans 1 einleitete. Anderseits hielt sie sich für den Fall eines Scheiterns der Überarbeitung des Adressenplans 1 den Rechtsweg offen, indem sie gegen den Departementsentscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhob. Dieses zweigleisige Vorgehen ist, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer, durchaus legitim und keineswegs widersprüchlich.
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2.2. Die Beschwerdegegnerin (und damalige Beschwerdeführerin) hatte auf dem politischen Weg Erfolg und konnte auf den 1. Januar 2013 den Adressenplan 2 nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe Nänny in Kraft setzen. Unbestritten ist, dass das Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren damit gegenstandslos wurde und dementsprechend vom Obergerichtspräsidenten zu Recht abgeschrieben wurde. Damit hatte er neben den Kosten- und Entschädigungsfolgen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch diejenigen des Verwaltungsverfahrens zu regeln oder regeln zu lassen. Da der Departementsentscheid nie in Rechtskraft erwuchs, war die Aufhebung von dessen Dispositiv-Ziffer 4 betreffend der Zusprechung einer Parteientschädigung an die damaligen Rekurrenten durch den Obergerichtspräsidenten allerdings falsch und überflüssig. Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids des Obergerichtspräsidenten ist dementsprechend aufzuheben, ohne dass dies an der Rechtslage etwas ändern würde.
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2.3. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Obergerichtspräsidenten im angefochtenen Entscheid regelt das einschlägige kantonale Verfahrensrecht die Kosten- und Entschädigungsfolgen für den Fall, dass das Verfahren gegenstandslos wird, nicht explizit. Er ist daher davon ausgegangen, dass die Verfahrenkosten bei Gegenstandslosigkeit die Partei zu tragen hat, die deren Eintritt verursacht hat. Ist sie ohne Zutun der Parteien eingetreten, sind die Kosten nach der Sachlage vor dem Eintreten zu verlegen (angefochtener Entscheid E. 3 Absatz 2 S. 12). Dies entspricht im Wesentlichen der Praxis des Bundesgerichts, wonach die Kosten, wenn keine der Parteien die Gegenstandslosigkeit verursacht hat, nach dem mutmasslichen Ausgang des Verfahrens zu verlegen sind; die Prüfung der Prozessaussichten soll dabei keine weiteren Umstände verursachen und keine heiklen Rechtsfragen präjudizieren. Auf dem Weg über den Kostenentscheid soll kein materielles Urteil gefällt werden, weshalb es bei einer summarischen Beurteilung der Aktenlage sein Bewenden haben muss (BGE 125 V 373 E. 2a; Urteil 2C_237/2009 vom 28. September 2009 E. 3.1). Da es vorliegend um die Anwendung von kantonalem Verfahrensrecht geht, prüft das Bundesgericht die hier umstrittene Kosten- und Entschädigungsregelung nur auf Willkür.
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2.3.1. Wie die Beschwerdeführer zu Recht vorbringen, hat sich die Beschwerdegegnerin dem Entscheid des Departements klarerweise unterzogen und einen abgeänderten, von keiner Seite angefochtenen Adressenplan 2 erlassen. Mit dessen In-Kraft-Treten war der Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildende Adressenplan 1 überholt und das Verfahren gegenstandslos. Der Obergerichtspräsident hält dazu zwar fest, der Adressenplan 2 beruhe auf einer geänderten gesetzlichen Grundlage und berücksichtige nicht alle Anliegen der Beschwerdeführer, weshalb nicht davon gesprochen werden könne, die Gemeinde habe sich dem Entscheid des Departements unterzogen.
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2.3.2. Der Obergerichtspräsident hat im angefochtenen Entscheid erwogen, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Gemeinde mutmasslich hätte gutgeheissen werden müssen. Das Departement hätte auf die Verwaltungsbeschwerde nicht eintreten dürfen, weil die angefochtenen Schreiben der Gemeinde mit der Mitteilung der neuen Adressen keine anfechtbaren Verfügungen, sondern nicht anfechtbare Realakte darstellten. Diese Rechtsauffassung, die sich auf Tobias Jaag (Zur Rechtsnatur der Strassenbezeichnung, in: Recht 1993, S. 53 ff.) stützen kann, hat Einiges für sich. Dementsprechend ist die Einschätzung des Obergerichtspräsidenten, die Beschwerdegegnerin hätte im Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegt, bei summarischer Prüfung jedenfalls vertretbar. Das ist allerdings für die Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen unerheblich, da sich die Beschwerdegegnerin dem Departementsentscheid unterzogen (oben E. 2.3.1) und dadurch die Gegenstandslosigkeit verursacht hat.
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2.3.3. Für das Verwaltungsverfahren vor dem Departement hat der Obergerichtspräsident keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. Der Beschwerdeführer 1 war als Partei und als Parteienvertreter am Verfahren beteiligt. Das Bundesgericht spricht in bei ihm hängigen Verfahren nicht anwaltlich vertretenen Parteien und sich selber vertretenden Anwälten nur ausnahmsweise - etwa bei einem ausserordentlich hohen Aufwand - Parteientschädigungen zu (BGE 129 V 113 E. 4.1; 129 II 297 E. 5; 119 Ia 374 nicht publ. E. 6; 110 V 132 E. 4d; Urteile 1B_596/2012 vom 14. März 2013 E. 3 und 1B_158/2012 vom 15. Oktober 2012 E. 3). Da weder dargetan noch ersichtlich ist, dass im Verwaltungsverfahren ein besonderer, das übliche Mass sprengender Aufwand erforderlich war, ist es jedenfalls unter Willkürgesichtspunkten im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdeführer (bzw. die damaligen Rekurrenten) keine Parteientschädigung zugesprochen erhalten. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet.
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2.3.4. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hätten den Beschwerdeführern (bzw. damaligen Beschwerdegegnern) nach dem Gesagten klarerweise keine Kosten auferlegt werden dürfen; die Kostenauflage in Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids ist somit als willkürlich aufzuheben. Was die Zusprechung einer Parteientschädigung betrifft, gilt grundsätzlich das Gleiche wie für das erstinstanzliche Verfahren: deren Verweigerung ist im Ergebnis haltbar und die Beschwerde insoweit unbegründet.
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Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des obergerichtlichen Entscheids vom 11. Februar 2013 aufgehoben; im Übrigen wird sie abgewiesen.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführern 1 und 2 eine Parteientschädigung von je Fr. 750.--, insgesamt Fr. 1'500.--, zu bezahlen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Departement Bau und Umwelt Appenzell Ausserrhoden und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Dezember 2013
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Störi
 
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