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Informationen zum Dokument  BGer 1C_421/2012  Materielle Begründung
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BGer 1C_421/2012 vom 23.12.2013
 
{T 0/2}
 
1C_421/2012
 
 
Urteil vom 23. Dezember 2013
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Stohner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Sandor Horvath,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Stadtrat Luzern, Stadthaus, Hirschengraben 17, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Bau- und Planungsrecht,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung (vormals Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung),
 
vom 4. Juli 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Die Baugeschichte des Trutzhauses umfasst mehrere Phasen. 1764 wurde auf der Bauparzelle ein zum Cysathaus gehörendes Gärtnerhaus erstellt. An dessen Ostseite erfolgte 1825/26 der Anbau des heutigen Trutzhauses. 1932 wurde das ehemalige Gärtnerhaus fast vollständig abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Auch der Hauptbau erfuhr 1932 wesentliche Änderungen. Die Rückseite des Gebäudes bietet seither ein uneinheitliches und unruhiges Bild. Das städtische Inventar stuft einzig die Ostfassade gegen die Mariahilfgasse, die Volumetrie und den Keller als schutzwürdig ein. Das Trutzhaus beansprucht nur den östlichen Teil der Parzelle des Beschwerdeführers, im westlichen Teil befindet sich ein grosser terrassierter Garten mit alten Bäumen, der zurzeit allerdings verwildert ist.
1
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
Der Vorwurf, die Vorinstanz habe ihren Entscheid bezüglich des Vorliegens einer Ausnahmesituation ungenügend begründet und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, ist nicht berechtigt. Es geht aus dem angefochtenen Urteil kIar hervor, warum die Vorinstanz in diesem Punkt der Auffassung des Stadtrats Luzern nicht folgt, und der Beschwerdeführer war ohne Weiteres in der Lage, den Entscheid in diesem Punkt in sachgerechter Weise anzufechten.
2
 
Erwägung 4
 
Die geplante neue Dachaufbaute ist nach den unbestrittenen FeststeIIungen der Vorinstanz und den Plänen, auf die sie sich bezieht, mit einem schwach rückwärts geneigten Flachdach versehen. Sie verfügt als einzige Fensteröffnung über ein Oberlicht. Sie weist eine Breite von 5,1 Metern auf. Die Höhe beträgt auf der Westseite 2,6 Meter und sinkt dann auf 2,2 Meter auf der Ostseite. Die eigentümliche Form der Aufbaute erklärt sich aus ihrer Funktion als Treppenhaus und Lichtschacht. Form, Volumen und Art des neuen Dachkörpers unterscheiden sich stark von den bisher bestehenden Dachgauben.
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Erwägung 5
 
 
Erwägung 6
 
Der geplante Erweiterungsbau kommt ganz in die Ortsbildschutzzone A zu liegen. Demnach sind die für diese Zone massgebenden Vorschriften anwendbar. Er widerspricht nach Auffassung der kantonalen Instanzen Art. 21 Abs. 4 BZR bzw. Art. 16 Abs. 3 nBZR. Danach dürfen bestehende Fluchten auf der Strassenseite, aber auch bei rückwärtigen Fassaden und Hofräumen nicht überschritten werden. Der vorgesehene Anbau hält diese Vorschrift nicht ein, da er nach Westen hin verlängert wird und damit die bisherige Flucht überschreitet. Der Stadtrat Luzern erteilte für diese Überschreitung eine Ausnahmebewilligung nach Art. 20 Abs. 8 BZR bzw. Art. 15 Abs. 5 nBZR. Die Vorinstanz hat demgegenüber die Gewährung einer Ausnahme als unzulässig erklärt.
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Erwägung 7
 
Da die Ortsbildschutzzone A der Erhaltung der Bausubstanz dient, liegt es nahe, die beiden zuletzt genannten Normen auf sämtliche Fluchten anzuwenden und nicht nur auf die schützenswerten, wie dies der Beschwerdeführer geltend macht. Auch nach dem Wortlaut werden alle Fluchten erfasst. Wohl ist das Interesse an der Bewahrung der bestehenden Fluchten bei schützenswerten Fassaden besonders gross, wie dies der Beschwerdeführer hervorhebt. Doch bezweckt die Ortsbildschutzzone zusätzlich auch die Erhaltung der bestehenden baulichen Strukturen. Ebenso wenig zwingt die Vorschrift, dass der Stadtrat in gewissen Fällen eine Entfernung störender Bauteile verfügen kann, zu einer anderen Auslegung. Denn es kann auch in solchen Fällen ein Ersatzbau wieder auf den bisherigen Fluchten erstellt werden. Die Auslegung von Art. 21 Abs. 4 BZR bzw. Art. 16 Abs. 3 nBZR schränkt die baulichen Möglichkeiten wohl sehr stark ein. Doch kann übermässigen Eingriffen durch Gewährung von Ausnahmen Rechnung getragen werden (vgl. E. 8-10). Unter diesen Umständen erweist sich die Auslegung der genannten Normen durch die kantonalen Instanzen jedenfalls nicht als willkürlich.
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Der geplante Erweiterungsbau ist demnach nur zulässig, wenn dafür eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann.
6
 
Erwägung 8
 
 
Erwägung 9
 
Die kommunale Baubewilligungsbehörde hat weiter berücksichtigt, dass das Baugrundstück in zwei verschiedenen Ortsbildschutzzonen - A und C nach der bisherigen BZR bzw. A und B nach der nBZR - liege. Bereits daraus ergebe sich eine Sondersituation, welche eine Ausnahmebewilligung rechtfertige. Im Bereich der Ortsbildschutzzone C bzw. B könne der Beschwerdeführer ein frei stehendes Wohnhaus erstellen und seinen Raumbedarf dort anstatt durch den geplanten Erweiterungsbau decken. Eine solche Lösung sei jedoch städtebaulich weniger gut, weil dadurch einerseits eine uneinheitliche städtebauliche Körnung resuItiere und anderseits der wertvolle Gartenbereich stark beeinträchtigt würde. Mit der Erteilung einer Ausnahmebewilligung könne in beiden Punkten eine bessere Lösung erzielt werden.
7
Die Vorinstanz verneint demgegenüber einen Ausnahmegrund. Sie erklärt, das Zusammentreffen von zwei unterschiedlichen Ortsbildschutzzonen begründe keine besonderen Verhältnisse, die eine Ausnahmebewilligung rechtfertigen könnten. Es sei möglich, eine Beruhigung der Westfassade auch ohne Ausnahmebewilligung unter Beibehaltung der bisherigen Fassadenflucht zu erreichen.
8
 
Erwägung 10
 
 
Erwägung 11
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 4. Juli 2012 aufgehoben, soweit er die Bewilligungsfähigkeit des westlichen Erweiterungsbaus verneint.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.
 
3. Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4. Die Sache wird zur Neuregelung der vorinstanzlichen Kosten und Entschädigungen an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Stadtrat Luzern sowie dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. Dezember 2013
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner
 
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