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Informationen zum Dokument  BGer 9C_812/2017  Materielle Begründung
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BGer 9C_812/2017 vom 09.01.2018
 
 
9C_812/2017
 
 
Urteil vom 9. Januar 2018
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless,
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 14. September 2017 (IV.2016.01346).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, am... als unbegleiteter Minderjähriger in die Schweiz eingereister afghanischer Staatsangehöriger, meldete sich im März 2016 u.a. unter Hinweis auf einen allgemeinen Entwicklungsrückstand bei der Invalidenversicherung an und beantragte berufliche Massnahmen. Nach Abklärungen und durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 27. Oktober 2016 den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen wegen Fehlens der versicherungsmässigen Voraussetzungen.
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B. Dagegen erhob A.________ Beschwerde, welche das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. September 2017 abwies.
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C. A.________ hat Beschwerde erhoben mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 14. September 2017 sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihm berufliche Massnahmen zuzusprechen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese weitere Abklärungen veranlasse, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht und von Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dies gilt indessen nur, wenn und soweit die Beschwerde den Begründungsanforderungen nach Art. 42 Abs. 2 BGG genügt, was eine wenigstens kurze Auseinandersetzung mit den entscheidenden Erwägungen der Vorinstanz voraussetzt (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; zur qualifizierten Substanziierungspflicht, wenn die Verletzung von Grundrechten gerügt wird, Art. 106 Abs. 2 BGG und BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53).
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2. Die Vorinstanz hat dargelegt, dass weder im Bundesrecht (Art. 6 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 3 IVG sowie Art. 8 und 11 BV) noch in den vom Beschwerdeführer angerufenen völkerrechtlichen Bestimmungen eine unter dem Gesichtspunkt der versicherungsmässigen Voraussetzungen hinreichende Grundlage für den Anspruch auf Massnahmen beruflicher Art nach Art. 8 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b IVG sowie Art. 15 ff. IVG besteht.
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3. 
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3.1. Die Vorbringen des Beschwerdeführers stimmen in weiten Teilen wortwörtlich mit den Ausführungen in der vorinstanzlichen Beschwerde überein. Darauf ist von vornherein nicht weiter einzugehen (BGE 134 II 244 E. 2.3 S. 246). Im Übrigen wird nicht geltend gemacht, das kantonale Sozialversicherungsgericht sei - in Verletzung von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG - auf wesentliche Argumente in dieser Rechtsschrift nicht eingegangen.
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3.2. Sodann trifft nicht zu, dass das Kernargument der Vorinstanz laute, eine Ungleichbehandlung zwischen Schweizern und Ausländern wie auch zwischen fremden Staatsangehörigen mit verschiedenem Aufenthaltsstatus sei erlaubt. Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat festgehalten, Weiter hat das kantonale Sozialversicherungsgericht die geltend gemachte Ungleichbehandlung nicht im Wesentlichen (nur) auf der Grundlage von Art. 8 BV geprüft. Vielmehr hat es unter Hinweis auf die Rechtsprechung dargelegt, dass die unterschiedliche Regelung für von mindestens einem Elternteil begleitete und für unbegleitete Minderjährige die vom Beschwerdeführer angerufenen völkerrechtlichen Bestimmungen nicht verletzt und sich daraus in Bezug auf die (fehlenden) versicherungsmässigen Voraussetzungen nichts zu seinen Gunsten ergibt. Mit seinen allgemein gehaltenen Vorbringen (ohne Erwähnung der konkreten Normen, die seiner Ansicht nach mindestens eine teilweise direkte Wirkung entfalten würden), u.a. wonach er in mehrerer Hinsicht zu einer besonders verletzlichen Personengruppe gehöre, was zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung schwer wiegende und überzeugende Gründe erfordere, vermag er nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzlichen Erwägungen Recht verletzen sollen.
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3.3. Die Beschwerde ist unbegründet.
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4. Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist umständehalber zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Im Übrigen kann dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; Art. 10 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110. 210.3]). Er hat jedoch der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Viktor Györffy als Rechtsbeistand beigegeben.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'900.- ausgerichtet.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 9. Januar 2018
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler
 
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