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Informationen zum Dokument  BGer 9C_803/2017  Materielle Begründung
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BGer 9C_803/2017 vom 12.04.2018
 
 
9C_803/2017
 
 
Urteil vom 12. April 2018
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless.
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Wüthrich,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,
 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung
 
(Anspruch auf rechtliches Gehör),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. September 2017 (VBE.2017.317).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ bezog ab dem 1. Juni 2006 eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Als Ergebnis des im November 2011 eingeleiteten Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 28. Februar 2017 die Rente auf.
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B. Die Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 27. September 2017 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 27. September 2017 und die Verfügung vom 28. Februar 2017 seien aufzuheben; es sei ihm weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an das kantonale Versicherungsgericht oder an die IV-Stelle zurückzuweisen.
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Die IV-Stelle des Kantons Aargau ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
1. Streitgegenstand bildet die vorinstanzlich bestätigte Aufhebung der ganzen Rente des Beschwerdeführers.
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2. 
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2.1. Die Beschwerdegegnerin verfügte die Rentenaufhebung gestützt auf lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket, in Kraft getreten am 1. Januar 2012; im Folgenden: SchlB zur 6. IV-Revision). Nach dieser Bestimmung werden Renten, die bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Änderung überprüft (Satz 1). Sind die Voraussetzungen nach Artikel 7 ATSG nicht erfüllt, so wird die Rente herabgesetzt oder aufgehoben, auch wenn die Voraussetzungen von Artikel 17 Abs. 1 ATSG nicht erfüllt sind (Satz 2).
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2.2. Das kantonale Versicherungsgericht hat offengelassen, ob im vorliegenden Fall lit. a Abs. 1 SchlB zur 6. IV-Revision anwendbar ist (vgl. dazu BGE 140 V 197). Es hat geprüft, ob die Rente gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG (i.V.m. Art. 1 Abs. 1 IVG und Art. 2 ATSG) aufzuheben ist. Nach dieser Bestimmung wird die Rente bei einer erheblichen Änderung des Invaliditätsgrades (Art. 28 Abs. 2 IVG) entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. Das Gericht hat die Frage bejaht und die angefochtene Verfügung im Ergebnis mit einer anderen Begründung geschützt.
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3. Die Vorinstanz durfte im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 110 BGG) die Rechtmässigkeit der Aufhebung der ganzen Rente des Beschwerdeführers im Lichte von Art. 17 Abs. 1 ATSG überprüfen (Urteil 9C_800/2016 vom 9. Mai 2017 E. 2.2). Wie er indessen vorbringt, war dieser Rückkommenstitel weder im Vorbescheid und in der Verfügung noch in den vorinstanzlichen Rechtsschriften thematisiert worden. Unter diesen Umständen hatte das kantonale Versicherungsgericht nach Art. 29 Abs. 2 BV den Parteien vorgängig das rechtliche Gehör zu gewähren, wenn es beabsichtigte, die in Anwendung von lit. a Abs. 1 SchlB zur 6. IV-Revision verfügte Rentenaufhebung neu mit der substituierten Begründung der (materiellen) Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG zu bestätigen (Urteile 8C_529/2016 vom 26. Oktober 2016 E. 4.2.3 und 9C_880/2014 vom 6. November 2015 E. 3.2.1). Das hat es nicht getan. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit es das Versäumte nachhole und danach neu entscheide (Urteile 9C_766/2016 vom 3. April 2017 E. 3.3 und 9C_361/2015 vom 17. Juli 2015 E. 5.2).
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4. Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. September 2017 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 12. April 2018
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Pfiffner
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Der Gerichtsschreiber: Fessler
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