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Informationen zum Dokument  BGer 5A_959/2017  Materielle Begründung
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BGer 5A_959/2017 vom 02.07.2018
 
 
5A_959/2017
 
 
Urteil vom 2. Juli 2018
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher,
 
Bundesrichter Herrmann, Schöbi, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Buss.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________ mbh,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Cédric Berger,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Definitive Rechtsöffnung (Fristwiederherstellung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Obwalden vom 25. Oktober 2017
 
(BZ 17/017/NPR).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Mit Eingabe vom 7. November 2016 stellte die B.________ mbh beim Kantonsgerichtspräsidium Obwalden ein Gesuch um definitive Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. xxx gegen A.________. Der zuständige Kantonsgerichtspräsident stellte A.________ das Rechtsöffnungsgesuch am 10. November 2016 mit eingeschriebener Postsendung zur Stellungnahme zu. Die Postsendung wurde dem Kantonsgericht von der Post am 21. November 2016 mit dem Vermerk "nicht abgeholt" zurückgesandt. Gleichentags beauftragte der Kantonsgerichtspräsident den Weibel mit der Zustellung. Dieser unternahm am 26. November 2016 und 6. Dezember 2016 zwei weitere erfolglose Zustellversuche an A.________ und gab als Grund für die erfolglose Zustellung "Nichterreichbar (Briefkasten voll) " an. Am 15. Dezember 2016 erfolgte schliesslich die Publikation im kantonalen Amtsblatt. Inhaltlich wurde A.________ darin mitgeteilt, dass beim Kantonsgerichtspräsidium ein Rechtsöffnungsbegehren eingegangen sei, welches zu seinen Handen bei der Kanzlei des Kantonsgerichts Obwalden aufliege. Sodann wurde A.________ aufgefordert, bis 4. Januar 2017 eine schriftliche Stellungnahme im Doppel einzureichen. Gehe innert dieser Frist keine Stellungnahme ein, werde aufgrund der Akten entschieden. Der Entscheid liege ab 16. Januar 2017 zu seinen Handen bei der Kanzlei des Kantonsgerichts Obwalden auf und gelte mit diesem Datum als zugestellt.
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B.
 
B.a. Mit Entscheid vom 16. Januar 2017 erteilte das Kantonsgerichtspräsidium der B.________ mbh definitive Rechtsöffnung für Fr. 768'334.70 nebst Zins zu 5 % seit 23. September 2011. A.________ nahm den Entscheid vom 16. Januar 2017 samt Beilagen am 10. März 2017 bei der Kantonsgerichtskanzlei persönlich in Empfang und ersuchte mit Eingabe vom 14. März 2017 (aufforderungsgemäss nachgebessert am 9. Mai 2017) das Kantonsgerichtspräsidium um Fristwiederherstellung zur Einreichung einer Stellungnahme sowie zum Verlangen einer Entscheidbegründung. Das Kantonsgerichtspräsidium wies das Fristwiederherstellungsgesuch mit Entscheid vom 27. Juni 2017 ab.
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B.b. Eine von A.________ dagegen erhobene Berufung beim Obergericht des Kantons Obwalden, mit welcher dieser namentlich beantragte, es sei ihm die Frist von zehn Tagen für das Verlangen einer Begründung des Entscheids des Kantonsgerichts Obwalden vom 16. Januar 2017 wiederherzustellen, wurde mit Entscheid vom 25. Oktober 2017 abgewiesen.
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C. Gegen diesen Entscheid ist A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) mit als staatsrechtliche Beschwerde und Verfassungsbeschwerde betitelter Eingabe vom 29. November 2017 (Postaufgabe) an das Bundesgericht gelangt.
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Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist nur gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts zulässig (Art. 75 Abs. 1 BGG). Soweit der Beschwerdeführer Rügen gegen den (bloss in unbegründeter Form vorliegenden) Rechtsöffnungsentscheid des Kantonsgerichts vom 16. Januar 2017 erhebt, kann auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden. Im Übrigen steht gegen den Entscheid des Obergerichts die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG offen, weshalb die Eingabe des Beschwerdeführers als solche entgegenzunehmen ist.
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Erwägung 2
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Beschwerde die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Begründung muss nicht ausdrücklich die angeblich verletzten Rechtsnormen oder Prinzipien bezeichnen und auch nicht zutreffend sein, aber doch sachbezogen auf die massgeblichen Erwägungen der Vorinstanz eingehen und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers die Vorinstanz Recht verletzt hat (BGE 142 I 99 E. 1.7.1 S. 106 mit Hinweisen). Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgetragen werden, genügen nicht (Urteil 5A_963/2014 vom 9. November 2015 E. 2, nicht publ. in: BGE 141 III 513). Die Begründung hat ferner in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 mit Hinweis).
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2.2. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht wird. Diesen Vorwurf prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368 mit Hinweisen).
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2.3. Sodann ist zu beachten, dass das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde legt, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Beschwerdeführer einzig vorbringen, sie seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG), das heisst willkürlich (BGE 141 IV 249 E. 1.2.1 S. 253), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Ausserdem muss er in der Beschwerde aufzeigen, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22). Für all diese Elemente gilt wiederum das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266).
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2.4. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von Noven, die bereits im kantonalen Verfahren hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 23).
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Erwägung 3
 
3.1. Die Vorinstanz hat zusammenfassend festgehalten, im vorliegenden Verfahren bilde einzig die rechtsgültige Publikation und die Fristwiederherstellung nach Art. 148 ZPO Verfahrensgegenstand. Die weiteren Rügen (das der Rechtsöffnung zugrundeliegende Urteil des Landgerichts Berlin sei dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden und die Beschwerdegegnerin habe im erstinstanzlichen Rechtsöffnungsverfahren keine vollstreckbare Ausfertigung [§ 725 ZPO/D] dieses Urteils vorgelegt) seien daher nicht zu prüfen. Die Publikation vom 15. Dezember 2016 sei rechtmässig erfolgt. So habe die Erstinstanz von einer unmöglichen Zustellung im Sinne von Art. 141 Abs. 1 lit. b ZPO ausgehen dürfen, nachdem zuvor erfolglose Zustellversuche mit eingeschriebener Sendung und (zweimal) durch den Gerichtsweibel vorgenommen worden seien und entspreche es der kantonalen Praxis, dass die Aufforderung zur Stellungnahme und das Entscheiddatum aus Kosten- und Effizienzgründen mitunter zusammen publiziert würden. Die zehntägige Frist, einen begründeten Entscheid zu verlangen, habe damit am 17. Januar 2017 zu laufen begonnen und am 26. Januar 2017 geendet. Der Beschwerdeführer habe innert dieser Frist keine Begründung des Entscheids verlangt. Sodann habe er sich unbestritten ab dem 11. Januar 2017 wieder in der Schweiz aufgehalten, weshalb mit diesem Datum der geltend gemachte Säumnisgrund der Auslandabwesenheit weggefallen sei; zumindest hätte der Beschwerdeführer dies aufgrund der Kenntnisnahmef iktion der Publikation erkennen müssen. Dennoch habe der Beschwerdeführer erst am 14. März 2017, nachgebessert am 9. Mai 2017, ein Fristwiederherstellungsgesuch gemäss Art. 148 ZPO eingereicht. Dieses sei damit offensichtlich verspätet erfolgt. Offenbleiben könne, ob der vom Beschwerdeführer pauschal geltend gemachte Säumnisgrund der Landesabwesenheit überhaupt einen tauglichen Säumnisgrund im Sinne von Art. 148 ZPO darstelle und ob er den rechtsgenüglichen Nachweis des behaupteten Auslandaufenthaltes erbracht habe.
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3.2. Die Beschwerde enthält ein blosses Aufhebungsbegehren. Der Beschwerdebegründung, die für die Auslegung der Begehren beizuziehen ist (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 136), lässt sich aber zumindest sinngemäss entnehmen, dass der Beschwerdeführer an seinem im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Begehren, es sei ihm die Frist von zehn Tagen für das Gesuch um schriftliche Begründung des Entscheids des Kantonsgerichts vom 16. Januar 2017 wiederherzustellen, festhält. Indes setzt sich der Beschwerdeführer in seiner Eingabe mit den vorinstanzlichen Kernerwägungen nicht auseinander. Die Thematik der Rechtmässigkeit der Publikation vom 15. Dezember 2016 im kantonalen Amtsblatt wird vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen und auch zur vorinstanzlichen Annahme, der Rechtsöffnungsentscheid vom 16. Januar 2017 könne dem Beschwerdeführer - wie von der Erstinstanz im kantonalen Amtsblatt vorgängig angekündigt - bereits am 16. Januar 2017 als gehörig eröffnet gelten, äussert sich der Beschwerdeführer mit keinem Wort. Soweit der Beschwerdeführer mit Bezug auf die sinngemäss anbegehrte Fristwiederherstellung den vorinstanzlichen Erwägungen sodann einzig entgegenhält, er sei nach seiner Einreise in die Schweiz direkt ohne weiteren Aufenthalt nach Deutschland ausgereist, handelt es sich klarerweise um ein im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässiges Novum (s. vorne E. 2.4). Damit aber bleibt die Beschwerde mit Bezug auf den von der Vorinstanz zutreffend festgestellten Verfahrensgegenstand vollständig unbegründet, zumal eine Begründung in der Beschwerde selbst zu erfolgen hat und pauschale Verweise auf Eingaben an die vorinstanzlichen Gerichte unzulässig sind (s. vorne E. 2.1).
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Im Übrigen besteht die Beschwerde aus Rundumschlägen gegen die erst- und zweitinstanzlichen Richter und andere kantonale Behörden (diese seien dem Beschwerdeführer gegenüber voreingenommen und beabsichtigten aus ihm einen Wilhelm Tell aus Obwalden zu machen) und einer freien Sachverhaltsschilderung der Auseinandersetzung mit der Beschwerdegegnerin. Ausserdem behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechts auf Ehe und Familie und beantragt den Beizug der Akten des offenbar gegen ihn und seine Frau geführten Strafverfahrens wegen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz. All dies geht über den Verfahrensgegenstand hinaus bzw. an diesem vorbei, weshalb darauf nicht einzutreten ist (vgl. BGE 136 V 362 E. 3.4.2 S. 365).
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3.3. Fehlt es demnach an einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Beschwerdebegründung, ist auf die jeglicher Auseinandersetzung mit den massgeblichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids entbehrende Beschwerde insgesamt nicht einzutreten.
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4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Obwalden schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. Juli 2018
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Buss
 
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