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Informationen zum Dokument  BGer 5A_60/2018  Materielle Begründung
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BGer 5A_60/2018 vom 20.07.2018
 
 
5A_60/2018
 
 
Urteil vom 20. Juli 2018
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Carl Ulrich Mayer,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Betreibungsamt Basel-Landschaft.
 
Gegenstand
 
Pfändungsvollzug,
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft, vom 12. Dezember 2017 (420 17 285 vo3).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Am 15. August 2017 vollzog das Betreibungsamt Basel-Landschaft im Rahmen verschiedener gegen A.________ laufenden Betreibungen in dessen Abwesenheit die Pfändung von 10'000 Inhaberaktien zu nominal Fr. 10.-- der B.________ AG mit Sitz in U.________ (Pfändungsgruppe Nr. xxx).
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A.b. Mit einer als "Einsprache" bezeichneten Eingabe vom 30. August 2017 gelangte A.________ an die Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft. Er beantragte, die Pfändung der Inhaberaktien der B.________ AG aufzuheben, da er daran kein Eigentum habe.
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A.c. Die Aufsichtsbehörde trat mit Entscheid vom 12. Dezember 2017 auf die Eingabe von A.________ nicht ein.
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B. A.________ ist mit Beschwerde vom 15. Januar 2018 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des Entscheides der kantonalen Aufsichtsbehörde und der für die Gruppe Nr. xxx vorgenommenen Pfändung.
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Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid der einzigen kantonalen Aufsichtsbehörde über eine Beschwerde, welche die Pfändung von Aktien, mithin eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache zum Gegenstand hat. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist als Schuldner von der Pfändung besonders berührt und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).
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1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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2. Anlass zur Beschwerde bildet die Pfändung von Inhaberaktien.
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2.1. Die Pfändung von Vermögenswerten ist in einer bestimmten gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge vorzunehmen (Art. 95 und Art. 95a SchKG). Dabei handelt es sich um keine starre Regel, sondern um eine Richtlinie für das Betreibungsamt, von der es je nach den Umständen abweichen kann. Im Zentrum steht immer die rasche und unkomplizierte Verwertung, wobei die Interessen von Gläubiger und Schuldner angemessen zu wahren sind (Art. 95 Abs. 5 SchKG; BGE 134 III 123 E. 4.1; WINKLER, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 95/95a). So können auch Vermögenswerte, welche vom Schuldner als einem Dritten gehörend bezeichnet oder von einem Dritten beansprucht werden, gepfändet werden, wobei dies meist in letzter Linie erfolgt (Art. 95 Abs. 3 SchKG). Bei Zweifeln an der dinglichen Berechtigung kann das Betreibungsamt nicht selber über die Drittansprachen befinden. Es hat stattdessen ein Widerspruchsverfahren zu eröffnen (vgl. BGE 84 III 79 S. 82; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 23 Rz. 2). Da der Vollstreckungsanspruch des Gläubigers sich nur auf das Vermögen des Schuldners beziehen kann, das für seine offene Forderung haftet, ist die Pfändung eines Vermögenswertes, welcher offenkundig einem Dritten gehört, grundsätzlich nichtig (BGE 134 III 122 E. 4.1 und 4.2; 84 III 79 S. 83 f.; vgl. DE GOTTRAU, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 33 zu Art. 95).
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2.2. Im konkreten Fall richtet sich die Beschwerde gegen die Pfändung von 10'000 Inhaberaktien der B.________ AG, einer Aktiengesellschaft, deren einziges im Handelsregister eingetragenes Organ der Schuldner ist. Zuvor hatte das Betreibungsamt nach eigenen Angaben den Schuldner, der für diese Gesellschaft tätig ist, erfolglos zur Einreichung der aktuellen Bilanz und der Erfolgsrechnung sowie den Unterlagen über den Verbleib oder das Eigentum dieser Aktien aufgefordert. Angesichts dieser (beschränkten) Informationslage ist das Betreibungsamt davon ausgegangen, dass der Schuldner gleichzeitig der Inhaber der Aktiengesellschaft sei.
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2.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Pfändung "Einsprache" bei der kantonalen Aufsichtsbehörde und verlangte deren Aufhebung. Als Begründung führte er an, nicht Inhaber der gepfändeten Aktien zu sein. Zwar trat die kantonale Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein, da es sich dabei ihrer Ansicht nach um die Anmeldung von Dritteigentum handle, die zwecks Durchführung des Widerspruchsverfahrens direkt an das Betreibungsamt zu richten gewesen wäre. Sie fügte indes ergänzend bei, dass die Geltendmachung eines besseren Rechts die Pfändung eines Vermögenswertes noch nicht ausschliesse und eine solche Frage im Widerspruchsverfahren zu klären sei.
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2.4. Im bundesgerichtlichen Verfahren besteht der Beschwerdeführer auf seinem Standpunkt, dass die Pfändung der Inhaberaktien zu Unrecht erfolgt sei. Zudem wolle er gar kein Dritteigentum an diesen Wertpapieren geltend machen. Er rügt die Verletzung von Art. 17 und Art. 106 SchKG.
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2.4.1. Der Pfändungsvollzug stellt eine Verfügung dar, die mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG bei der Aufsichtsbehörde angefochten werden kann. Überdies kann diese Verfügung Anlass geben, in der hängigen Betreibung eine Drittansprache beim Betreibungsamt anzumelden. Dazu ist nicht nur der Drittansprecher, sondern auch der Schuldner und unter Umständen ein sonstiger konkret Betroffener berechtigt (A. STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 18 zu Art. 106). Damit kann die bei der Aufsichtsbehörde gegen die Pfändung erhobene Einsprache aufgrund ihrer Begründung ("ich bin nicht Aktionär der B.________ AG") durchaus als Anmeldung einer Drittansprache verstanden werden. Sie wäre jedoch an das Betreibungsamt zu richten gewesen, worauf die Vorinstanz mit Recht hinweist. Es ist Sache des Betreibungsamtes zu prüfen, ob die Einsprache gültig ist und insbesondere die (allenfalls zu verbessernden) Angaben enthält, welche für die korrekte Durchführung des Widerspruchsverfahrens notwendig sind (BGE 109 II 56 E. 4a; A. STAEHELIN, a.a.O., N. 20 zu Art. 106). Will man die Einsprache als Beschwerde gegen die Pfändung verstanden haben, wie der Beschwerdeführer dies nach wie vor verlangt, so könnte seinem Begehren nicht gefolgt werden. Aufgrund der dem Betreibungsamt zur Verfügung stehenden Angaben bestand im Zeitpunkt der Pfändung kein Anlass, an der Pfändbarkeit der Inhaberaktien zu zweifeln. Selbst wenn der Beschwerdeführer an der Pfändung anwesend gewesen und das Eigentum an den Aktien bestritten hätte, wäre die Pfändung gleichwohl möglich gewesen.
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2.4.2. Schwer verständlich ist der Vorwurf des Beschwerdeführers, das Betreibungsamt habe den Sachverhalt ungenügend abgeklärt und die Pfändung auf einem spekulativen Hintergrund vorgenommen. Zwar ist das Betreibungsamt gehalten, allen Hinweisen auf pfändbares Vermögen und Einkommen nachzugehen (D. STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Erg. 2017, ad N. 13/b zu Art. 91). Der Schuldner ist indes verpflichtet, bei der Pfändung anwesend zu sein und umfassend Auskunft zu geben, worauf er in der Pfändungsankündigung hingewiesen wird (Art. 90, Art. 91 Abs. 1 SchKG; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, § 5 Rz. 18). Der Beschwerdeführer hat dem Betreibungsamt die im Vorfeld der Pfändung verlangten Angaben jedoch nicht erteilt. Welche weiteren konkreten Abklärungen im Hinblick auf die Pfändbarkeit der Inhaberaktien nötig gewesen wären (E. 2.1), erwähnt der Beschwerdeführer nicht. Auf diese Rüge ist nicht einzutreten.
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2.5. Im Ergebnis kann der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden.
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3. Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Basel-Landschaft sowie der Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 20. Juli 2018
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Levante
 
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