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Informationen zum Dokument  BGer 1C_254/2018  Materielle Begründung
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BGer 1C_254/2018 vom 28.09.2018
 
 
1C_254/2018
 
 
Urteil vom 28. September 2018
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Eusebio, Chaix,
 
Gerichtsschreiber Mattle.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Suzanne Dreher-Landolt,
 
gegen
 
Gemeinde Beringen, Gemeinderat,
 
Zelgstrasse 8, Postfach 208, 8222 Beringen,
 
Planungs- und Naturschutzamt
 
des Kantons Schaffhausen,
 
Beckenstube 11, 8200 Schaffhausen,
 
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen,
 
Beckenstube 7, 8200 Schaffhausen.
 
Gegenstand
 
Bauabschlag, Erdkollektoren,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 20. April 2018 (60/2016/9).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die A.________ AG beabsichtigt, auf der in der Industriezone 2 gelegenen Parzelle Nr. 862 an der Industriestrasse 6a in Beringen eine Erdkollektorenanlage zu erstellen. Auf dem insgesamt 19'291 m2 umfassenden Grundstück soll in einer Tiefe von 15 bis 30 Metern verteilt auf vier Lagen (Geschosse) ein Erdkollektorenfeld mit einer Fläche von insgesamt rund 35'000 m2entstehen.
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Ursprünglich war eine etappierte Bauweise mit sechs Baufeldern und je einer eigenständigen unterirdischen Erdwärmeanlage für die damals geplanten oberirdischen sechs Gebäudeeinheiten vorgesehen. Ein früheres, am 1. Juli 2011 bewilligtes Baugesuch umfasste daher noch eine erste Etappe mit einer in sich geschlossenen Erdkollektorenanlage und einem darüber liegenden Hochbau. Nachdem sich herausstellte, dass bei einer etappierten Bauweise jeweils aufwendige Böschungssicherungen erforderlich würden, reichte die A.________ AG am 28. Juli 2014 bzw. 1. September 2014 ein neues Baugesuch für eine umfassende Erdkollektorenanlage ohne Hochbauten ein.
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B. Das Baugesuch der A.________ AG vom 28. Juli 2014 bzw. 1. September 2014 wurde vom Planungs- und Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen mit Verfügung vom 31. Juli 2015 abgewiesen. Einen von der A.________ AG hiergegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen mit Beschluss vom 12. Januar 2016 ab. Dagegen erhob die A.________ AG am 3. Februar 2016 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Obergericht des Kantons Schaffhausen. Mit Entscheid vom 20. April 2018 wies das Obergericht die Beschwerde ab. Es befand, dass die Baubewilligung nicht erteilt werden könne, da damit gerechnet werden müsse, dass nach dem Aushub der Grube und der Erstellung der Erdkollektorenanlage bis auf Weiteres kein Hochbauvorhaben realisiert werde, und der A.________ AG somit im Ergebnis der mit dem Abgraben verbundene, nicht zonenkonforme gewerbliche Kiesabbau bewilligt würde.
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C. Mit Eingabe vom 28. Mai 2018 erhebt die A.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt, die Entscheide der Vorinstanz und des Planungs- und Naturschutzamts seien aufzuheben und es sei die Baubewilligung für die Erdkollektorenanlage zu erteilen. Die Vorinstanz beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Die Verfügung des Planungs- und Naturschutzamts vom 31. Juli 2015 sowie der Beschluss des Regierungsrates vom 12. Januar 2016 wurden durch den angefochtenen Entscheid ersetzt und gelten als inhaltlich mitangefochten. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Bauherrin zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vorbehältlich zulässiger und genügend begründeter Rügen (vgl. E. 1.3) einzutreten.
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1.2. Das Bundesgericht beurteilt im Bereich des öffentlichen Rechts Verfassungsbeschwerden nur, soweit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig ist (Art. 113 BGG). Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde verbleibt vorliegend kein Raum, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer verfassungsmässigen Rechte in genügender Weise rügt (vgl. E. 1.3), ist darauf im Rahmen der von ihr erhobenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzugehen.
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1.3. Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG prüft es die Verletzung von Grundrechten jedoch nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Das bedeutet, dass das Bundesgericht insoweit nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen prüft, während es auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503; BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368; je mit Hinweisen). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53 mit Hinweisen). Es genügt nicht, wenn der Beschwerdeführer bloss behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (Urteil 1C_324/2018 vom 12. September 2018 E. 1.2 mit Hinweis).
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Erwägung 2
 
2.1. Nach der Einschätzung der Vorinstanz ist das ersuchte Bauvorhaben am vorgesehenen Standort in der kommunalen Industriezone 2 (vgl. Art. 39 Abs. 1 der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Beringen vom 21. August 2012) ohne eine dazugehörende Hochbaute nicht zonenkonform. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die projektierte Erdkollektorenanlage zu bewilligen sei, da sie in Verbindung mit dem am 1. Juli 2011 bewilligten Hochbauprojekt gewürdigt werden müsse. Zwar sei im neuen Baugesuch betreffend den vollflächigen Einbau von Erdkollektoren nicht von Hochbauten die Rede gewesen; aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen dem Hochbauprojekt und der Erdkollektorenanlage sei für alle Beteiligten einschliesslich der Behörden jedoch jederzeit klar gewesen, dass das Gesuch zur Erstellung der Erdkollektorenanlage lediglich eine Anpassung des Gesamtprojekts an neue Erkenntnisse bezweckt habe. Sinngemäss schliesst die Beschwerdeführerin daraus, dass die Vorinstanz die Zonenkonformität der Erdkollektorenanlage im Zusammenhang mit dem bereits am 1. Juli 2011 bewilligten Hochbauprojekt hätte beurteilen müssen. Die Vorinstanz habe deshalb auch zu Unrecht offen gelassen, ob die Baubewilligung aus dem Jahre 2011 noch rechtsgültig sei. Überdies sei es willkürlich, der Beschwerdeführerin die Absicht zu unterstellen, auf dem Grundstück lediglich Kiesabbau betreiben und es folglich nicht zonenkonform nutzen zu wollen. Zudem sei die Erdkollektorenanlage auch für sich allein betrachtet bewilligungsfähig. Sinngemäss rügt die Beschwerdeführerin damit eine willkürliche Anwendung des kantonalen und kommunalen öffentlichen Baurechts, nach dem sich die Erteilung einer Baubewilligung im Kanton Schaffhausen bzw. der Gemeinde Beringen richtet.
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2.2. Die Anwendung des kantonalen und kommunalen Baurechts kann das Bundesgericht nur unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, namentlich unter dem Blickwinkel des Willkürverbots, überprüfen (vgl. Art. 95 BGG). Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht; zudem ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 142 V 513 E. 4.2 S. 516; BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72; je mit Hinweisen).
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2.3. Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden (Art. 22 Abs. 1 RPG). Das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen schreibt vor, dass Bauten und Anlagen bewilligt werden, wenn sie den Vorschriften und Planungen von Bund, Kanton und Gemeinde genügen (Art. 55 Abs. 1 Baugesetz [BauG/SH; SHR 700.100]). Eine Baubewilligung kann nur erteilt werden, wenn die projektierten Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen (Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG). Die Parzelle Nr. 862 befindet sich gemäss Zonenplan der Gemeinde Beringen in der Industriezone 2. Gemäss Art. 39 Abs. 1 der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Beringen sind die Industriezonen für Industrie- und Gewerbebetriebe sowie für Bauten und Anlagen zur Freizeitnutzung bestimmt. Demzufolge sind andere Nutzungen nicht zonenkonform. Bei der projektierten Erdkollektorenanlage handelt es sich für sich alleine nicht um eine gewerbliche Anlage zur Gewinnung von Erdwärme. Da keine Energieübergabe-Stelle vorgesehen ist und die Wärme der Erdkollektoren folglich gar nicht nutzbar gemacht werden könnte, ist die Anlage nicht geeignet, die Nutzung von Erdwärme zu gewerblichen Zwecken zu ermöglichen. Die Erdkollektorenanlage kann deshalb für sich alleine nicht als zonenkonformer Industrie- oder Gewerbebetrieb im Sinne von Art. 39 Abs. 1 der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Beringen qualifiziert werden. Die Vorinstanz ging damit im Ergebnis zu Recht - und jedenfalls ohne in Willkür zu verfallen - davon aus, dass die Erdkollektorenanlage als solche nicht bewilligungsfähig ist, sondern allenfalls in Verbindung mit einem zonenkonformen Hochbauprojekt bewilligt werden könnte.
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2.4. In tatsächlicher Hinsicht hat die Vorinstanz festgestellt, die Erstellung einer Hochbaute erscheine bis auf Weiteres nicht wahrscheinlich bzw. stehe zur Zeit nicht in Aussicht. Die Finanzierung eines entsprechenden Vorhabens sei noch offen; die Beschwerdeführerin verfüge über keine Investoren und nenne keine konkreten Interessenten. Die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bleiben unwidersprochen und werden nicht als unrichtig angefochten (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz offen lassen, ob die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Baubewilligung vom 1. Juli 2011 noch rechtsgültig besteht, zumal die Beschwerdeführerin nicht geltend macht, es bestehe die konkrete Absicht, ein entsprechendes Hochbauprojekt zeitnah zu verwirklichen. Wohl weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass eine Erdkollektorenanlage wirtschaftlich unsinnig sei, sofern im Folgenden keine Hochbauten errichtet würden, doch vermag sie keine konkreten Umstände aufzuzeigen, die eine Benutzung der Bewilligung vom 1. Juli 2011 in absehbarer Zeit als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die geplante Erdkollektorenanlage wurde von der Vorinstanz somit zu Recht nicht als Teil eines Gesamtprojekts gewürdigt bzw. bewilligt.
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2.5. Soweit die Beschwerdeführerin eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts überhaupt genügend begründet vorträgt (vgl. Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 BGG), dringt sie damit nicht durch.
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Erwägung 3
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Gemeinde Beringen, dem Planungs- und Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen, dem Regierungsrat des Kantons Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. September 2018
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Merkli
 
Der Gerichtsschreiber: Mattle
 
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