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Informationen zum Dokument  BGer 8C_231/2018  Materielle Begründung
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BGer 8C_231/2018 vom 09.10.2018
 
 
8C_231/2018
 
 
Urteil vom 9. Oktober 2018
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Massimo Aliotta,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 24. Januar 2018 (IV.2016.00839).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Die 1969 geborene A.________ war seit 2001 bei der B.________ AG vollzeitlich als Papeterieverkäuferin tätig. Daneben war sie ab 1. August 2006 bis 30. September 2008 beim Verband C.________ zu ca. drei Stunden pro Woche als Raumpflegerin angestellt gewesen. Am 1. August 2006 zog sie sich bei einem Fehltritt am Trottoirrand eine Stressfraktur des Os naviculare am linken Fuss zu. Seit 1. Februar 2007 arbeitete die Versicherte zu 100 % bei der Firma D.________ als stellvertretende Filialleiterin im Verkauf. Am 3. Oktober 2008 wurde sie in der Klinik E.________ am linken Fuss operiert, wobei ein traumatisierter Os tibiale externum links diagnostiziert wurde. Ab 5. März 2009 übte sie die Arbeit bei der Firma D.________ noch zu 50 % aus; per Ende Juli 2009 wurde ihr diese Arbeitsstelle gekündigt. Am 23. März 2009 meldete sie sich bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Diese zog diverse Arztberichte und ein Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts (ABI) GmbH, Basel, vom 29. März 2011 (mit Ergänzung vom 11. Januar 2012) bei. Mit Verfügung vom 7. Juni 2012 verneinte die IV-Stelle einen Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad lediglich 31 % betrage. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich bestätigte diese Verfügung mit Entscheid vom 3. September 2013 und das Bundesgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil 8C_767/2013 vom 20. Februar 2014 ab.
1
A.b. Nachdem A.________ am 5. März 2014 im Rahmen einer Neuanmeldung Antrag auf berufliche Massnahmen und Abklärung ihres Gesundheitszustands gestellt hatte, wollte die IV-Stelle eine polydisziplinäre Begutachtung bei der PMEDA AG, Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen (nachfolgend: PMEDA) vornehmen, wogegen A.________ Einwände erhob. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2014 hielt die IV-Stelle an der Abklärungsstelle fest. Dies bestätigte das Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 18. Februar 2015, während das Bundesgericht mit Urteil 8C_216/2015 vom 12. Mai 2015 darauf nicht eintrat.
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A.c. Gestützt auf das Gutachten der PMEDA vom 15. Oktober 2015 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 17. Juni 2016 einen Leistungsanspruch.
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B. Die Beschwerde der A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. Januar 2018 ab.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei das Gutachten der PMEDA vom 15. Oktober 2015 aus dem Recht zu weisen, es lägen Ausstandsgründe gegen die Gutachter vor; es sei eine revisionsrechtlich relevante Gesundheitsveränderung festzustellen und entsprechend eine Rente zu sprechen. Eventualiter sei die Sache zwecks Einholung eines polydisziplinären Gerichtsgutachtens an die Vorinstanz, subeventualiter an die Verwaltung, zurückzuweisen. Ferner sei das vorliegende Verfahren zu sistieren bis feststehe, ob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Prof. Dr. med. F.________ und Dr. med. G.________ erheben werde.
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Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
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Erwägungen:
 
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Streitig ist, ob das kantonale Gericht die Verfügung der IV-Stelle vom 17. Juni 2016, wonach - unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten - kein Leistungsanspruch bestehe, zu Recht bestätigte. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Vorinstanz dem PMEDA-Gutachten vom 15. Oktober 2015 vollen Beweiswert zuerkennen durfte. Die dazu massgebenden Rechtsgrundlagen legte das kantonale Gericht zutreffend dar. Darauf wird verwiesen.
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3. Beschwerdeweise wird eine Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht geltend gemacht, wie auch eine offensichtliche falsche Tatsachenfeststellung gerügt. Das Gutachten vom 15. Oktober 2015 sei aus formellen Gründen wie fehlende Transparenz und unvollständige medizinische Aktenlage sowie Einflussnahme auf das Gutachten durch Prof. Dr. med. F.________, aus dem Recht zu weisen. Zudem bestünden Ausstandsgründe gegenüber Prof. Dr. med. F.________, Dr. med. H.________, Dr. med. G.________, Prof. Dr. med. I.________, Dr. med. J.________ sowie Dr. med. K.________, welche die Vorinstanz ignoriert habe. Der medizinische Sachverhalt sei deshalb nicht rechtsgenüglich abgeklärt worden und die Vorinstanz habe in ihrer Würdigung Bundesrecht und Völkerrecht verletzt.
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Erwägung 4
 
4.1. Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht erneut den Anschein der Befangenheit des medizinischen und fachlichen Leiters der PMEDA, Prof. Dr. med. F.________, sowie die fehlende Unabhängigkeit der eingesetzten Gutachter rügt, beschränkt sie sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der vorinstanzlich vorgetragenen Einwendungen und setzt sich mit den diesbezüglichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids nicht substanziiert auseinander. Insbesondere legt sie nicht dar, weshalb gegen die eingesetzten Gutachter Ausstands- und Ablehnungsgründe im Sinne von Art. 44 ATSG vorliegen sollen. Unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erübrigen sich deshalb Weiterungen hierzu. Bezüglich der Einflussnahme des Prof. Dr. med. F.________ auf das Gutachten verwies die Vorinstanz auf dessen Funktion als Leiter der PMEDA und stellte (verbindlich) fest, dass Prof. Dr. med. F.________ gar nicht als Gutachter eingesetzt worden war, sondern lediglich in seiner leitenden Funktion das Gesamtgutachten unterzeichnete. Ein Einfluss seiner Bewertung auf die Begutachtungsergebnisse der Teilexperten ist nicht ersichtlich. Es ist daher nicht einleuchtend, dass das Gutachten aufgrund der blossen Mitunterzeichnung durch einen Arzt, der nicht vorgängig als Experte genannt wurde, nicht mehr die Kriterien gemäss Art. 44 ATSG erfüllen sollte. Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK (faires Verfahren) ist nicht auszumachen.
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4.2. Was die beantragte Sistierung des Verfahrens unter Verweis auf das mögliche strafrechtliche Verfahren gegen Prof. Dr. med. F.________ und die übrigen Gutachter betrifft, ist darauf nicht weiter einzugehen. Denn die Versicherte stützt sich dabei auf ein unzulässiges Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG. Sollte es zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen, wäre dies gegebenenfalls unter dem Blickwinkel einer Revision nach Art. 123 Abs. 1 BGG zu prüfen (vgl. Urteil 9F_5/2018 vom 16. August 2018).
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4.3. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass das PMEDA-Gutachten vom 15. Oktober 2015 den Anforderungen an den Beweiswert medizinischer Unterlagen gemäss BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 und 125 V 351 E. 3a S. 352 entspricht. Es beruht auf den Vorakten und einer umfassenden polydisziplinären Abklärung, berücksichtigt die geklagten Beschwerden und begründet die darin enthaltenen Schlussfolgerungen nachvollziehbar und überzeugend. Die neu vorgebrachten Behauptungen in der Beschwerde ändern, sofern sie überhaupt zulässig sind, nichts daran. Das Gutachten datiert vom 15. Oktober 2015. Sämtliche relevanten Arztberichte wurden bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. Beschwerdeweise wird richtig festgestellt, dass der letzte zur Kenntnis genommene Bericht vom 8. April 2015 datiert, es wird aber nicht ausgeführt, ob danach bis zum Datum des Gutachtens wesentliche Berichte ausser Acht gelassen worden seien, geschweige denn auf einen konkreten relevanten Bericht in dieser Zeitspanne hingewiesen. Folglich ist die Rüge, die Expertise beruhe auf einer unvollständigen Aktenlage, nicht stichhaltig. Auch die Kritik, es sei nicht nachvollziehbar, wer verantwortlich für die Teilgutachten sei und ob die Teilgutachter die relevanten Akten gelesen hätten, geht ins Leere. Im Gutachten sind jeweils die Teilgutachter aufgeführt, gegen welche nota bene die Ausstandsbegehren gestellt wurden und die allesamt die Konsensbeurteilung des polydisziplinären Gutachtens unterzeichnet haben. Auch ergibt sich aus den Teilgutachten, dass die untersuchenden Ärzte die Vorakten kannten. Anlässlich der durchgeführten Hauptverhandlung stellte die Vorinstanz sodann u.a. nicht offensichtlich unrichtig fest, die Beschwerdeführerin habe bei der Begutachtung keine persönlichen Auskünfte geben wollen, was die Beweiskraft des Gutachtens nicht schmälert. Entgegen dem Einwand in der Beschwerde befasste sich das kantonale Gericht insgesamt hinreichend mit den Vorbringen gegen die Gutachter. Umstände, die in objektiver Weise geeignet wären, Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der sachverständigen Person zu erwecken (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 mit Hinweis), sind mit der Vorinstanz nicht ersichtlich. Die Vorwürfe gegen die Experten und die diesbezügliche Würdigung des kantonalen Gerichts lassen jedenfalls keine Bundesrechtswidrigkeit der vorinstanzlichen Beurteilung erkennen. Die Vorinstanz durfte daher das PMEDA-Gutachten als formell einwandfreie und materiell schlüssige medizinische Entscheidgrundlage betrachten. Eine Verletzung der Abklärungs- und Begründungspflicht nach Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG oder eine willkürliche Beweiswürdigung liegt nicht vor, auch nicht bezüglich der nach Gutachtenserstellung eingegangenen Arztberichte.
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Es ist sodann nicht nachvollziehbar, inwiefern die vorinstanzliche Feststellung, die Auffassung des behandelnden Dr. med. L.________ M.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, wonach eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bestehe (in den Berichten vom 25. April und 23. Juni 2016) vermöge die schlüssige Arbeitsfähigkeitsschätzung im Gutachten nicht in Zweifel zu ziehen, zumal er sich nicht zu einer leidensangepassten Tätigkeit geäussert habe und seine Angaben wohl auch durch seine hausärztliche Stellung gekennzeichnet seien, willkürlich sein soll. Da zum medizinisch erstellten Sachverhalt zu Recht keine weiteren Einwände erhoben wurden, durfte die Vorinstanz ohne Bundesrecht zu verletzen die Verfügung vom 17. Juni 2016 bestätigen. Die Beschwerde ist abzuweisen.
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5. Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - mit summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.
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6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Das Begehren um Sistierung des Verfahrens wird abgewiesen.
 
2. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 9. Oktober 2018
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla
 
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