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Informationen zum Dokument  BGer 9C_560/2018  Materielle Begründung
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BGer 9C_560/2018 vom 30.11.2018
 
 
9C_560/2018
 
 
Urteil vom 30. November 2018
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
 
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
vertreten durch Rechtsanwältin Stéphanie Baur,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. Juni 2018 (VBE.2017.866).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1966 geborene A.________ meldete sich im September 2014 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau holte insbesondere das bidisziplinäre (orthopädisch-psychiatrische) Gutachten der Academy of Swiss Insurance Medicine, Universitätsspital Basel (asim), vom 17. Dezember 2015 samt Stellungnahme vom 25. Februar 2016 ein und nahm die zuhanden der Krankentaggeldversicherung erstellte psychiatrische Expertise der Dr. med. B.________ vom 15. Juni 2016 zu den Akten. Mit Verfügung vom 25. August 2016 sprach sie der Versicherten eine Dreiviertelsrente ab 1. Mai 2015 zu. Im anschliessenden Beschwerdeverfahren stellte das Versicherungsgericht des Kantons Aargau A.________ eine reformatio in peius in Aussicht, weil es die Gutachten der asim und der Dr. med. B.________ als nicht beweiskräftig erachte. Infolge Rückzugs der Beschwerde schrieb das kantonale Gericht das Verfahren mit Entscheid vom 24. Mai 2017 ab. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob die IV-Stelle die bisherige Rente mit Verfügung vom 23. Oktober 2017 wiedererwägungsweise auf Ende November 2017 auf.
1
B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. Juni 2018 teilweise gut. Es hob die Verfügung vom 23. Oktober 2017 auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen und zur Neuverfügung an die Verwaltung zurück.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, der Entscheid vom 20. Juni 2018 sei aufzuheben und die Dreiviertelsrente zu bestätigen.
3
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die zum vorinstanzlichen Verfahren beigeladene CPV/CAP Pensionskasse Coop und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
4
 
Erwägungen:
 
1. 
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1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).
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1.2. Das kantonale Gericht hat die Rentenzusprache für zweifellos unrichtig und die wiedererwägungsweise Aufhebung der Verfügung vom 25. August 2016 für zulässig gehalten. Es ist zum Schluss gekommen, dass für eine Rentenaufhebung eine erneute psychiatrische Abklärung notwendig sei, weshalb es die Sache zu deren Anordnung und anschliessender neuen Verfügung über den Rentenanspruch an die Verwaltung zurückgewiesen hat.
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1.3. Beim vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (vgl. BGE 140 V 321 E. 3.1 S. 325 mit Hinweis auf BGE 133 V 477 E. 4.2 und 4.3 S. 481 f.). Die Beschwerde ist daher nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführt und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG; BGE 133 III 629 E. 2.4.1 f. S. 633; SVR 2018 FZ Nr. 1 S. 1, 8C_464/2017 E. 2, nicht publ. in: BGE 144 V 35).
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Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Sie ist restriktiv zu handhaben, können doch Vor- und Zwischenentscheide gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (BGE 144 III 253 E. 1.3 S. 254 mit Hinweisen).
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1.4. Zu den Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG macht die Beschwerdeführerin lediglich geltend, eine erneute medizinische Begutachtung führe zu einer Retraumatisierung und gefährde ihre Gesundheit. Daraus lässt sich indessen kein nicht wieder gutzumachender Nachteil ableiten: Letztlich müssen die ärztlichen Sachverständigen die medizinische Frage beantworten, ob - und gegebenenfalls unter welchen Rahmenbedingungen - eine Begutachtung verantwortbar ist (Urteile 9C_474/2014 vom 14. Juli 2014 E. 2.2; 9C_922/2015 vom 24. Dezember 2015 E. 2 mit Hinweisen).
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1.5. Weiter beruft sich die Beschwerdeführerin auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG: Eine weitere Abklärung des medizinischen Sachverhalts sei unnötig. Die Wiedererwägung (vgl. Art. 53 Abs. 2 ATSG) der rentenzusprechenden Verfügung vom 25. August 2016 und damit auch die Rentenaufhebung seien von vornherein unzulässig.
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Zwar würde mit der Gutheissung der Beschwerde sofort ein Endentscheid herbeigeführt. Indessen können materielle Einwendungen - wie diejenige zur Notwendigkeit der Begutachtung - dem Bundesgericht nicht schon im Rahmen eines Zwischenverfahrens zur Beurteilung vorgelegt werden (statt vieler: Urteile 9C_474/2014 vom 14. Juli 2014 E. 2.1; 9C_285/2014 vom 30. Mai 2014 E. 2), und die Rückweisung zur Einholung eines medizinischen Gutachtens stellt keinen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren dar (statt vieler: Urteil 8C_896/2017 vom 27. April 2018 E. 3.3; SVR 2011 IV Nr. 57, 8C_958/2010 E. 3.3.2.2). Weshalb dies für den konkreten Fall nicht gelten soll, wird nicht substanziiert dargelegt (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) und ist auch nicht ersichtlich.
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2. Da nach dem Gesagten die Sachurteilsvoraussetzungen des Art. 93 Abs. 1 BGG nicht gegeben sind, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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3. Die Beschwerdeführerin hat grundsätzlich die Verfahrenskosten zu tragen, indessen wird umständehalber auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der CPV/CAP Pensionskasse Coop, Basel, schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 30. November 2018
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann
 
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