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Informationen zum Dokument  BGer 9C_733/2018  Materielle Begründung
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BGer 9C_733/2018 vom 04.12.2018
 
 
9C_733/2018
 
 
Urteil vom 4. Dezember 2018
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Parrino,
 
Gerichtsschreiber R. Widmer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Ausgleichskasse Swissmem,
 
Pfingstweidstrasse 102, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. September 2018 (VBE.2017.934).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der im August 1993 geborene A.________ bezog seit 2011 von der Ausgleichskasse Swissmem eine Waisenrente für Kinder, die sich noch in Ausbildung befinden Nach einem Studium an der Universität B.________, das er mit dem Bachelor of Arts abschloss, absolvierte er vom 1. September 2017 bis 28. Februar 2018 bei der C.________ AG, ein Praktikum. Der Lohn belief sich auf Fr. 4'500.- im Monat. Darüber und über den Umstand, dass er einen teilzeitlichen Masterlehrgang in Form eines Fernstudiums an einer Universität im Ausland, aufgenommen habe, informierte er die Ausgleichskasse Ende September und Anfang Oktober 2017. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2017 stellte die Ausgleichskasse die Waisenrente unter Hinweis auf das vom Versicherten erzielte Erwerbseinkommen auf den 31. Juli 2017 ein und verpflichtete diesen, die für die Monate August und September 2017 ausgerichteten Waisenrenten im Betrag von Fr. 1'880.- zurück zu erstatten. Hieran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 10. November 2017 fest.
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B. Die von A.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 12. September 2018 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der vorinstanzliche Entscheid sowie der Einspracheentscheid seien aufzuheben und es sei ihm weiterhin eine Waisenrente zuzusprechen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.2. In zeitlicher Hinsicht ist für die gerichtliche Beurteilung der Sachverhalt massgebend, der sich bis zum Erlass des Einspracheentscheides (hier: 10. November 2017) ereignet hat (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366 mit Hinweis; E. 2.1 des in BGE 130 V 71 auszugsweise veröffentlichten Urteils I 465/03 vom 1. Dezember 2003; vgl. auch Urteil 9C_889/2015 vom 15. Januar 2016 E. 2.1). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366 mit Hinweis).
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2. Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf eine Waisenrente (Art. 25 Abs. 1 und 5 AHVG) sowie den Begriff der Ausbildung, die zum Bezug einer Waisenrente berechtigt (Art. 49bis und Art. 49ter AHVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht die Einstellung der Waisenrente auf den 31. Juli 2017 gemäss Einspracheentscheid der Ausgleichskasse vom 10. November 2017 mit dem angefochtenen Entscheid zu Recht bestätigt hat.
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3.1. Mit Bezug auf das seitens der Ausgleichskasse festgelegte Ende des Waisenrentenanspruchs (31. Juli 2017) führte die Vorinstanz aus, es sei spiegelbildlich zur Rechtsprechung zum Beginn einer Ausbildung (BGE 141 V 473) auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Versicherte keine Leistungen mehr zu erbringen hat. Die Vorlesungen an der Universität B.________ hätten am 27. Mai 2017 geendet. Daran habe sich ein zentraler Prüfungsblock vom 19. Juni bis 22. Juli 2017 angeschlossen. Der Beschwerdeführer habe seine letzte schriftliche Klausur am 4. Juli 2017 abgelegt. Ab diesem Datum habe er für das Studium keine Leistungen mehr erbringen müssen; er habe deshalb nicht mehr in Ausbildung im Sinne von Art. 25 Abs. 5 AHVG in Verbindung mit Art. 49bis Abs. 1 AHVV gestanden. Ab 1. September 2017 habe der Versicherte ein Praktikum bei der C.________ AG absolviert. Daneben habe er ein Fernstudium an einer Universität im Ausland aufgenommen. Mit Blick auf das vollzeitliche Praktikum und den dabei erzielten Lohn von Fr. 4'500.- im Monat entfalle nach Art. 49bis Abs. 3 AHVV ein Waisenrentenanspruch.
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3.2 Dieser Auffassung ist beizupflichten. Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, die Bachelor-Ausbildung habe bis zur Diplomverleihung am 30. September 2017 gedauert, weshalb auch die Rente bis zu diesem Zeitpunkt auszurichten sei, ist nicht stichhaltig. Würde dieser Auffassung gefolgt, wäre das Ende des Waisenrentenanspruchs - abgesehen vom gesetzlich umschriebenen Alter des Rentenbezügers - von einem mehr oder weniger zufälligen, vom Zweck der Rente, die Ausbildung zu fördern (BGE 139 V 122 E. 4.3 S. 126), losgelösten Datum der Diplomierung abhängig, was nicht dem Gedanken der Waisenrente entspräche.
9
4.
10
4.1 Hinsichtlich eines beschwerdeweise geltend gemachten allfälligen Wiederauflebens der Waisenrente nach Abschluss des Praktikums ergibt sich Folgendes: Der Einspracheentscheid ist am 10. November 2017 ergangen. Zu jenem Zeitpunkt war der Ausgleichskasse bekannt, dass der Versicherte bei der C.________ AG ein Praktikum absolvierte, das vom 1. September 2017 bis 28. Februar 2018 dauern würde, wogegen über den daran anschliessenden Zeitraum keine genaue Kenntnis bestand. Da das Sozialversicherungsgericht den Sachverhalt zu berücksichtigen hat, wie er sich bis am 10. November 2017 entwickelt hat (E. 1.2 hievor), ist der vorinstanzliche Entscheid als rechtskonform zu betrachten, weil ab August 2017 bis zum Erlass des Einspracheentscheides (am 10. November 2017) kein Waisenrentenanspruch mehr bestanden hat. Das kantonale Gericht hat sich sodann so wenig wie die Ausgleichskasse im Einspracheentscheid über den Waisenrentenanspruch in den sechs Monaten nach dem Ende des Praktikums bis zur Vollendung des 25. Altersjahrs des Versicherten, welche den Waisenrentenanspruch für Kinder in Ausbildung laut Art. 25 Abs. 5 AHVG enden lässt, geäussert. Da die sechs Monate von März bis August 2018 jedoch nicht in den in zeitlicher Hinsicht massgebenden Beurteilungszeitraum fallen, worüber denn auch vorinstanzlich zu Recht nicht entschieden wurde, entfällt eine Prüfung des entsprechenden Beschwerdeantrags im bundesgerichtlichen Verfahren.
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4.2 Der Beschwerdeführer macht des Weiteren geltend, er habe bereits im September 2017 seine Ausbildung mit einem Fernstudium zum Master in International Business Law an einer Universitäti im Ausland fortgesetzt und bis August 2018 studiert. Wie es sich damit verhält und ob diesem Lehrgang Ausbildungscharakter im Sinne des Gesetzes zukommt, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Es ist dem Versicherten jedoch unbenommen, sich mit einem Gesuch um Zusprechung einer Waisenrente für die Monate März bis August 2018 unter Einreichung der entsprechenden Studienbescheinigungen erneut bei der Ausgleichskasse anzumelden (Art. 67 Abs. 1 AHVV).
12
5.
13
Was die ebenfalls bestrittene Rückerstattung der dem Versicherten für die Monate August und September 2017 ausbezahlten Waisenrenten betrifft, wird auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, inwiefern das kantonale Gericht in diesem Punkt den rechtserheblichen Sachverhalt willkürlich festgestellt oder anderweitig Bundesrecht verletzt haben sollte (vgl. E. 1.1 hievor).
14
6.
15
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
16
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 4. Dezember 2018
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer
 
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