Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Bearbeitung, zuletzt am 08.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 2C_509/2020 vom 07.10.2020
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
 
2C_509/2020
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd,
 
Bundesrichterin Hänni,
 
Gerichtsschreiber Mösching.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft, Rheinstrasse 33, 4410 Liestal,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
A.________,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Steuer- und Enteignungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Abteilung Steuergericht, Kreuzbodenweg 1, 4410 Liestal,
 
Einwohnergemeinde U.________.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Basel-Landschaft, Steuerperiode 2016,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 22. April 2020 (810 19 309).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ ist Eigentümerin einer durch Erbgang erworbenen Attikawohnung in V.________. Darüber hinaus besitzt sie selbstbewohntes Wohneigentum in U.________ und eine Ferienwohnung in W.________ (TI). Mit Veranlagungsverfügung vom 1. März 2018 wurde ihr bei der Staatssteuer 2016 für die Liegenschaft in V.________ ein Eigenmietwert in der Höhe von Fr. 12'262.-- aufgerechnet.
B. Mit Einsprache bei der Steuerverwaltung beantragte A.________, es sei auf die Aufrechnung des Eigenmietwerts für die Liegenschaft in V.________ zu verzichten. Die Steuerverwaltung wies die Einsprache mit Entscheid vom 8. Januar 2019 ab. Dagegen erhob A.________ am 5. Februar 2019 Rekurs beim Steuer- und Enteignungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Steuergericht). Dieser wurde mit Entscheid vom 9. August 2019 kostenpflichtig abgewiesen.
C. Daraufhin gelangte A.________ mit Beschwerde vom 18. November 2019 an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Kantonsgericht) und beantragte sinngemäss die Herabsetzung des steuerbaren Einkommens um den Eigenmietwert der Liegenschaft in V.________ in der Höhe von Fr. 12'262.-- für das Steuerjahr 2016. Mit Urteil vom 22. April 2020 hiess das Kantonsgericht die Beschwerde gut und hob den Entscheid des Steuergerichts vom 9. August 2019 auf. Es wies die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft an, A.________ bei der Staatssteuer 2016 ohne Aufrechnung des Eigenmietwerts für die Liegenschaft in V.________ in der Höhe von Fr. 12'262.-- zu besteuern.
D. Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft legt mit Eingabe vom 17. Juni 2020 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ein. Sie beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 22. April 2020 betreffend Staats- und Gemeindesteuern aufzuheben und das in der gleichen Sache ergangene Urteil des kantonalen Steuergerichts vom 9. August 2019 zu bestätigen bzw. die Aufrechnung des Eigenmietwerts in der Höhe von Fr. 12'262.-- im Steuerjahr 2016 zu bestätigen.
A.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung während das Steuergericht den Antrag stellt, die Beschwerde sei gutzuheissen. Die Einwohnergemeinde U.________ hat sich nicht vernehmen lassen.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das angefochtene Urteil wurde von einer kantonal letztinstanzlich zuständigen Gerichtsbehörde erlassen. Es enthält einen Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, welcher unter keinen Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14], Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die Kantonale Steuerverwaltung ist gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 73 Abs. 2 StHG zur Beschwerde legitimiert (vgl. BGE 134 I 303 E. 1.2 S. 305 f.; 134 II 124 E. 2.6.3 S. 130 f.; Urteil 2C_991 und 992/2011 vom 18. Juli 2012 E. 2.1, Urteil 2C_365/2009 vom 24. März 2010 E. 2.1). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 und 100 BGG).
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und verfügt es über volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten prüft das Bundesgericht nur, wenn eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, sprich willkürlich sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich gemäss Art. 9 BV, wenn sie offensichtlich unhaltbar oder aktenwidrig ist, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 f.; Urteile 2C_1072/2014 vom 9. Juli 2015 E. 1.4; 2C_310/2014 vom 25. November 2014 E. 1.2). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 444 f.).
1.4. In Bezug auf die Beweislast gilt Folgendes: Der Nachweis für steuerbegründende oder steuererhöhende Tatsachen obliegt der Steuerbehörde, der Nachweis für steueraufhebende oder steuermindernde Tatsachen der steuerpflichtigen Person; diese hat die entsprechenden Tatsachen also nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen (BGE 140 II 248 E. 3.5 S. 252 mit Hinweisen).
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Vorinstanz den verfassungsmässigen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) sowie die bundesrechtlich vorgeschriebene Besteuerung des Eigenmietwerts (Art. 7 Abs. 1 StHG), kantonalrechtlich in § 23 Abs. 2 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Februar 1974 (StG/BL; SGS 331) festgehalten, verletzt habe. Dabei habe die Vorinstanz die vorliegenden Beweise in willkürlicher Weise falsch gewürdigt und dadurch Bundesrecht verletzt. Insbesondere habe sie trotz offensichtlich mangelndem Nachweis von steuermindernden Tatsachen einen Verkaufswillen der Beschwerdegegnerin antizipiert, obschon keinerlei Verkaufsbemühungen nachgewiesen seien.
2.2. Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass sie einerseits ernsthafte Verkaufsbemühungen während der Steuerperiode tätigte und andererseits die Wohnung wegen der defekten Wasserversorgung nicht habe genutzt werden können. Die Vorinstanz habe die besonderen Umstände ihres Einzelfalls in zutreffender Weise berücksichtigt und dadurch den Vorgaben durch Verfassung und Gesetz in angemessener Weise Rechnung getragen. Darüber hinaus sei die Eigenmietwertbesteuerung dazu gedacht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Mietern und Eigentümern in Bezug auf die Wohnkosten auszugleichen. Diesem Zweck sei Genüge getan, wenn der Mietwert für die selbst bewohnte Liegenschaft und allfällige Ferienwohnungen angerechnet werden. Die fragliche Wohnung falle aber in keine der beiden genannten Kategorien.
3. Bei der Staats- und der direkten Bundessteuer ist der Mietwert von Grundstücken bzw. Liegenschaft (steil) en steuerbar, soweit sie dem Pflichtigen aufgrund von Eigentum oder aufgrund eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen (vgl. § 23 Abs. 2 StG/BL; Art. 7 Abs. 1 StHG [SR 642.14]; Art. 21 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG, SR 642.11]). Rechtsprechungsgemäss ist ein steuerlich relevanter Eigengebrauch (nur) insoweit nicht gegeben, als eine Liegenschaft aufgrund von objektiven, äusseren Umständen nicht benutzt werden kann. Gleich verhält es sich, wenn ein Objekt leer steht, weil es trotz entsprechender Absicht und ernsthafter Bemühungen nicht vermietet oder verkauft werden kann; auch diesfalls unterbleibt die Nutzung aufgrund eines äusseren Faktors. Demgegenüber ist selbst dann ein steuerrechtlich massgeblicher Eigengebrauch anzunehmen, wenn ein Eigentümer die Liegenschaft zwar nicht tatsächlich bewohnt, sich aber das Recht hierzu vorbehält, ohne es auszuüben; auch in einem solchen Fall hat er die Liegenschaft inne, weil er sie jederzeit beziehen kann (Urteile 2C_1039 und 1040/2015 vom 28. April 2016 E. 3.3; 2C_182/2015 vom 3. November 2015 E. 4.2; 2C_773/2009 vom 23. April 2010 E. 2.1 je mit Hinweisen).
4. Die Vorinstanz stellte fest, dass die Beschwerdegegnerin die Liegenschaft, die in ihrem Eigentum steht, nicht tatsächlich nutzt.
4.1. Die Beschwerdeführerin verzichtete im Steuerjahr 2014 auf die Erfassung des Eigenmietwerts und nach Einreichung einer Verkaufsdokumentation sowie der Korrespondenz mit potentiellen Interessen durch die Beschwerdegegnerin hielt sie es ebenso für das Jahr 2015. Gleichzeitig wies die kantonale Steuerverwaltung die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass in Zukunft die entsprechenden Verkaufsbemühungen klar nachzuweisen seien, andernfalls könne sie nicht mehr auf die Besteuerung des Eigenmietwerts für die Liegenschaft verzichten. Für das Jahr 2016 reichte die Beschwerdegegnerin eine E-Mail ein, in welcher sie die Wohnung einem Kaufinteressenten beschrieb. Die Vorinstanz hat zudem verbindlich festgestellt, dass die Wohnung (zumindest) teilmöbliert ist und aus den Akten keine Hinweise ersichtlich sind, dass sich die Beschwerdegegnerin die Nutzung für Familienangehörige oder Bekannte zur Verfügung halte.
4.2. Gestützt darauf zog die Vorinstanz den Schluss, dass die von der Beschwerdegegnerin eingereichte E-Mail den strengen Anforderungen der Rechtsprechung genüge und kein Eigengebrauch bestehe. Aufgrund der im Vorjahr nachgewiesenen Verkaufsbemühungen sei der Verkaufswille der Beschwerdegegnerin auch für das Jahr 2016 belegt und sie sei den Verkauf der Liegenschaft nicht nur halbherzig angegangen. Der äussere Anschein spreche somit dafür, dass sich die Beschwerdeführerin die Wohnung nicht exklusiv zur Verfügung halte, sondern nach wie vor Verkaufsabsichten hege.
4.3. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz ist offensichtlich nicht haltbar. Aus einer einzelnen E-Mail alleine kann nicht gefolgert werden, dass eine eindeutige, ernsthaft verfolgte und klar belegte sowie konkretisierte Verkaufsabsicht besteht. Insbesondere wenn die Beschwerdegegnerin in der fraglichen E-Mail zudem noch festhält, dass sie momentan gar nicht gewillt sei, die Wohnung potentiellen Käufern zu zeigen und damit eine für einen Verkauf normalerweise notwendige Handlung nicht vornehmen wollte. Ebensowenig kann aus einem im Jahr 2015 bestehenden Verkaufswillen geschlossen werden, dass dieser ohne Weiteres auch in Zukunft fortbesteht. Ohnehin verlangt die bundesgerichtliche Rechtsprechung in unmissverständlicher Weise, dass ein Verkaufswille nicht nur vorhanden, sondern auch die Verkaufsbemühungen belegt sein müssen.
4.4. Solches ist im Übrigen nicht übermässig komplex, eine ordentliche Verkaufsdokumentation, verbunden mit einigen Besichtigungen durch potentielle Käufer, oder ein marktüblicher Maklerauftrag wären ausreichend, um die Ernsthaftigkeit der Verkaufsabsichten zu belegen. Die Beschwerdegegnerin war in der vorangegangenen Steuerperiode auch ohne Weiteres in der Lage, die notwendigen Belege für ihre Verkaufsabsichten beizubringen. Vor diesem Hintergrund erhellt, dass die ständige bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht in unzumutbarer Weise dem Eigentümer den Beweis einer negativen Tatsache aufbürdet. Es besteht folglich - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - kein Anlass die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung anzupassen.
4.5. Die Beschwerdegegnerin macht zudem geltend, aufgrund des defekten Hauptwasserhahns sei die Wohnung wegen äusserer Umstände objektiv nicht bewohnbar gewesen. Diesen Umstand habe sie auch bereits im Verfahren vor dem Kantonsgericht vorgebracht, worauf jedoch nicht eingegangen worden sei.
4.5.1. Die Vorinstanz hat sich nicht ausdrücklich dazu geäussert, ob die Wohnung nutzbar gewesen ist oder nicht, da sie sich primär auf die Frage der Verkaufsabsichten der Beschwerdeführerin abstützte, um den Verzicht auf die Eigenmietwertbesteuerung zu begründen. Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt, beruht auch die unvollständige Sachverhaltsfeststellung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG: Was rechtserheblich ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht; eine in Verkennung der Rechtserheblichkeit unvollständige Ermittlung der für die rechtliche Beurteilung massgeblichen Tatsachen verletzt direkt die anzuwendende materielle Norm (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 BGG; BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68; 134 V 53 E. 4.3 S. 62).
4.5.2. Ungeachtet davon, dass die Beschwerdegegnerin ihre Behauptung, wonach die Wohnung in einem unvermietbaren Zustand gewesen sei, wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren nicht weiter belegt, und sie die Folgen der Beweislosigkeit bei steuermindernden Tatsachen zu tragen hat (E. 1.4), würde der geltend gemachte Mangel nicht schwer genug wiegen, um als objektiver äusserer Umstand im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu gelten. Nicht jeder Mangel reicht aus, um eine Wohnung unbenutzbar zu machen (Urteil 2C_830/2019 vom 27. April 2020 E. 9.2.1 f.); notwendig ist, dass die Wohnung nachweislich und dauerhaft nicht mehr für die bestimmungsgemässe Nutzung hätte gebraucht werden können (vgl. Urteil 2C_197/2017 vom 15. Juni 2018 E. 2.2.2). Ein defekter Hauptwasserhahn erfüllt diese Voraussetzungen nicht, selbst wenn für dessen Reparatur angeblich eine Wand mit Fliesenbelag hätte aufgespitzt werden müssen.
4.5.3. Abschliessend sei erwähnt, dass gerade in einer solchen Situation, wenn sich eine Liegenschaft in einem (angeblich) schlechten Zustand befindet, eine Liegenschaftsschätzung vorzunehmen wäre, um einen realistischen Verkaufspreis zu ermitteln (Urteil 2C_500/2018 vom 8. April 2020 E. 2.4). Dadurch würde sich die Frage zur Angemessenheit des verlangten Preises und die daran anschliessende Diskussion über die Ernsthaftigkeit der Verkaufsabsichten entschärfen lassen.
4.6. Ebenfalls ins Leere läuft die Kritik der Beschwerdegegnerin, dass die kantonale Steuerverwaltung in der vorherigen Steuerperiode auf die Anrechnung des Eigenmietwerts verzichtet hat. Daraus kann sie nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Rechtskraft eines Steuerentscheids erstreckt sich grundsätzlich (nur) auf das Dispositiv und zeitlich auf die jeweilige Steuerperiode. Frühere Beurteilungen der Steuer (justiz) behörden können in späteren Steuerperioden immer wieder infrage gestellt werden (vgl. u.a. BGE 140 I 114 E. 2.4 S. 119 ff. mit Hinweisen; Urteil 2C_696/2013 vom 29. April 2014 E. 3.4.2 in: ASA 83 S. 131). Im Übrigen ist, entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin, die zeitliche Bemessung der Einkommenssteuer klar vorgegeben; als Steuerperiode gilt das Kalenderjahr (Art. 15 StHG; § 87 StG/BL; Art. 40 DBG).
4.7. Die generelle Kritik der Beschwerdegegnerin an der Verfassungsmässigkeit der Eigenmietwertbesteuerung (und an nicht selbst bewohnten Liegenschaften im Besonderen) ist wiederum keineswegs neu und sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur gut dokumentiert (z.B. BGE 123 II 9 E. 3 S. 11 ff.; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2. Aufl., 2019, N. 20 zu Art. 21 DBG; REICH/WEIDMANN, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 3. Aufl. 2017, N. 41 f. zu Art. 7 StHG, je mit Hinweisen). Obschon momentan erneut Bemühungen vorhanden sind, die Besteuerung des Eigenmietwerts abzuschaffen (Parlamentarische Initiative vom 2. Februar 2017: Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung [Datenbank Curia Vista, Nr. 17.400]; für frühere Bestrebungen siehe REICH/WEIDMANN, a.a.O., N. 45 zu Art. 7 StHG), besteht an der geltenden Rechtslage kein Zweifel. Die Vorgabe des Bundesgesetzgebers an die Kantone zur Eigenmietwertbesteuerung in Art. 7 Abs. 1 StHG ist zwingend und entspricht den Steuerordnungen von Bund und Kantonen, die den Eigenmietwert bereits seit Jahrzehnten der Einkommenssteuer unterwerfen (REICH/WEIDMANN, a.a.O., N. 42 f. zu Art. 7 StHG). Im aktuellen System liegt ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot zwischen Eigentümern und Mietern grundsätzlich vor, wenn auf die Besteuerung des Eigenmietwerts einer Wohnung, welche sich die Steuerpflichtige nach dem Massstab der Rechtsprechung zur Verfügung hält, verzichtet werden würde (ausführlich zum Ganzen BGE 123 II 9 E. 3 S. 11 ff.). Der Verzicht auf die Besteuerung des Eigenmietwerts soll dementsprechend die Ausnahme bleiben und ist wie gesehen nur möglich, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass keine Eigennutzung vorliegt.
4.8. Schliesslich kann die Beschwerdegegnerin aus dem Umstand, dass andere Kantone eine Plafonierung des Eigenmietwerts am Einkommen vorsehen, ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten. Diese gelten für Steuern des Kantons Basel-Landschaft nicht und unterschiedliche kantonale Regelungen an sich stellen keinen Verstoss gegen die Rechtsgleichheit dar (BGE 138 I 321 E. 5.3.6 S. 329; 133 I 249 E. 3.4 S. 255; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 23 Rz. 7).
 
Erwägung 5
 
5.1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 22. April 2020 aufzuheben und der Entscheid des kantonalen Steuergerichts vom 9. August 2019 zu bestätigen.
5.2. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im kantonalen Verfahren hat die Vorinstanz neu zu befinden (Art. 68 Abs. 5 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 22. April 2020 aufgehoben und das Urteil des kantonalen Steuer- und Enteignungsgerichts vom 9. August 2019 bestätigt.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3. Zur Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens wird die Angelegenheit an das Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückgewiesen.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Steuer- und Enteignungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Abteilung Steuergericht, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Oktober 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Mösching