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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 8C_594/2021 vom 03.01.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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8C_594/2021
 
 
Urteil vom 3. Januar 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiber Cupa.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Roth,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Kinderrente; Erlass),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Juni 2021 (IV.2020.00629).
 
 
Sachverhalt:
 
Mit rechtskräftiger Verfügung vom 13. Februar 2019 verpflichtete die IV-Stelle des Kantons Zürich (nachfolgend: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) den 1986 geborenen A.________ zur Rückerstattung unrechtmässig bezogener Kinderrenten der Invalidenversicherung im Betrag von Fr. 17'316.-. Sein Erlassgesuch wies sie ab (Verfügung vom 30. Juli 2020).
Eine hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Urteil vom 21. Juni 2021).
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, die Rückforderung sei ihm in Aufhebung des angefochtenen Urteils zu erlassen.
 
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bezug auf die unrechtmässig bezogenen Leistungen von Fr. 17'316.- den guten Glauben des Beschwerdeführers als Erlassvoraussetzung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 zweiter Satz ATSG und Art. 4 Abs. 1 ATSV verneinte und damit die verfügte Abweisung des Erlassgesuchs bestätigte.
3.
Was die massgeblichen Rechtsgrundlagen anbelangt, kann auf die zutreffende Wiedergabe im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 zweiter Satz BGG).
4.
Während das Vorliegen oder Fehlen des Unrechtsbewusstseins zum inneren Tatbestand gehört und eine Tatfrage darstellt, welche das kantonale Gericht für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich beantwortet (Art. 105 Abs. 1 BGG), gilt die Frage nach der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (vgl. BGE 122 V 221 E. 3; SVR 2019 IV Nr. 6 S. 18, 8C_353/2018 E. 3.1 m.w.H.).
5.
In sachverhaltlicher Hinsicht steht fest, dass das Pflegeverhältnis von A.________ und den Zwillingen seiner Partnerin mit Aufhebung des gemeinsamen Haushalts am 21. Juni 2017 endete und die eingetragene Partnerschaft am 22. Juni 2018 aufgelöst wurde. Laut verbindlicher vorinstanzlicher Feststellung (E. 4 hiervor) fehlte ihm ein Unrechtsbewusstsein mit Blick auf die Unrechtmässigkeit der ausgerichteten Kinderrenten. Unstreitig ist zudem, dass ihn die IV-Stelle mehrfach auf die Meldepflichten (Art. 31 ATSG i.V.m. Art. 77 IVV) sowohl betreffend Wohnort und Zivilstand als auch hinsichtlich allfälliger Änderungen im Pflegeverhältnis hingewiesen hatte und er diese Pflicht verletzte, indem er die Auflösung des gemeinsamen Haushalts sowie der eingetragenen Partnerschaft nicht meldete.
6.
Zu prüfen bleibt, ob die begangene Meldepflichtverletzung leicht wiegt oder als grobfahrlässig einzustufen ist.
6.1. Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, er sei trotz Umzug in guten Treuen vom Weiterbestand des Pflegeverhältnisses ausgegangen, zumal er sich zu Unterhaltszahlungen verpflichtet habe. Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, ist der gute Glaube nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben und insbesondere nicht mit einem fehlenden Unrechtsbewusstsein zu verwechseln. Er entfällt, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine grobfahrlässige Melde- oder Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist (vgl. BGE 138 V 218 E. 4; SVR 2019 IV Nr. 6 S. 18, 8C_353/2018 E. 3.1, je m.w.H.). Die IV-Stelle erfuhr am 9. Juli 2018 durch die ehemalige Wohngemeinde von der Auflösung des gemeinsamen Haushalts. Einem Dritten wäre bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt, die sich nach einem objektiven Massstab unter Berücksichtigung des subjektiv Möglichen und Zumutbaren bemisst (vgl. Urteil 9C_318/2021 vom 21. September 2021 E. 3.1 m.w.H.), klar gewesen, dass dieser Umstand sowie die Zivilstandsänderung für die Behörden bedeutsam sind. Der Beschwerdeführer, der über einen Berufsabschluss verfügt, muss sich vorwerfen lassen, seinen administrativen Angelegenheiten angesichts des wiederholten Hinweises der IV-Stelle auf die ihm obliegenden Meldepflichten (E. 5 hiervor) nicht mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt nachgekommen zu sein. Er handelte grob nachlässig (vgl. SVR 2019 IV Nr. 6 S. 18, 8C_353/2018 E. 3.1), indem er nur den Umzug, nicht aber die damit einhergehende Aufhebung des gemeinsamen Haushalts oder die Zivilstandsänderung meldete (vgl. BGE 143 V 241 E. 5.2; SVR 2015 EL Nr. 10 S. 31, 9C_255/2015 E. 2; eine Übersicht der Kasuistik findet sich bei JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 75 f. zu Art. 25 ATSG).
6.2. Eine allfällig vereinbarte Unterhaltspflicht ändert nichts daran, da zivilrechtliche Rechtsverhältnisse ohne Einfluss auf ein Erlassgesuch bleiben (vgl. BGE 134 V 15 E. 2.3.5; DORMANN, a.a.O., N. 41 zu Art. 25 ATSG). Bei dieser Ausgangslage durfte die Vorinstanz zu Recht von einer groben Meldepflichtverletzung ausgehen und von der Prüfung einer allfälligen Härtesituation absehen, da letztere als Erlassvoraussetzung kumulativ zum guten Glauben vorliegen muss (ARV 2015 S. 338, 8C_534/2015 E. 3.1; Urteil 8C_822/2019 vom 3. März 2020 E. 2.1.1). Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht ersichtlich, womit es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden hat.
7.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 3 erster Satz BGG) erledigt. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1400.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, I. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 3. Januar 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Der Gerichtsschreiber: Cupa