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BGer 6B_960/2021 vom 26.01.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
6B_960/2021
 
 
Urteil vom 26. Januar 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Bundesrichterin Koch,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Johann Burri,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
 
2. B.B.________,
 
3. D.B.________,
 
handelnd durch B.B.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Vorsätzliche Tötung, Notwehrexzess; Willkür,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 20. April 2021 (4M 20 68).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
Das Kantonsgericht Luzern stellte am 20. April 2021 auf Berufung des serbischen Staatsangehörigen A.________ und die staatsanwaltschaftliche Anschlussberufung gegen ein Urteil des Kriminalgerichts vom 25. Mai 2020 die Rechtskraft der Schuldsprüche wegen mehrfacher Widerhandlung gegen Art. 19 Abs. 1 lit. c und Art. 19a Ziff. 1 BetmG (soweit nicht verjährt) sowie wegen Besitzes von Munition nach Art. 33 Abs. 1 lit a WG fest.
Es sprach ihn schuldig der (eventual-) vorsätzlichen Tötung gemäss Art. 111 StGB, begangen im Notwehrexzess (Art. 15 und 16 Abs. 1 StGB). Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und 14 Tagen, teilweise als Zusatzstrafe, unter Anrechnung von 249 Tagen bereits erstandenen Freiheitsentzugs, und einer Busse von Fr. 300.-- (bereits durch Verrechnung getilgt). Es verwies ihn in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 lit. a StGB für die Dauer von zwölf Jahren des Landes.
B.
A.________ beantragt beim Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen, das kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben, ihn vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freizusprechen, eventualiter ihn im Sinne des kantonsgerichtlichen Urteils schuldig zu sprechen und mit einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren zu bestrafen oder die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen, ferner ihm die unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
 
1.
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung ist gegenstandslos, da die Beschwerde in casu von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hat (Art. 103 Abs. 2 lit. b BGG).
 
Erwägung 2
 
2.1. Das Bundesgericht ist unter Vorbehalt der Regelungsmaterie von Art. 97 Abs. 1 BGG an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gemäss Gesetz ist die Sachverhaltskontrolle auf "offensichtlich unrichtige" Feststellungen begrenzt, weshalb es nicht dem Bundesgericht obliegt, die Akten auf entsprechende Anhaltspunkte hin zu untersuchen (BGE 144 V 50 E. 4.1; Urteil 6B_954/2020 vom 19. Mai 2021 E. 2.3). Für die Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass das Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung über ein erhebliches Ermessen verfügt (BGE 146 IV 297 E. 2.2.5; 144 V 50 E. 4.1 f.; Urteil 6B_1067/2020 vom 5. Mai 2021 E. 1.1). Willkür ist nicht bereits gegeben, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder sogar vorzuziehen ("préférable") wäre (BGE 141 I 49 E. 3.4, 70 E. 2.2). Verbleibende, bloss abstrakte oder theoretische Zweifel sind nicht von Bedeutung, da sie immer möglich sind; eine absolute Sicherheit kann nicht gefordert werden (BGE 146 IV 297 E. 2.2.5; 145 IV 154 E. 1.1). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 144 IV 136 E. 5.8). Wird eine Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür behauptet, gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) nicht (Urteil 1B_213/2021 vom 28. April 2021 E. 3); es obliegt der Partei eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (BGE 146 IV 114 E. 2.1; 143 IV 500 E. 1.1). Das Bundesgericht ist keine strafrechtliche Berufungsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft (Urteil 6B_1/2020 vom 6. Mai 2021 E. 2.4 mit Hinweis auf BGE 140 III 264 E. 2.3). Auf ungenügend begründete Rügen oder appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 241 E. 2.3.1).
2.2. Der Beschwerdeführer plädiert frei zur Sache. Damit fehlt es an einer qualifizierten Anfechtung des Sachverhalts. Er verweist auf S. 6 seiner Beschwerde auf einzelne Aussagen und im Übrigen auf "sämtliche Akten der Vorinstanz". Im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind blosse Aktenverweisungen unbehelflich. Die Begründung muss in der Beschwerde selbst enthalten sein (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 122 E. 3.3; Urteil 6B_1453/2020 vom 8. Dezember 2021 E. 2). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, in den Verfahrensakten nach Belegstellen für beschwerdeführerische Vorbringen zu forschen (Urteile 6B_377/2020 vom 21. Juli 2021 E. 3.5.3; 6B_954/2020 vom 19. Mai 2021 E. 2.3). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; Urteil 6B_40/2020 vom 17. August 2020 E. 2).
 
Erwägung 3
 
3.1. Nach dem Urteil ist nicht strittig, dass sich der Beschwerdeführer am 1. November 2017 um ca. 23.00 Uhr in eine Bar in Luzern begab und sich kurz vor 00.30 Uhr im Einverständnis der Bardame bei der Schliessung der Bar behilflich machen wollte. Er reichte den Gästen Plastikbecher, damit sie ihre Getränke umfüllen konnten, und forderte sie auf, die Bar zu verlassen. Das spätere Opfer C.B.________ (nachfolgend: Opfer) und dessen Kollege E.________ (nachfolgend: Kollege) hielten sich zu diesem Zeitpunkt auf den Barhockern an der Theke auf. Das Opfer störte sich an der Art und Weise der Aufforderung des Beschwerdeführers und wollte dieser nicht nachkommen. Es folgte eine verbale und handgreifliche Auseinandersetzung, in deren Folge sich das relevante Geschehen auf die Tanzfläche verschob, wo der Beschwerdeführer wenig später dem Opfer mit einem Survival-Messer mit 12,2 cm Klingenlänge eine todesursächliche Stichverletzung zufügte. Der Beschwerdeführer flüchtete. Das Opfer verstarb am Tatort (Urteil S. 12 f.).
3.2. Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe den Messerstich in Notwehr zugefügt. Dass er sich freiwillig dieser Situation gestellt und die Notwehrsituation mit verursacht habe, lasse sich nicht auf die Akten stützen und sei eine willkürliche Feststellung. Das Opfer habe ihn unmittelbar angegriffen, er habe die Bar nicht verlassen können, er habe die beiden Schwarzafrikaner am Ausgang für Kollegen des Opfers gehalten. Bei dessen Angriff habe er erkennbar auf Brusthöhe in seine Jackentasche gegriffen, sodass das Opfer gefragt habe: "Was, hast du eine Pistole oder willst du Streit?" Das Opfer habe nicht ausschliessen können, dass er eine Waffe auf sich hätte tragen können, und habe gleichwohl den Angriff fortgesetzt. Es könne von einem Notwehrexzess ausgegangen werden. In aussichtsloser Situation sei ihm kein Fluchtweg offen gestanden.
3.3. Die Vorinstanz führt aus, strittig und zu beurteilen sei, wie sich der Vorfall konkret abgespielt habe (Urteil S. 14). Nach der Analyse der Zeugenaussagen und ausführlicher Beweiswürdigung, in der sämtliche Behauptungen des Beschwerdeführers gründlich widerlegt werden, zieht die Vorinstanz das Fazit: Die einzigen zur Tatzeit anwesenden Afrikaner waren das Opfer und dessen Kollege. Nach der Aufforderung, Feierabend zu machen und ihre Getränke umzuleeren, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung. Das Opfer zog seine Jacke aus, stiess den Beschwerdeführer von sich weg, seine flache Hand auf dessen Oberkörper/Brust haltend, und streifte aus einer Drehbewegung heraus den Beschwerdeführer mit dem Fuss in der Brustgegend (Nach Aussage des Kollegen in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme [Urteil S. 18] war es ein leichter Schlag gewesen, dem der Beschwerdeführer durch Zurücklehnen ausgewichen war). Der Beschwerdeführer griff in diesem Zusammenhang in die Jackeninnentasche, ohne etwas herauszunehmen. Das Opfer fragte ihn, ob er Probleme haben wolle, und forderte ihn auf, zu ihm zu kommen. Der Beschwerdeführer folgte dieser Aufforderung, worauf beide sich zur Tanzfläche verschoben und sich in Kampfstellung gegenüberstanden. Der Beschwerdeführer zog sein Survival-Messer aus der Jacke und stach mit grosser Wucht von oben nach unten in den Kopf-/Halsbereich des Opfers. Nach dem ärztlich festgestellten Verletzungsbild war es beim Beschwerdeführer neben dem erwähnten Wegschubsen und Fusstritt zu weiteren leichten Handgreiflichkeiten respektive körperlichen Einwirkungen gekommen (Urteil S. 48 f.), jedoch konnten bei ihm keine Hämatome festgestellt werden (Urteil S. 41, 42 f.). Das vom Beschwerdeführer behauptete Einprügeln von mehreren Gegnern auf ihn konnte mithin nicht stattgefunden haben.
 
Erwägung 3.4
 
3.4.1. Notwehr ist die Verteidigung des Rechts gegen das Unrecht (TRECHSEL/NOLL/PIETH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 7. Aufl. 2017, S. 121). Nach der Phänomenologie des Geschehens erscheint die Argumentation des Beschwerdeführers unbehelflich.
3.4.2. Wie erwähnt, stach der Beschwerdeführer mit einem Survival-Messer mit Klingenlänge 12,2 cm mit grosser Wucht von oben nach unten in den Kopf-/Halsbereich des Opfers ein. Dieser Einsatz des Messer führte zu einer tiefen Schnittverletzung links am Kinn mit schartenartiger Verletzung am Unterkieferknochen und zu einer Stichverletzung in die rechte Seite des Halses und Oberkörpers. Durch die Stichbeibringung in die rechte Halsseite wurden die Unterschlüsselbeinarterie sowie die Unterschlüsselbeinvene grossflächig geöffnet. Ferner kam es beim gleichen Bewegungsablauf zum Durchstich der zweiten Rippe, zur Eröffnung der rechten Brusthöhle sowie zur Verletzung des rechten Lungenoberlappens (Urteil S. 51).
Die Vorinstanz stellt konkret fest: "Der Beschuldigte griff erneut in seine Jackentasche und zog daraus ein Messer [...] hervor und stach mit grosser Wucht von oben nach unten in den Kopf-/Halsbereich" (Urteil S. 47, 49). Das Opfer "verstarb noch am Tatort nach erfolgloser Reanimation durch den Rettungsdienst. Die todesursächliche Verletzung war die Stichverletzung am Hals mit Eröffnung der Unterschlüsselbeingefässe. Hierdurch kam es zu einem raschen Blutverlust (hauptsächlich nach innen) " (Urteil S. 12 f.).
3.4.3. Nach Aussage des Kollegen des Opfers in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme hatte dieses vor dem Fusstritt aus der Drehung heraus eine Karate-Stellung eingenommen und dann den Beschwerdeführer wegen der engen Platzverhältnisse an der Theke auf dem Tanzboden herausgefordert, wo sich beide in Kampfposition gegenüberstanden (Urteil S. 18). Der von der Vorinstanz bei der Strafzumessung als "heimtückisch" beurteilte Messerangriff kam für das Opfer überraschend und musste blitzschnell und präzise geführt worden sein. Die Vorinstanz geht davon aus, dass es sich nicht um ein geplantes Vorgehen handelte, sondern sich spontan aus dem Moment heraus entwickelte (Urteil S. 64, 65). Der Messereinsatz lässt sich auch nach der Vorinstanz nicht als Abwehrhandlung interpretieren (Urteil S. 47). Er ist folglich präventiv zu interpretieren. Noch vor der Vorinstanz hatte der Beschwerdeführer tatsachenwidrig erklärt, er habe das Messer dem Opfer abgenommen (Urteil S. 31, 38). Der Beschwerdeführer hatte unvermittelt und ohne Vorwarnung das Messer gezogen und damit zugestochen (Urteil S. 36, 45). Der die Szene beobachtende Kollege sagte aus, das Opfer habe eine Kampfposition innegehabt und habe den Kopf leicht zur Seite geneigt, als der Beschwerdeführer das Messer aus der Jacke genommen und in einer Bewegung von oben in den Hals gestochen habe. Damit hatte das unbewaffnete Opfer nicht gerechnet. Der Beschwerdeführer wird mit dem Griff in die Jacke an der Theke wahrscheinlich das Messer bereit gemacht haben (so die nachträgliche Überlegung des Kollegen, Urteil S. 18). Phänomenologisch zeigt das Vorgehen des Beschwerdeführers die Charakteristik des absichtlichen Tötungsdelikts.
Wenn in der Beschwerde S. 8 erklärt wird, der Beschwerdeführer habe sich in einer grossen Aufregung und Bestürzung befunden und seine Kontroll- und Steuerungsfähigkeit sei in diesem Moment erheblich eingeschränkt gewesen, ist das mit dem Geschehen nicht vereinbar.
3.4.4. Für das Bundesgericht gilt nach seiner auf Art. 107 Abs. 1 BGG gestützten Rechtsprechung das Verschlechterungsverbot (BGE 146 IV 311 E. 3.7; Urteile 6B_427/2020 vom 1. November 2021 E. 1.7; 6B_495/2008 vom 27. Dezember 2008 E. 1.4; 6B_411/2007 vom 2. November 2007 E. 1.3). Es hat seinem Urteil von Gesetzes wegen den Sachverhalt zugrunde zu legen, den die Vorinstanz (vorliegend in minutiöser Würdigung) festgestellt hat (oben E. 2.2).
Die Vorinstanz führt aus, das Verhalten des Opfers infolge der Aufforderung des Beschwerdeführers, nur weil dieser nicht in der Bar gearbeitet habe, sei übertrieben gewesen. Es sei plausibel, dass dieses Verhalten den Beschwerdeführer wütend gemacht habe. Verschiedene Umstände sprächen aber gegen ein Affektdelikt. Der Tatablauf zeige, dass seine steuernden Funktionen und auch die Bewusstseinsfunktionen während der ganzen Tatzeit erhalten waren. Er sei nicht von einem emotionalen Erregungszustand überwältigt worden. Er habe eine Personenschützerausbildung mit den entsprechenden Kampf- und Wurftechniken absolviert. Eine "grosse seelische Belastung" sei von vornherein nicht auszumachen.
Mit Recht beurteilt die Vorinstanz den Tatbestand von Art. 111 StGB als erfüllt; sie verneint zutreffend die Anwendung von Art. 113 StGB (Urteil S. 51 f.). Eine Tötungsabsicht verneint sie nach dem Zweifelsgrundsatz ("in dubio pro reo"). Indessen liege unbestrittenermassen Eventualvorsatz vor (Urteil S. 53). Es ist mit der Vorinstanz zumindest eventualvorsätzliche Tötung anzunehmen (vgl. Urteil 6B_135/2020 vom 16. Juni 2020 E. 4.2 mit Hinweisen). Ein bundesgerichtlicher Freispruch kommt entgegen dem Rechtsbegehren offenkundig nicht in Betracht, ohne dass dies einer weiteren Erörterung bedürfte. Auf das ausführliche Urteil ist zu verweisen.
 
Erwägung 3.5
 
3.5.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe den entschuldbaren Notwehrexzess analog der Rechtsprechung zum Totschlag und nicht in einer Gesamtwürdigung sämtlicher wesentlicher Umstände verneint (Beschwerde S. 8).
3.5.2. Die Vorinstanz beurteilt eine rechtfertigende bzw. entschuldbare Notwehr und damit insbesondere die Verhältnismässigkeit des Angriffs nach den Grundsätzen der einschlägigen Rechtsprechung (BGE 136 IV 49 E. 3; Urteil 6B_303/2018 vom 2. November 2018 E. 2.3). Dabei stellt sie gegen die Vorbringen der Verteidigung klar, dass weder eine vom Opfer und seinem Kollegen ausgehende massive Gewalt in Form mehrerer Faustschläge insbesondere gegen den Kopf des Beschwerdeführers noch eine von weiteren Schwarzafrikanern ausgehende Bedrohung erwiesen seien. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung des Opfers "aus freien Stücken" nachgekommen, worauf sich beide auf der Tanzfläche in Kampfstellung mit geballten Fäusten, beide bereit zur Gewalt, gegenübergestanden seien. Der Beschwerdeführer habe daher mit Verletzungen rechnen dürfen. Allerdings hätte er in angemessener Weise abwehren müssen. Er habe sich "freiwillig dieser Situation gestellt" und somit die spätere Notwehrsituation in einem Ausmass mitverursacht, dass sein bestehendes Abwehrrecht eingeschränkt gewesen sei (mit Hinweis auf die Urteile 6B_352/2016 vom 29. Juli 2016 E. 1.4; 6B_251/2013 vom 24. Oktober 2013 E. 1.2), wobei bei einem gefährlichen Werkzeug erhöhte Anforderungen gelten würden und eine Warnung notwendig sei (mit Hinweis auf BGE 136 IV 49 E. 3.3; 6B_239/2009 vom 13. Juli 2009 E. 4.3). Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, der Beschwerdeführer habe die Grenzen der rechtmässigen Notwehr in massivem Masse und nicht in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff überschritten. Es liege kein entschuldbarer Notwehrexzess im Sinne von Art. 16 Abs. 2 StGB vor (mit Hinweis auf BGE 102 IV 1 E. 3b; Urteil 6B_810/2011 vom 30. August 2012 E. 5.3.2). Anderweitige Rechtfertigungs- oder Schuldausschlussgründe seien nicht vorhanden (Urteil S. 58).
3.5.3. Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff, so handelt er nicht schuldhaft (Art. 16 Abs. 2 StGB). Diese Bestimmung regelt den intensiven, quantitativen Notwehrexzess, bei dem der Täter auf einen unmittelbar drohenden Angriff übermässig reagiert (Urteil 6B_205/2019 vom 9. August 2019 E. 2.4).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Notwehrexzess entschuldbar, wenn die Aufregung oder die Bestürzung des Täters allein oder zumindest vorwiegend auf den rechtswidrigen Angriff zurückzuführen ist. Überdies müssen Art und Umstände des Angriffs derart sein, dass sie die Aufregung oder die Bestürzung entschuldbar erscheinen lassen. Nicht jede geringfügige Erregung oder Bestürzung führt zu Straflosigkeit. Das Gericht hat einen umso strengeren Massstab anzulegen, je mehr die Reaktion des Täters den Angreifer verletzt oder gefährdet. Erforderlich ist, dass es dem Täter aufgrund der Aufregung oder Bestürzung über den Angriff nicht möglich war, besonnen und verantwortlich zu reagieren. Insoweit besteht trotz der absoluten Formulierung ein gewisses Ermessen (Urteil 6B_822/2020 vom 13. April 2021 E. 4.3 mit Hinweisen).
3.5.4. Die Vorinstanz urteilt "analog" der Rechtsprechung zum Totschlag im Sinne von Art. 113 StGB und verneint die Anwendung von Art. 16 Abs. 2 StGB zu Recht. Es fragt sich bereits, ob von einer Notwehrsituation auszugehen war, da der Beschwerdeführer nach den vorinstanzlichen Feststellungen "aus freien Stücken" der Aufforderung zum Wettkampf nachgekommen war und sich somit "freiwillig dieser Situation gestellt" hatte. In dieser Situation überraschte er das Opfer mit einem präzisen Messerangriff und verletzte es nicht durch ein behauptetes "Herumfuchteln" zur Abwehr (Urteil S. 46 f.). Der Beschwerdeführer befand sich als ausgebildeter Personenschützer (der niemals in dieser Weise handeln dürfte) und Türsteher (der mit solchen Situationen vertraut ist) keineswegs hilflos in einer "aussichtslosen Situation, da ihm kein Fluchtweg offenstand", wie er wenig überzeugend behauptet (Beschwerde S. 8); er konnte nach der Tat ungehindert fliehen. Die Vorinstanz nimmt auf der Tanzfläche einen unmittelbar bevorstehenden Angriff auf den Beschwerdeführer an (Urteil S. 57). Das Opfer war jedoch unbewaffnet und über einen möglichen Messerbesitz oder -einsatz des Beschwerdeführers nicht gewarnt. Dieser hat nach der Vorinstanz und entgegen der Verteidigung auch nicht als körperlich unterlegen zu gelten (Urteil S. 52). Ob dem bewaffneten Beschwerdeführer tatsächlich eine Notwehrsituation angesichts der beidseitigen Kampfbereitschaft zuzugestehen ist (wobei allerdings das Opfer zum Kampf aufgefordert hatte), kann offen bleiben und ebenso, ob beim Beschwerdeführer von einem extensiven Notwehrexzess auszugehen wäre (in dem der Täter ausserhalb der Notwehrsituation handelt; Urteil 6B_205/2019 vom 9. August 2019 E. 2.4; TRECHSEL/GETH, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, N. 1 zu Art. 16 StGB). Die Beurteilung der Vorinstanz basiert darauf, dass sie
Zu beachten ist, dass die Vorinstanz diese Sachfrage als Tatgericht zu prüfen hat und ihr ein gewisses Ermessen zuzugestehen ist (Urteil 6B_588/2020 vom 15. Februar 2021 E. 2.3.2; 6B_971/2018 vom 7. November 2019 E. 2.3.4), was in tatsächlicher Hinsicht nur bei hier nicht gegebener qualifizierter Willküranfechtung der bundesgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Die Vorinstanz prüft wie bei der Anwendung von Art. 113 StGB ferner, ob auch ein rechtlich gesinnter Mensch durch den Angriff in Aufregung und Bestürzung geraten wäre (vgl. TRECHSEL/GETH, a.a.O., N. 2 zu Art. 16 StGB). Nach der Vorinstanz ist vielmehr davon auszugehen, dass ein solcher Mensch sich in dieser Situation distanziert hätte und sich nicht auf diesen Kampf und schon gar nicht auf einen tödlichen Messerkampf eingelassen hätte (Urteil S. 52).
3.5.5. Der Beschwerdeführer vermag mit seinem wesentlichen Vorbringen eines entschuldbaren Notwehrexzesses nicht durchzudringen. Die verneinte Anwendbarkeit von Art. 16 Abs. 2 StGB verletzt kein Bundesrecht. Die vorinstanzlich aufgrund ihrer tatsächlichen Feststellungen angenommene Rechtslage im Sinne von Art. 15 und Art. 16 Abs. 1 StGB wirkt sich zugunsten des Beschwerdeführers aus und ist angesichts des ohnehin geltenden Verschlechterungsverbots nicht vertiefter zu prüfen und kann daher letztlich offen bleiben.
3.6. Der Beschwerdeführer macht geltend, sollten die Voraussetzungen von Art. 16 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sein, so müsste aufgrund des unrechtmässigen Angriffs auf ihn von einem verringerten Verschulden auszugehen sein. Indem die Vorinstanz davon ausgehe, er habe sich freiwillig dieser Situation gestellt, er sei wütend gewesen und habe nicht nachgeben wollen, aber es wäre ihm möglich gewesen, sich anders zu verhalten, verkenne sie, dass er massiv angegriffen worden sei und mit weit schwereren Faustschlägen auf seinen Kopf habe rechnen müssen. Die Vorinstanz gehe willkürlich von einer massiven Überschreitung des Notwehrrechts aus. Nach Art. 16 Abs. 1 StGB sei in einem weit höheren Ausmass eine Strafmilderung vorzunehmen.
Der Beschwerdeführer wendet sich damit im Wesentlichen gegen die Sachverhaltsfeststellung, ohne dies zu begründen (vgl. oben E. 2.1 f.), sodass darauf nicht einzutreten ist. Wie die Vorinstanz darlegt, spricht der Einsatz eines Messers im Rahmen einer dynamischen Auseinandersetzung für eine Bereitschaft, lebensgefährliche Verletzungen zu riskieren, und damit für eine besondere Gefährlichkeit. Das Vorgehen sei im Grenzbereich zum direkten Vorsatz anzusiedeln. Er habe eine erhebliche kriminelle Energie, ein heimtückisches Vorgehen und eine Geringschätzung des Lebens des Opfers manifestiert. Sein vorgängiger Alkohol- und Cannabiskonsum habe eine gewisse enthemmende Wirkung auf ihn gehabt. Er habe zwar mit Faustschlägen rechnen müssen, aber das gewählte Abwehrverhalten überschreite die Grenzen der rechtmässigen Notwehr in massivem Masse. Die Vorinstanz schliesst auf eine Einsatzstrafe von 10 Jahren, wovon in Anwendung von Art. 16 Abs. 1 i.V.m. mit Art. 48a StGB ein Jahr abzuziehen sei (Urteil S. 65). Im Übrigen bestätigt die Vorinstanz die erstinstanzliche Asperation wegen der weiteren Straftaten und der Zusatzstrafe um 14 Tage und die ebenfalls bereits erstinstanzlich ausgefällte Busse (Urteil S. 66 f., 69). An dieser Strafzumessung ist nichts auszusetzen. Auf die ausführliche vorinstanzliche Motivation ist zu verweisen.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 142 III 138 E. 5.1; 129 I 129 E. 2.3.1). Praxisgemäss werden der unterliegenden Person bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege mit nachgewiesener Bedürftigkeit die Gerichtskosten herabgesetzt. Eine Bedürftigkeit kann angenommen werden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 26. Januar 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Der Gerichtsschreiber: Briw