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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 1B_640/2021 vom 04.02.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
1B_640/2021
 
 
Urteil vom 4. Februar 2021
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jametti, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Chaix, Müller,
 
Gerichtsschreiber Härri.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Guido E. Urbach und/oder Patrick Schönenberger,
 
General Wille-Strasse 10, 8027 Zürich,
 
gegen
 
1. B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwälte Peter Burckhardt und/
 
oder Dr. Roland M. Ryser,
 
Löwenstrasse 19, Postfach 2201, 8021 Zürich,
 
2. U nbekannt,
 
Beschwerdegegner,
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, Postfach, 8953 Dietikon.
 
Gegenstand
 
Strafverfahren; aufschiebende Wirkung,
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. Oktober 2021 (UH210380-O/Z1).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Am 28. Mai 2021 erstattete A.________, vertreten durch die Rechtsanwälte Guido Urbach und Patrick Schönenberger Kohli & Urbach Rechtsanwälte AG, Strafanzeige gegen B.________ und Unbekannt wegen des Verdachts der Veruntreuung sowie weiterer Delikte.
 
B.
 
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2021 entzog die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis sämtlichen Anwälten der Kohli & Urbach Rechtsanwälte AG, insbesondere den Rechtsanwälten Urbach und Schönenberger, die Vertretungsbefugnis, da ein Interessenkonflikt bestehe. Die Staatsanwaltschaft ersuchte die Rechtsanwälte Urbach und Schönenberger A.________ darüber zu orientieren und ihn aufzufordern, eine neue Rechtsvertretung zu bestellen. Bei Stillschweigen gehe die Staatsanwaltschaft von einem Verzicht von A.________ auf eine Rechtsvertretung aus.
 
C.
 
Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem prozessualen Antrag, die Rechtsanwälte Urbach und Schönenberger seien bis zum Erlass eines rechtskräftigen Entscheids in der vorliegenden Angelegenheit weiterhin als seine Rechtsvertreter zuzulassen. In der Sache beantragte er damit, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2021 lehnte der Präsident der III. Strafkammer des Obergerichts die aufschiebende Wirkung ab (Dispositiv Ziffer 1).
 
D.
 
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, Ziffer 1 des Dispositivs der Verfügung des Kammerpräsidenten aufzuheben und der Beschwerde vor Obergericht die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zur Erteilung der aufschiebenden Wirkung an den Kammerpräsidenten zurückzuweisen.
 
E.
 
Der Kammerpräsident und die Staatsanwaltschaft haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. B.________ hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. A.________ hat repliziert.
 
1.
Die Beschwerde in Strafsachen ist von den Rechtsanwälten Urbach und Schönenberger unterzeichnet. Sie legen ihr ein Schreiben eines anderen Rechtsanwalts bei, der nicht bei der Kohli & Urbach Rechtsanwälte AG arbeitet. Dieser erklärt darin seine Zustimmung zur Beschwerde. Ob - was die Beschwerdegegnerin 1 bestreitet - die Beschwerde damit als rechtsgültig unterzeichnet angesehen werden kann, kann dahingestellt bleiben. Auf die Beschwerde kann jedenfalls aus folgenden Erwägungen nicht eingetreten werden.
 
Erwägung 2
 
2.1. Die angefochtene Verfügung stellt unstreitig einen Zwischenentscheid dar. Dieser betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Es handelt sich um einen "anderen" Zwischenentscheid nach Art. 93 BGG. Dagegen ist nach Absatz 1 dieser Bestimmung die Beschwerde zulässig, wenn (a) der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann oder (b) die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ausser Betracht.
Nach der Rechtsprechung muss es sich im Strafrecht beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann. Ein lediglich tatsächlicher, namentlich ökonomischer Nachteil genügt nicht (BGE 137 III 589 E. 1.2.3; Urteil 6B_818/2019 vom 4. November 2019 E. 1.1.; je mit Hinweisen).
2.2. Aufgrund der angefochtenen Verfügung darf sich der Beschwerdeführer derzeit nicht von Anwälten der Kohli & Urbach Rechtsanwälte AG, insbesondere den Rechtsanwälten Urbach und Schönenberger, vertreten lassen. Der Beschwerdeführer hat nach seinen Darlegungen inzwischen andere Rechtsanwälte beigezogen. Seine rechtlichen Interessen sind damit gewahrt. Insoweit besteht für ihn kein Nachteil. Zwar sind die neuen Anwälte gewissermassen nur zweite Wahl. Sollte darin ein Nachteil für den Beschwerdeführer erblickt werden, würde er behoben, wenn das Obergericht die bei ihm hängige Beschwerde guthiesse. Der Nachteil könnte somit durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid beseitigt werden und wäre damit nach der dargelegten Rechtsprechung nicht rechtlicher Natur. Zwar mag der Beizug der neuen Anwälte die Vertretung des Beschwerdeführers für diesen verteuert haben. Dies stellt jedoch lediglich einen ökonomischen und damit tatsächlichen Nachteil dar.
Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur besteht deshalb nicht.
2.3. Nichts herleiten kann der Beschwerdeführer aus BGE 133 IV 335. Dort war die von der zuständigen Behörde verfügte Ersetzung des amtlichen Anwalts des Opfers gegen dessen Willen durch eine neue amtliche Anwältin vor Bundesgericht angefochten. Dieses bejahte den nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur, weil schwer erkennbar war, wie die Folgen der behördlichen Verfügung für das Opfer am Schluss des Strafverfahrens noch hätten behoben werden können (E. 4).
Im hier vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall geht es um keine endgültige Ersetzung der Anwälte der Kohli & Urbach Rechtsanwälte AG, sondern lediglich um deren einstweiligen Ausschluss für die Dauer des obergerichtlichen Beschwerdeverfahrens aufgrund der Verweigerung der aufschiebenden Wirkung. Entsprechend wird sich der Beschwerdeführer bis zum Abschluss des Strafverfahrens nicht zwingend von den neuen Anwälten vertreten lassen müssen. Diese neuen Anwälte zwang ihm zudem keine Behörde auf. Vielmehr konnte er sie frei wählen. Die Verhältnisse liegen somit anders als in BGE 133 IV 335.
 
Erwägung 3
 
Die Beschwerde ist demnach unzulässig.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Er hat der Beschwerdegegnerin 1 eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin 1, B.________, eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Februar 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Jametti
 
Der Gerichtsschreiber: Härri