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BGer 1C_42/2022 vom 25.02.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
1C_42/2022
 
 
Urteil vom 25. Februar 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichter Haag, Bundesrichter Merz,
 
Gerichtsschreiber Forster.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Marc Carnicé,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich,
 
Gartenhofstrasse 17, Postfach 9680, 8036 Zürich.
 
Gegenstand
 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Japan,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des
 
Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer,
 
vom 11. Januar 2022 (RR.2021.27).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
Die Bezirksanwaltschaft Tokio führt eine Strafuntersuchung wegen mutmasslichen Wirtschaftsdelikten (u.a. "schwere Untreue") gegen B.________. Mit Rechtshilfeersuchen vom 28. Dezember 2018, ergänzt am 17. Januar 2019, gelangten die japanischen Justizbehörden an das Bundesamt für Justiz (BJ). Sie beantragten die Erhebung von Bankunterlagen über zwei Konten des Inhabers A.________ bei zwei Banken.
B.
Am 8. März 2019 übermittelte das BJ das Rechtshilfeersuchen zum Vollzug an die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich. Mit zwei Verfügungen (Nr. 2 und Nr. 5) vom 15. März 2019 trat die Staatsanwaltschaft auf das Ersuchen (samt Ergänzung) ein, indem sie je die Edition der betreffenden Kontenunterlagen verfügte. Die beiden betroffenen Banken kamen diesen Verfügungen am 1. und 11. April 2019 bzw. 2. und 11. März 2020 nach. Mit Schlussverfügung vom 7. Januar 2021 bewilligte das BJ die rechtshilfeweise Herausgabe der Bankunterlagen. Eine vom betroffenen Konteninhaber am 15. Februar 2021 dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, am 11. Januar 2022 ab.
C.
Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts gelangte der Konteninhaber mit Beschwerde vom 24. Januar 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Abweisung des Rechtshilfeersuchens (samt dessen Ergänzung).
Das BJ, welches die Abweisung der Beschwerde beantragt, soweit darauf einzutreten wäre, das Bundesstrafgericht und die Staatsanwaltschaft liessen sich je am 2. bzw. 8. Februar 2022 vernehmen. Der Beschwerdeführer replizierte am 22. Februar 2022.
 
1.
Die Beschwerdeschrift ist auf Französisch verfasst. Das Verfahren vor Bundesgericht wird in einer Schweizer Amtssprache geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides (Art. 54 Abs. 1 BGG). Dieser erging auf Deutsch. Aus den Akten ergibt sich zudem, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist. Somit besteht hier kein Anlass, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen.
 
Erwägung 2
 
2.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und zudem ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).
2.2. Zu prüfen sind zudem die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 84 BGG. Zwar geht es im vorliegenden Fall um die rechtshilfeweise Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich (Bankunterlagen) und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten - gemäss Art. 84 Abs. 1 BGG - insoweit zulässig wäre (BGE 133 IV 125 E. 1.4 S. 128 f.; 132 E. 1.3 S. 133 f.). Zu prüfen ist jedoch zusätzlich noch, ob es sich hier um einen besonders bedeutenden Fall handelt:
Ein besonders bedeutender Fall liegt gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern überdies auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 S. 104 mit Hinweisen; vgl. Donatsch/Heimgartner/Meyer/Simonek, Internationale Rechtshilfe, 2. Aufl., Zürich 2015, S. 155-157; Marc Forster, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 84 N. 29-32d; Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., Bern 2015, Art. 84 N. 14; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, Praxiskommentar BGG, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 84 N. 9).
2.3. Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 104 mit Hinweisen). Gerade im Bereich der sogenannten "kleinen" (akzessorischen) Rechtshilfe kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich namentlich keine wichtigen bzw. erstmals zu beurteilenden Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedürften (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 29; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, a.a.O., Art. 84 N. 7, 10; Alain Wurzburger, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl., Bern 2014, Art. 84 N. 8).
Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann auch die drohende Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren einen besonders bedeutenden Fall begründen. Diesbezüglich sind die Gesetzeswortlaute von Art. 84 Abs. 2 BGG auf Deutsch und Italienisch massgeblich (BGE 145 IV 99 E. 1.3 S. 105 f.; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 31; Wurzburger, a.a.O., Art. 84 N. 14). Das blosse pauschale Vorbringen des Rechtsuchenden, die Behörden hätten elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, lässt einen Rechtshilfefall indessen noch nicht als besonders bedeutend erscheinen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4 S. 106 f.; 133 IV 125 E. 1.4 S. 129; je mit Hinweisen).
3.
Der Beschwerdeführer bringt zur Sachurteilsvoraussetzung des besonders bedeutenden Falles im Wesentlichen Folgendes vor:
Erstens verletzte das japanische Strafjustizsystem in schwerer Weise das Grundrecht der Unschuldsvermutung. Weil der untersuchte Straffall auf grosses Medieninteresse gestossen sei, habe diese Menschenrechtsverletzung ans Licht der Weltöffentlichkeit gezogen werden können. Die Frage, ob die Bewilligung der Rechtshilfe gegen die Unschuldsvermutung verstosse, begründe einen besonders bedeutenden Fall. Ob der Beschwerdeführer im japanischen Verfahren selber beschuldigt sei oder nicht, spiele dabei keine Rolle.
Zweitens leide das japanische Strafverfahren an zahlreichen weiteren schweren Mängeln, welche eine Rechtshilfe im vorliegenden Fall ausschlössen. Der Beschwerdeführer verweist diesbezüglich auf seine materiellen Vorbringen. Dass sich die Vorinstanz mit den betreffenden Rügen materiell nicht befasst habe, verletze zudem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
Drittens begründe auch die Gesamtheit der beanstandeten Mängel des ausländischen Verfahrens eine Beschwerdemöglichkeit im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG. Viertens habe der von der japanischen Strafjustiz untersuchte Fall medial grosses Aufsehen erregt, was auch schon in anderen Fällen zur Bejahung der Sachurteilsvoraussetzung geführt habe.
Fünftens handle es sich um den ersten Beschwerdefall in einem grösseren konnexen Verfahrenskomplex, mit dem sich das Bundesgericht voraussichtlich noch anderweitig zu befassen haben werde. Sechstens seien hier ein Fall bzw. Rechtsfragen zu behandeln, mit denen sich das Bundesgericht bisher noch nie befasst habe. Und siebtens schliesslich weiche der angefochtene Entscheid in mehreren Punkten von der höchstrichterlichen Praxis ab, nämlich bei der Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit und beim Verbot von sogenannten "Fishing Expeditions".
4.
Der Beschwerdeführer behauptet zunächst pauschal, das japanische Strafjustizsystem verletze in schwer wiegender Weise die grundrechtlich garantierte Unschuldsvermutung. Inwiefern im vorliegenden Fall dieses universelle Menschenrecht tangiert worden sei, legt er nicht dar. Damit wird keine Verletzung schwerer Mängel des ausländischen Verfahrens substanziiert (vgl. Art. 42 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 84 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer verkennt, dass die blosse Behauptung, im ausländischen Verfahren sei die Unschuldsvermutung missachtet worden, keinen besonders bedeutenden Rechtshilfefall begründet.
Weiter stellt er sich auf den Standpunkt, im ausländischen Verfahren seien im Lichte von Art. 2 IRSG weitere elementare Verfahrensrechte verletzt worden, darunter die Ansprüche der beschuldigten Person auf einen Verteidiger ihrer Wahl und auf eine richterliche Haftprüfung. Wie die Vorinstanz in den Erwägungen des angefochtenen Entscheides zutreffend darlegt, können sich auf Art. 2 lit. a IRSG grundsätzlich nur Personen berufen, die im ersuchenden Staat selber beschuldigt sind. Nicht beschuldigte Personen sind legitimiert, sich auf ihre im Rechtshilfeverfahren tangierten eigenen Grundrechte zu berufen (z.B. Recht auf Privatsphäre, Berufsgeheimnisse, Eigentumsgarantie, rechtliches Gehör usw.), soweit sie von Rechtshilfemassnahmen selber unmittelbar betroffen sind. Indessen können sie nicht im eigenen Namen die besonderen Verteidigungsrechte von beschuldigten Personen als verletzt anrufen. Soweit der Beschwerdeführer schon im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren nicht legitimiert war, im eigenen Namen spezifische Verteidigungsrechte der in Japan beschuldigten Person anzurufen, fehlt es ihm auch im Verfahren vor dem Bundesgericht an der betreffenden Beschwerdebefugnis (Art. 89 Abs. 1 lit. b-c BGG; vgl. BGE 130 II 217 E. 8.2; Forster, a.a.O., Art. 84 N. 37; Sarah Summers, in: Basler Kommentar Internationales Strafrecht, 2015, Art. 2 IRSG N. 4; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl., Bern 2019, Rz. 531). Umso weniger lässt sich darauf die zusätzliche Sachurteilsvoraussetzung von Art. 84 Abs. 2 BGG stützen. Dass sich die Vorinstanz mit den betreffenden Rügen materiell nicht befasst hat, führt denn im Ergebnis auch zu keiner Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Ebenso wenig ist dem Standpunkt des Beschwerdeführers zu folgen, es handle sich bereits deshalb um einen besonders bedeutenden Fall, weil die Strafsache in den Medien grosse Aufmerksamkeit erfahren hat. Soweit er auf Rechtshilfefälle im Zusammenhang mit dem sogenannten "FIFA-Komplex" verweist, übersieht er, dass das Bundesgericht auch nicht bei allen FIFA-Fällen ohne Weiteres die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 84 Abs. 2 BGG als erfüllt ansah (vgl. etwa Urteile 1C_345/2016 vom 8. August 2016; 1C_344/2016 vom 8. August 2016 oder 1C_639/2015 vom 16. Dezember 2015).
Analoges gilt für das Vorbringen, es stünden weitere konnexe Beschwerdefälle in Aussicht. Der Umstand, dass auch der in Japan Beschuldigte eine Beschwerde erheben könnte, zumal auch ein auf ihn lautendes Konto separat von Rechtshilfemassnahmen betroffen sei, lässt den vorliegenden Fall ebenfalls nicht als besonders bedeutend erscheinen.
Weiter verkennt der Beschwerdeführer, dass sich hier auch keine Rechtsfragen von erheblicher Tragweite stellen:
Selbst wenn sein Vorbringen zuträfe, dass seit 2007 lediglich vier Fälle von Rechtshilfeersuchen Japans höchstrichterlich zu beurteilen gewesen wären, ergäbe sich daraus kein besonders bedeutender Fall. Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist auf die akzessorische Rechtshilfe mit Japan neben der reziproken Gegenrechtserklärung (SR 0.351.946.3) primär das IRSG anwendbar. Im vorliegenden Fall stellen sich keine Rechtsfragen, mit denen sich das Bundesgericht bisher noch nie befasst hätte. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die einschlägige Praxis - insbesondere zu Art. 2 lit. a IRSG, zum Übermassverbot bei der Gewährung von akzessorischer Rechtshilfe und zur Deliktskonnexität der erhobenen Kontenunterlagen - auf die zurückzukommen hier kein Anlass besteht.
Nicht nachvollziehbar ist schliesslich die Argumentation des Beschwerdeführers, die Vorinstanz sei von der einschlägigen höchstrichterlichen Praxis abgewichen. Das Bundesstrafgericht hat die massgeblichen Rechtsquellen, darunter die Rechtsprechung des Bundesgerichtes zur Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit und zum Verbot von sogenannten "Fishing Expeditions", zutreffend dargelegt und auf den vorliegenden Fall angewendet. Dass die Vorinstanz dabei den materiellen Einwendungen und Standpunkten des Beschwerdeführers nicht gefolgt ist, begründet keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG.
5.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Februar 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Der Gerichtsschreiber: Forster