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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 2C_216/2022 vom 01.04.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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2C_216/2022
 
 
Urteil vom 1. April 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Beusch,
 
Bundesrichter Hartmann,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Herrn Ange Sankieme Lusanga,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 12, 4051 Basel.
 
Gegenstand
 
Ausschaffungshaft,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 21. Februar 2022 (AUS.2022.10).
 
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Aufenthaltsbewilligung des haitianischen Staatsbürgers A.________ (geb. 1983) wurde am 13. Mai 2020 nicht mehr verlängert; er wurde angehalten, das Land zu verlassen. Der entsprechende Entscheid ist rechtskräftig. Mehreren Aufforderungen, sich beim Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt zu melden, kam A.________ nicht nach. Sein Aufenthaltsort war in der Folge unbekannt.
1.2. Am 18. Februar 2022 wurde A.________ bei einer Polizeikontrolle im "Milieu" angehalten. Das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt nahm ihn hierauf für drei Monate in Ausschaffungshaft. Die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (als Verwaltungsgericht) prüfte diese am 21. Februar 2022 und bestätigte sie bis zum 17. Mai 2022.
1.3. A.________ beantragt in einer in französischer Sprache abgefassten Rechtsschrift, den Entscheid der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen aufzuheben und ihn aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege; zudem sei ihm sein Rechtsvertreter als unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben.
Die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) verzichtet darauf, zur Beschwerde Stellung zu nehmen und verweist auf allfällige Eingaben der kantonalen Behörden. A.________ hat in Kenntnis der Vernehmlassungen an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten.
A.________ hat sich im weiteren Verfahren nicht mehr vernehmen lassen.
 
Erwägung 2
 
In formeller Hinsicht rechtfertigen sich für das bundesgerichtliche Verfahren folgende Hinweise:
2.1. Die Eingabe des Beschwerdeführers erfolgte auf Französisch, der angefochtene Entscheid erging auf Deutsch. Das Verfahren vor Bundesgericht ist in deutscher Sprache zu führen (Art. 54 Abs. 1 BGG), da der Beschwerdeführer nicht begründet darum ersucht, dieses ausnahmsweise in einer anderen Amtssprache zu instruieren und zu erledigen (vgl. das Urteil 2C_115/2021 vom 21. Februar 2022 E. 1.1 mit Hinweisen).
 
Erwägung 2.2
 
2.2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren und die Begründung zu enthalten. Diese muss sachbezogen sein und sich auf den Gegenstand des angefochtenen Entscheids beziehen. Die beschwerdeführende Partei muss in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Urteils massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die Vorinstanz Rechte oder Rechtsnormen verletzt haben soll (vgl. BGE 140 III 86 E. 2).
2.2.2. Die Rügen und ihre Begründung müssen dabei in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten genügt den Begründungsanforderungen nicht (BGE 147 I 478 E. 2.4.2; 141 V 416 E. 4; 133 II 396 E. 3.2; Urteil 2C_782/2018 vom 21. Januar 2019 E. 2.1).
2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer lediglich gewisse Normen nennt (Art. 15 Abs. 1 RL 2008/115, Art. 6 EMRK usw.), ohne darzulegen, inwiefern diese anwendbar und verletzt sein sollen, ist seine Rechtsschrift ungenügend begründet; dasselbe gilt, soweit er zur Begründung lediglich auf die Beilagen verweist. Es ist nicht am Bundesgericht, in diesen nach allfälligen Rechtsverletzungen zu suchen (Urteil 2C_156/2022 vom 15. Februar 2022 E. 2.2).
 
Erwägung 3
 
In materieller Hinsicht erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet und kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
3.1. Die Vorinstanz gibt die gesetzliche Regelung (Art. 76 AIG) und die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu zutreffend wieder: Der Beschwerdeführer wurde aus der Schweiz weggewiesen. Er kam Aufforderungen des Migrationsamts des Kantons Basel-Stadt nicht nach, war unbekannten Aufenthalts (offenbar teilweise in Frankreich) und erklärte wiederholt, auf keinen Fall in seine Heimat zurückzukehren. Es besteht bei ihm somit Untertauchensgefahr (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG). Gestützt auf sein bisheriges Verhalten ist nicht ersichtlich, welche mildere Massnahme geeignet wäre, sicherzustellen, dass er sich den Behörden bei Vorliegen der Papiere und der Flugreservation zur Verfügung halten wird. Eine Rückführung nach Haiti ist heute mit einem negativen Covid-Test, der 72 Stunden vor der Abreise durchgeführt wird, möglich (Mitteilung des SEM vom 18. Februar 2022). Ersatzreisedokumente können über die haitianische Botschaft in Paris beschafft werden. Der Vollzug der Ausschaffung ist damit absehbar (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG); entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist dies nicht nur der Fall, wenn ein Rückübernahmeabkommen besteht. Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass sich die Behörden nicht weiterhin zeitgerecht um den Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers bemühen werden (Beschleunigungsgebot; Art. 76 Abs. 4 AIG). Er kann seine Haft verkürzen, indem er bei der Papierbeschaffung und dem Wegweisungsvollzug mit den Behörden kooperiert (vgl. das Urteil 2C_722/2015 vom 29. Oktober 2015 E. 3.3.4).
3.2. Was der Beschwerdeführer gegen seine Festhaltung weiter einwendet, überzeugt nicht: Zwar hat er in der Haft inzwischen ein Asylgesuch eingereicht; es kann mit der Vorinstanz jedoch davon ausgegangen werden, dass dieses aufgrund der Umstände rasch erledigt werden wird (vgl. Art. 75 Abs. 1 lit. f i.V.m. Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 AIG) und der Vollzug der Wegweisung deshalb absehbar bleibt (vgl. BGE 125 II 377 E. 2a; THOMAS HUGI YAR, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, § 10 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, N. 10.152 f.). Er war im Verfahren vor der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht nicht von Amtes wegen zu verbeiständen, da sich weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen stellten (vgl. BGE 122 I 49 E. 2c/cc); im Übrigen hat er auch nicht um einen Rechtsbeistand ersucht (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.41). Allfälligen gesundheitlichen Problemen (Suizidgefahr) kann im Rahmen der Haftbedingungen Rechnung getragen werden; sie stellen die Hafterstehungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht infrage (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.164 ff.). Zudem hat er der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht erklärt, sich grundsätzlich gut zu fühlen. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich rügt, die Vorinstanz habe das "Kollegialitätsprinzip" verletzt, ist nicht ersichtlich, was er damit meint: Im Kanton Basel-Stadt erfolgt die richterliche Prüfung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht durch eine Einzelrichterin oder einen Einzelrichter, was bundesrechtlich zu-lässig ist und in der Verfahrenshoheit der Kantone liegt.
 
Erwägung 4
 
4.1. Die Beschwerde ist damit unbegründet und kann im Verfahren nach Art. 109 BGG abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Ergänzend wird auf die Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (Art. 64 BGG). Die unentgeltliche Verbeiständung wäre zudem nicht möglich, da nach der bundesgerichtlichen Praxis hierfür nur in der Schweiz zugelassene Anwältinnen und Anwälte eingesetzt werden. Es kann jedoch ausnahmsweise davon abgesehen werden, Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. 
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
2.2. Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
 
Lausanne, 1. April 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Hänni
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar