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BGer 1B_593/2021 vom 11.04.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
1B_593/2021
 
 
Urteil vom 11. April 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jametti, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Müller, Bundesrichter Merz,
 
Gerichtsschreiber Hahn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dieter Aebi,
 
gegen
 
1. Stephan Keel, c/o Staatsanwaltschaft II,
 
Zweierstrasse 25, 8004 Zürich,
 
2. Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich,
 
Besondere Untersuchungen,
 
Zweierstrasse 25, 8004 Zürich,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Strafverfahren; Ausstand,
 
Beschwerde gegen den Verfügung und Beschluss
 
des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer,
 
vom 22. September 2021 (UA210008-O/U/GRO).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
A.________ erstattete am 22. Januar 2021 Strafanzeige gegen mehrere Mitglieder der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich wegen Ehrverletzung, falscher Anschuldigung sowie Irreführung der Rechtspflege. Begründet wurde die Strafanzeige im Wesentlichen mit angeblich wahrheitswidrigen und ehrverletzenden Äusserungen der Gerichtspersonen in einem A.________ betreffenden Strafurteil des Obergerichts vom 4. September 2020, mit welchem sie wegen qualifizierter Geldwäscherei, Diebstahls, Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung, Erschleichens einer falschen Beurkundung sowie der Gehilfenschaft zu mehrfachem Steuerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen à Fr. 100.-- verurteilt wurde. Am 29. Januar 2021 wurde Staatsanwalt Stephan Keel mit der Führung des Strafverfahrens gegen die genannten Gerichtspersonen betraut. Mit Gesuch vom 5. Februar 2021 verlangte A.________ den Ausstand von Staatsanwalt Stephan Keel. Dieser erklärte sich mit Stellungnahme vom 9. März 2021 gegenüber dem Obergericht des Kantons Zürich als nicht befangen. Mit Beschluss vom 22. September 2021 wies das Obergericht das Ausstandsgesuch ab.
B.
Gegen den Beschluss des Obergerichts gelangte A.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 1. November 2021 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Gutheissung ihres Ausstandsbegehrens. In prozessualer Hinsicht ersucht sie um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Stephan Keel und das Obergericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen, selbstständig eröffneten Zwischenentscheid über den Ausstand im Rahmen eines Strafverfahrens. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 78 ff. und Art. 92 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz hat das Ausstandsgesuch der Beschwerdeführerin abgewiesen. Als strafantragstellende Privatklägerin ist sie damit zur Beschwerdeführung berechtigt (vgl. Art. 81 Abs. 1 BGG; Urteil 1B_335/2021 vom 15. September 2021 E. 1.1). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.
1.2. Nicht einzutreten ist hingegen auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu den von ihr angezeigten Straftaten sowie auf ihre Kritik am gegen sie ergangenen Sachurteil des Obergerichts vom 4. September 2020. Diese Rügen gehen über den Streitgegenstand hinaus. Vorliegend geht es einzig um die Beurteilung ihres Ausstandsbegehrens gegen den Beschwerdegegner und nicht um eine materielle Beurteilung der angezeigten Straftaten oder gar um eine Prüfung des obergerichtlichen Sachurteils. Analoges gilt für ihre inhaltlichen Beanstandungen der vom Beschwerdegegner geführten, aber bereits rechtskräftig abgeschlossenen Parallelverfahren.
1.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Dessen Einhaltung überprüft das Bundesgericht von Amtes wegen (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Antrag hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht (vgl. Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 2 BGG).
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) durch die Vorinstanz. Diese sei nur oberflächlich und teilweise gar nicht auf ihre Rügen eingegangen, wonach die verzeigten Gerichtspersonen im von ihnen gefällten Strafurteil vorbehaltlos der vom Beschwerdegegner in einem Parallelverfahren aufgestellten und sie belastenden Kollusionsthese (vgl. hinten E. 3) gefolgt seien, weshalb der Beschwerdegegner im vorliegenden Strafverfahren wegen Befangenheit in den Ausstand treten müsse. Ebenfalls nur am Rande äussere sich die Vorinstanz zu ihren Vorbringen betreffend den ungerechtfertigten Kontakt zwischen dem Beschwerdegegner und einer der verzeigten Oberrichterinnen. Gleich verhalte es sich hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten Einschüchterung durch den Beschwerdegegner mittels selektiver Zustellung von Einstellungsverfügungen aus parallelen Strafverfahren.
2.2. Die Beschwerdeführerin übersieht in ihren Gehörsrügen, dass sich eine Gerichtsbehörde rechtsprechungsgemäss nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Der angefochtene Beschluss genügt diesen Anforderungen. Die entscheidwesentlichen Überlegungen, von denen sich die Vorinstanz hat leiten lassen, gehen aus der Begründung hervor. Der Beschluss ist mithin so abgefasst, dass sich die Beschwerdeführerin über dessen Tragweite hinreichend Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an das Bundesgericht weiterziehen konnte (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2; 141 IV 249 E. 1.3.1; 139 IV 179 E. 2.2, je mit Hinweisen).
 
Erwägung 3
 
Dem vorliegenden Ausstandsverfahren geht ein seit dem Frühjahr 2010 gegen die Beschwerdeführerin geführtes Strafverfahren voraus, welches zu ihrer Verurteilung durch das Obergericht Zürich wegen qualifizierter Geldwäscherei, Diebstahls, Betrugs, mehrfacher Urkundenfälschung, Erschleichens einer falschen Beurkundung sowie der Gehilfenschaft zu mehrfachem Steuerbetrug führte (vgl. vorne Sachverhalt lit. A). Im Verlauf dieses Strafverfahrens reichte die Beschwerdeführerin eine Strafanzeige (u.a. wegen falscher Anschuldigung) gegen den Hauptbelastungszeugen B.________ ein. In einer weiteren Strafanzeige bezichtigte die Beschwerdeführerin die verfahrensleitende Staatsanwältin u.a. der falschen Anschuldigung sowie des Amtsmissbrauchs. Mit der Führung dieser beiden Strafuntersuchungen wurde der Beschwerdegegner betraut, welcher die Verfahren mangels anklagegenügender Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Rahmen von 14 Einstellungsverfügungen abschloss. Die von der Beschwerdeführerin gegen sechs Einstellungsverfügungen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (vgl. dazu Urteil 6B_163/2018 vom 15. Mai 2019).
Aufgrund dieser vom Beschwerdegegner geführten Parallelverfahren erachtet ihn die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Sache als voreingenommen. Im Wesentlichen macht sie geltend, er habe in diesen Verfahren gestützt auf die Aussagen des Belastungszeugen B.________ die These vertreten, die Beschwerdeführerin habe mit B.________ abgesprochen, dass dieser im Rahmen von Audioaufnahmen seine die Beschwerdeführerin belastenden Aussagen im Gegenzug für die Aushändigung eines Aktienzertifikats widerrufe. Die im vorliegenden Hauptverfahren angezeigten Gerichtspersonen hätten diese These in der Begründung des Strafurteils vom 4. September 2020 vorbehaltlos übernommen. Zusätzlich hätten sie ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Audioaufnahmen in strafbarer Weise durch Verletzung von Art. 179ter StGB erlangt. Auch diese haltlose und ehrverletzende Unterstellung habe schliesslich zur Anzeige der am Urteil mitwirkenden Gerichtspersonen geführt. Weil sich der Beschwerdegegner in den von ihm geführten Parallelverfahren hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Audioaufnahmen bereits eine präjudizierende Meinung gebildet habe, welche sich mit jener der nun verzeigten Gerichtspersonen decke, könne er nicht mehr als unbefangen angesehen werden.
Einen weiteren Befangenheitsgrund erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass ihr der Beschwerdegegner in den Parallelverfahren nur die Rechtskraftbescheinigungen der Einstellungsverfügungen im Verfahren gegen die verfahrensleitende Staatsanwältin zugestellt habe, nicht aber jene im Verfahren gegen den Belastungszeugen. Dieses Verhalten habe dem Zweck gedient, sie einzuschüchtern, damit sie das eingestellte Strafverfahren gegen die Staatsanwältin im sie betreffenden Berufungsverfahren nicht mehr aufgreife. Schliesslich begründet die Beschwerdeführerin die Voreingenommenheit des Beschwerdegegners damit, dass dieser nach Abschluss der von ihm geführten Strafuntersuchungen in Kontakt mit einer der nun angezeigten Oberrichterinnen gestanden habe.
 
Erwägung 4
 
4.1. Nach Art. 56 StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person (wozu auch Staatsanwälte und Staatsanwältinnen zählen [Art. 12 lit. b StPO]) unter anderem dann in den Ausstand, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse hat (lit. a), in einer anderen Stellung in der gleichen Sache tätig war (lit. b) oder aus anderen Gründen befangen sein könnte (lit. f). Art. 56 StPO konkretisiert die verfassungs- und konventionsrechtlich geschützte Garantie des unabhängigen und unparteiischen Gerichts nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Danach hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Die Rechtsprechung nimmt Voreingenommenheit und Befangenheit an, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Dabei ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 144 I 234 E. 5.2; 143 IV 69 E. 3.2 mit Hinweisen). Bei einer Strafverfolgungsbehörde beurteilt sich die Ausstandspflicht nach Art. 29 Abs. 1 BV. Der Gehalt von Art. 30 Abs. 1 BV darf nicht unbesehen auf nicht richterliche Behörden bzw. auf Art. 29 Abs. 1 BV übertragen werden (BGE 141 IV 178 E. 3.2.2 mit Hinweisen). Dem funktionellen Unterschied zwischen einem Gericht (Art. 13 StPO) und einer Strafverfolgungsbehörde (Art. 12 StPO) ist Rechnung zu tragen (vgl. Urteil 1B_139/2018 vom 26. November 2018 E. 4.1).
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die Vorinstanz habe die Ausstandsgründe von Art. 56 lit. a (nachfolgend E. 4.2), lit. b (nachfolgend E. 4.3) und lit. f StPO (nachfolgend E. 4.4) zu Unrecht als nicht erfüllt erachtet.
4.2. Aus Art. 56 lit. a StPO folgt, dass die in einer Strafbehörde tätige Person weder in eigener Sache ermitteln noch entscheiden darf. Erfasst werden sämtliche direkten oder indirekten Interessen, seien sie tatsächlicher, etwa finanzieller, oder ideeller Natur. Soweit nur eine indirekte bzw. mittelbare Betroffenheit vorliegt, muss die Person jedenfalls so intensiv tangiert sein, dass eine ernsthafte Gefahr der Unsachlichkeit besteht. Erforderlich ist eine spürbare persönliche Beziehungsnähe zum Streitgegenstand (vgl. BGE 140 III 221 E. 4.2; Urteil 1B_161/2014 vom 8. August 2014 E. 2.4; MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, N. 15 zu Art. 56 StPO).
Sinngemäss scheint die Beschwerdeführerin die Auffassung zu vertreten, das persönliche Interesse des Beschwerdegegners liege darin, seine eigene "Kollusionsthese" und die damit begründeten Einstellungsverfügungen aus den Parallelverfahren "rechtfertigen" zu müssen. Diese Rüge stösst ins Leere. Dass bei umfangreichen Sachverhalten mit mehreren verdächtigen Personen verschiedene Strafanzeigen zwischen teilweise denselben Parteien eingereicht und durch denselben Staatsanwalt bearbeitet werden, kann vorkommen. Grundsätzlich begründet dies für sich allein jedoch keine spürbare direkte persönliche Beziehungsnähe zum Streitgegenstand. Hinzu kommt, dass die vom Beschwerdegegner erlassenen Einstellungsverfügungen nach den von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Rechtsmitteln längst bestätigt und in Rechtskraft erwachsen sind (vgl. vorne E. 3). Inwiefern der Beschwerdegegner diese im vorliegenden Verfahren noch rechtfertigen müsste, ist deshalb nicht ersichtlich. Ein Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. a StPO ist daher zu verneinen.
4.3. Der Ausstandsgrund der sog. Vorbefassung nach Art. 56 lit. b StPO setzt voraus, dass die vom Ausstandsgesuch betroffene Person
Diese Voraussetzungen von Art. 56 lit. b StPO sind vorliegend nicht erfüllt. Einerseits war der Beschwerdegegner in den von der Beschwerdeführerin mittels Strafanzeigen initiierten Parallelverfahren in derselben Stellung als Staatsanwalt tätig. Andererseits betrafen diese Strafuntersuchungen andere Personen und stellten sich dort auch nicht die gleichen Rechtsfragen (vgl. hinten E. 4.4.2), weshalb auch nicht von einer "gleichen Sache" im Sinne von Art. 56 lit. b StPO gesprochen werden kann. Zu prüfen bleibt damit, ob die Mehrfachbefassung des Beschwerdegegners im Zusammenspiel mit den weiteren Beanstandungen der Beschwerdeführerin eine Ausstandspflicht gemäss Art. 56 lit. f StPO begründet.
 
Erwägung 4.4
 
4.4.1. Ob eine unzulässige, den Verfahrensausgang vorwegnehmende Mehrfachbefassung vorliegt, kann nicht allgemein gesagt werden. Zu prüfen ist anhand der tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Umstände in jedem Einzelfall, ob das Verfahren trotz Mehrfachbefassung noch als offen erscheint (BGE 142 III 732 E. 4.2.2; 131 I 113 E. 3.4; Urteil 1B_98/2021 vom 3. März 2022 E. 5.5, zur Publikation vorgesehen).
Die Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters im Sinne von Art. 56 lit. f StPO ist nach der Praxis des Bundesgerichts nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3;; 138 IV 142 E. 2.3). Diesbezüglich sind primär die gegen die zu beanstandenden Verfahrenshandlungen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen (vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2; Urteil 1B_266/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 3.2). Auch voreilige präjudizielle Äusserungen der Untersuchungsleitung können in begründeten Einzelfällen geeignet sein, objektive Zweifel an ihrer Unparteilichkeit zu begründen. Dies kann zum Beispiel zutreffen, wenn die Untersuchungsleitung nicht gewillt erscheint, ihren unzulässigen, vom zuständigen Gericht gerügten Standpunkt zu ändern (vgl. BGE 138 IV 142 E. 2.4). Sodann können sich Verfahrenssituationen ergeben, in denen die Staatsanwaltschaft bereits vor Abschluss der Strafuntersuchung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zum Gegenstand der Untersuchung Stellung nimmt und dabei unter Umständen auch ihre aufgrund des jeweiligen Verfahrensstandes vorläufig gebildete Meinung offenlegt. Dabei wird aber, sofern nicht besondere gegenteilige Anzeichen vorhanden sind, vorausgesetzt, dass die Untersuchungsleitung in der Lage ist, ihre vorläufige Beurteilung des Prozessstoffes entsprechend dem jeweils neusten Stand des Verfahrens ständig zu überprüfen und bei Vorliegen neuer Tatsachen und Argumente auch zu revidieren. Ein solches Vorgehen vermag in der Regel keine Parteilichkeit oder Befangenheit objektiv zu begründen (BGE 141 IV 178 E. 3.2.3; 127 I 196 E. 2d; Urteil 1B_266/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 3.3).
4.4.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt auch keine Befangenheit des Beschwerdegegners gemäss Art. 56 lit. f StPO vor. Aus den aktenkundigen Einvernahmeprotokollen aus den vom Beschwerdegegner geführten Parallelverfahren geht hervor, dass für die Prüfung der damaligen Anzeigevorwürfe primär Indizienbeweise zur Verfügung standen und insbesondere das Aussageverhalten der Verfahrensbeteiligten von zentraler Bedeutung war. Wichtig war dabei u.a. auch der Inhalt der von der Beschwerdeführerin im gegen sie geführten Strafverfahren eingereichten Audioaufnahmen von Gesprächen zwischen ihr und dem Belastungszeugen. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, erstaunt es vor diesem Hintergrund wenig, dass der Beschwerdegegner zur Wahrheitsfindung im Rahmen der von ihm durchgeführten Einvernahmen mehrmals auf die Audioaufnahmen einging, verschiedene Hypothesen prüfte und diese je nach Antworten der befragten Personen auch umformulierte (vgl. E. 3.5 des angefochtenen Beschlusses). Eine solches Vorgehen entspricht der Aufgabe, die der Staatsanwaltschaft in einer Strafuntersuchung zukommt (vgl. Art. 6 Abs. 1 und 2 StPO). Entscheidend für das vorliegende Ausstandsverfahren ist, dass sich aus den aktenkundigen Einvernahmeprotokollen ergibt, dass der Beschwerdegegner seine Fragen jeweils ergebnisoffen und gestützt auf den aktuellsten Stand der Untersuchungen formulierte. Wie die Beschwerdeführerin selber ausführt, ging der Beschwerdegegner im Gegensatz zu den nun verzeigten Gerichtspersonen sodann von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der von ihr ins Recht gelegten Audioaufnahmen aus. Er vertrat mithin insoweit den gleichen Standpunkt wie sie, was für das vorliegende Hauptverfahren als klares Zeichen gegen eine Voreingenommenheit zu werten ist. Anders als die verzeigten Gerichtspersonen musste sich der Beschwerdegegner überdies auch noch nicht abschliessend mit der nun im Raum stehenden Frage befassen, ob die Beschwerdeführerin die Audioaufnahmen allenfalls unter Verletzung von Art. 179ter StGB erlangt hat. Als Zwischenfazit ist daher festzuhalten, dass die bisherigen Äusserungen des Beschwerdegegners zum Zustandekommen der fraglichen Audioaufnahmen sowie zu deren Verwertbarkeit nicht geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, er habe sich bereits derart festgelegt, dass er gegenüber den neuen Erkenntnissen aus der Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin nicht mehr offen wäre.
4.4.3. Auch die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen keine Voreingenommenheit des Beschwerdegegners zu begründen. Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Vorinstanz erging in der Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin am 28. November 2014 ein Sistierungsbeschluss des Obergerichts. Im Rahmen dieses Beschlusses sei der Beschwerdegegner darum ersucht worden, die erkennende Kammer regelmässig über den Stand der von ihm geführten Parallelverfahren zu informieren. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, kam der Beschwerdegegner damit nur den Anordnungen des Obergerichts nach, wenn er die nun verzeigte Oberrichterin über den jeweiligen Verfahrensstand unterrichtete. Inwiefern in diesen Kontakten ein Ausstandsgrund liegen soll, ist nicht ersichtlich. Aus der von der Beschwerdeführerin als Beleg hierfür ins Recht gelegten Telefonnotiz eines Gesprächs zwischen der verzeigten Oberrichterin und dem Beschwerdegegner vom 17. Dezember 2015 ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte, die für eine Befangenheit des Beschwerdegegners sprechen würden.
Nicht nachvollziehbar ist schliesslich, inwieweit der Umstand, dass dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin nicht sämtliche Rechtskraftbescheinigungen der Einstellungsverfügungen aus den Parallelverfahren zugestellt wurden, als ausstandsbegründender Einschüchterungsversuch zu werten sein soll. Die Vorinstanz wies zu Recht darauf hin, dass selbst wenn die vom Beschwerdegegner insoweit gewählte Vorgehensweise von gewissen prozesstaktischen Überlegungen motiviert gewesen sein sollte, darin jedenfalls kein krasser Verfahrensfehler im Sinne von Art. 57 lit. f StPO (vgl. vorne E. 4.4.1), geschweige denn ein Einschüchterungsversuch zu sehen wäre (vgl. E. 5 des angefochtenen Beschlusses).
4.5. Nach dem Gesagten liegen bei objektiver Betrachtungsweise keine Umstände vor, die den Anschein der Voreingenommenheit des Beschwerdegegners begründen würden. Es ist folglich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz das Ausstandsgesuch abgewiesen hat.
5.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten daher der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihren angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. April 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Jametti
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn