Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 6B_417/2022 vom 22.04.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
6B_417/2022
 
 
Urteil vom 22. April 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
 
Gerichtsschreiber Boller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Vettiger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
 
Binningerstrasse 21, 4051 Basel,
 
2. B.A.________,
 
vertreten durch Advokatin Marie-Caroline Messerli,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Verfahrenseinstellung, Beschlagnahme, Kosten; Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 3. Februar 2022 (BES.2021.37, BES.2021.42).
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:
 
1.
 
A.A.________ reichte am 13. März 2020 gegen seine ehemalige Ehefrau B.A.________ Strafanzeige wegen Veruntreuung ein, weil diese in den Jahren 2006 bis 2019 diverse Bezüge und Zahlungen zulasten seiner Konten ohne sein Einverständnis getätigt, diverse seiner Goldmünzen "veruntreut" und in zwei Fällen Zahlungsaufträge mittels Blankounterschriften gefälscht habe. Im Rahmen der daraufhin eröffneten Strafuntersuchung wies die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ein von A.A.________ gestelltes Begehren um "unverzügliche Beschlagnahme der Vermögenswerte der Beanzeigten resp. des Deliktsgutes zur Beweissicherung, Restitution und Sicherung der Verfahrenskosten" am 17. Februar 2021 ab. Die Staatsanwaltschaft auferlegte ihm ausserdem mit separaten Rechnungen gesonderte Gebühren für eine von ihm verlangte Akteneinsicht (Bereitstellung von CDs mit Verfahrensakten). Das Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft am 3. März 2021 teilweise wegen Fehlens eines gültigen Strafantrags und im Übrigen aus Mangel an Beweisen ein.
 
Die Einzelrichterin des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt wies zwei von A.A.________ gegen die Verweigerung der Beschlagnahme einerseits und gegen die Auflage der Gebühren für die Akteneinsicht und gegen die Verfahrenseinstellung andererseits erhobene Beschwerden mit Entscheid vom 3. Februar 2022 ab. A.A.________ wendet sich dagegen mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.
 
 
2.
 
2.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. In erster Linie geht es dabei um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung geltend gemacht. Die Privatklägerschaft muss vor Bundesgericht daher darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann auf sie nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 6B_1402/2020 vom 17. Januar 2022 E. 1.1; je mit Hinweisen).
 
2.2. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer bringt vor, Opfer einer Straftat zu sein und (deswegen) einen Vermögensverlust von mindestens Fr. 800'000.-- erlitten zu haben. Er habe sich als Privatkläger konstituiert und mache Schadenersatz geltend. Das Strafverfahren wirke sich auf seine Rechtsstellung aus, zumal die Feststellung einer Vermögensstraftat einen Schadenersatzanspruch begründe. Die Höhe und Entstehung der behaupteten Schadenssumme substanziiert er in seiner Beschwerde indes nicht näher. Seiner Eingabe lässt sich zwar entnehmen, die Beschwerdegegnerin 2 habe als zur Besorgung seiner administrativen Angelegenheiten Bevollmächtigte "unbemerkt und auf alle möglichen Arten verheimlichte Geldbezüge (ca. 200) in Höhe von rund Fr. 700'000.-- ab dem Konto des Beschwerdeführers vorgenommen". Zudem habe sie ihm durch falsche Steuerdeklaration (Nichtangabe von ihm bezahlter Alimente) einen weiteren Schaden von etwa Fr. 100'000.-- zugefügt (vgl. Beschwerde Ziff. B.1 S. 5 f.). Wie sich die Schadenssumme zusammensetzt bzw. welche konkreten strafbaren Handlungen der Beschwerdegegnerin 2 zum fraglichen Schaden geführt haben sollen, geht daraus jedoch nicht hervor und ergibt sich ebensowenig aus den weiteren Ausführungen in der Beschwerde. Der Beschwerdeführer beschreibt weder einzelne der angeblich unrechtmässigen Transaktionen exemplarisch noch ordnet er sie beispielsweise in Kategorien ein, was selbst bei einer grossen Anzahl von Vorgängen möglich und zumutbar wäre. Auf welche konkreten Handlungen der geltend gemachte Schaden zurückgehen soll, wird auch aufgrund der Umstände nicht ohne Weiteres erkennbar. Dies gilt insbesondere, nachdem laut der Darstellung des Beschwerdeführers die Beschwerdegegnerin 2 auf Teile seines Vermögens habe zugreifen und diese für sich habe verwenden dürfen (nämlich im Umfang etwa von einer Schenkung von Fr. 50'000.-- und von rechtmässigen Bezügen bzw. Unterhaltsbeiträgen von Fr. 120'000.--; vgl. Beschwerde S. 10, 15). Die Transaktionen zugunsten der Beschwerdegegnerin 2 waren demzufolge selbst nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht allesamt unberechtigt, weshalb sich insoweit eine Differenzierung aufdrängt. Erst recht wäre es bei dieser Sachlage am Beschwerdeführer gelegen, seine Zivilansprüche näher darzutun und konkret aufzuzeigen, auf welchen Handlungen die geltend gemachte Vermögensschädigung beruht. Indem er solches unterlässt und lediglich pauschal auf eine Schadenssumme von mindestens Fr. 800'000.-- verweist, die aufgrund unberechtigter Vermögensbezüge und unvollständiger Steuerdeklaration in der weiten Zeitspanne von rund 13 Jahren entstanden sein soll, vermag er den strengen Begründungsanforderungen an die Legitimation nicht zu genügen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, in den Akten und Ausführungen des Beschwerdeführers nach seinen Standpunkt stützenden Hinweisen zu suchen. Die Beschwerde erweist sich damit hinsichtlich der Eintretensvoraussetzung der Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG als unzureichend begründet.
 
 
3.
 
3.1. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung jener Parteirechte geltend machen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Zulässig sind nur Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht erlaubt sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (Urteil 6B_1229/2021 vom 17. Januar 2022 E. 6.1).
 
3.2. Der Beschwerdeführer erachtet zum einen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör als verletzt, da die Vorinstanz, soweit sie die Verfahrenseinstellung mit einem fehlenden bzw. verspäteten Strafantrag begründe, lediglich die Einstellungsverfügung wörtlich übernehme, ohne die von den Verfahrensparteien vorgetragenen Argumente inhaltlich zu prüfen. Er verweist dabei auf Umstände, die die Vorinstanz nicht (richtig) gewürdigt habe und aus denen sich ergebe, dass der Strafantrag nicht verspätet gestellt worden sei. Zum anderen moniert er in genereller Hinsicht eine Rechtsverweigerung. Nach seiner Ansicht lasse die Begründung der Vorinstanz, welche ohne konkrete Gründe zu nennen annehme, das Verfahren würde zu keiner Verurteilung führen, erkennen, dass keine ernsthafte Bereitschaft bestehe, "auf den Fall einzutreten". Mit diesen Vorbringen beanstandet der Beschwerdeführer im Ergebnis die vorinstanzliche Würdigung der Beweislage; er führt die vorgebrachten Rechtsverletzungen auf die - aus seiner Sicht - unrichtige Sachverhaltsfeststellung zurück und zielt damit letztlich auf eine Überprüfung des Entscheids in der Sache ab, was unzulässig ist. Formelle Rügen im Sinne der "Star-Praxis" bringt der Beschwerdeführer demgemäss nicht vor.
 
 
4.
 
4.1. Abgesehen von der Verfahrenseinstellung bemängelt der Beschwerdeführer die ihm durch die Staatsanwaltschaft auferlegten Gebühren für die in Nachachtung seines Akteneinsichtsgesuchs erfolgte Bereitstellung von Verfahrensakten auf zwei CDs. Zur Anfechtung dieser Gebührenauflage ist er als direkt Betroffener vor Bundesgericht ohne Weiteres berechtigt. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG hat er dabei in gedrängter Form und unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt (BGE 143 I 377 E. 1.2 f.). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2).
 
4.2. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die fraglichen Gebühren ihm einzig von der Beschwerdegegnerin 1 in Rechnung gestellt, nicht aber in einer anfechtbaren Verfügung oder in der Einstellungsverfügung festgesetzt worden seien. Die "implizite" Feststellung einer diesbezüglichen Kostentragungspflicht im Entscheid der Vorinstanz sei bundesrechtswidrig und aufzuheben, weil ihm in der Einstellungsverfügung keine Kosten auferlegt worden seien und die Vorinstanz zudem nicht geprüft habe, durch welchen Rechtsakt die Auferlegung erfolgt sei. Wenn es auch nach der unbeanstandeten und damit verbindlichen Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) zutrifft, dass die bemängelten Gebühren nicht formell verfügt wurden, so ändert dies nichts daran, dass die Beschwerdegegnerin 1 den Beschwerdeführer mittels Rechnung und damit durch Realakt zur Zahlung derselben verpflichtet hat und die Vorinstanz aufgrund seiner dagegen erhobenen Rüge die betreffende Kostentragungspflicht einlässlich überprüfte. Inwiefern der vorinstanzliche Schluss gegen Recht verstossen soll, über die Auflage der Gebühren sei in der Einstellungsverfügung nicht neu entschieden worden, Letztere stehe mithin den bereits mittels Rechnung auferlegten und eingeforderten Gebühren nicht entgegen (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.3 S. 8), legt der Beschwerdeführer nicht dar. Er zeigt auch nicht auf, inwieweit er durch das beanstandete Vorgehen einen Rechtsnachteil erlitten hätte, der die Aufhebung der Gebühren zur Folge haben müsste. Seine Eingabe vermag folglich ebenso in diesem Punkt den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht zu genügen.
 
4.3. Die vorinstanzlichen Ausführungen zum Rechtsgrund der Gebührenauflage kritisiert der Beschwerdeführer nicht (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.4 S. 8). Er macht im Sinne eines Eventualstandpunkts in materieller Hinsicht aber geltend, die Gebühren seien aufzuheben, weil die CDs unvollständig und für ihn daher "wertlos" gewesen seien. Dass er die Behauptung einer in Rechnung gestellten ungenügenden Leistung bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht hätte, legt er indes nicht dar und ergibt sich auch aus dem angefochtenen Entscheid nicht. Die betreffende materielle Kritik an der Gebührenauflage erweist sich daher mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs als unzulässig (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG; BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen).
 
5.
 
Insgesamt ist weder die Beschwerdelegitimation in der Sache noch eine Verletzung formeller Parteirechte im Sinne der "Star-Praxis" rechtsgenüglich dargetan. Gleichermassen unzureichend begründet ist die Kritik an der Auflage der Gebühren im Zusammenhang mit der Akteneinsicht. Auf die Beschwerde ist insoweit im Verfahren nach Art. 108 BGG mangels tauglicher Begründung nicht einzutreten. Weil es damit bei der vorinstanzlich bestätigten Verfahrenseinstellung bleibt, besteht kein Raum für die vom Beschwerdeführer ausserdem beantragte superprovisorisch anzuordnende Beschlagnahme von Vermögenswerten im Sinne von Art. 71 und 73 StGB. Auch darauf ist nicht einzutreten.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 steht keine Parteientschädigung zu, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. April 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Boller