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BGer 8C_102/2022 vom 04.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
8C_102/2022
 
 
Urteil vom 4. Mai 2022
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
 
Bundesrichter Maillard, Abrecht,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Claudia Marti,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Zürcherstrasse 8, 8400 Winterthur,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Januar 2022 (AL.2021.00025).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
Der 1969 geborene A.________ war seit 1. Februar 2020 teilzeitlich im Bereich Support bei der B.________ GmbH tätig. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis per 30. Juni 2020, worauf sich A.________ am 8. Juli 2020 zur Arbeitsvermittlung bei der Arbeitslosenversicherung anmeldete und am 26. August 2020 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab 8. Juli 2020 stellte. Mangels Erfüllung der Beitragszeit verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich einen Anspruch auf Arbeitslosentaggeld (Verfügung vom 13. Oktober 2020), was sie mit Einspracheentscheid vom 4. Dezember 2020 bestätigte.
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 6. Januar 2022 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei festzustellen, dass er die Beitragszeit von zwölf Monaten erfüllt und Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung habe. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht sei die Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsvertretung im vorinstanzlichen Verfahren auf Fr. 5651.85 (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen. Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege für das letztinstanzliche Verfahren ersucht.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).
 
Erwägung 2
 
2.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids der Arbeitslosenkasse vom 4. Dezember 2020 einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mangels Erfüllung der Beitragszeit verneinte, wobei die von der Arbeitslosenkasse ermittelte Beitragszeit von 11,073 Beitragsmonaten unbestritten geblieben und einzig zu beurteilen ist, ob der Beschwerdeführer im Oktober 2019 bei der B.________ GmbH eine beitragspflichtige Beschäftigung ausübte.
2.2. Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
3.
Die Vorinstanz erwog, obwohl der Beschwerdeführer die Tätigkeit für die B.________ GmbH im Monat Oktober 2019 belegt habe, ergäben sich verschiedene Ungereimtheiten. Die behauptete Barauszahlung des Lohnes sei vom Empfänger nicht quittiert worden. Die Bestätigung einer Barauszahlung durch die Arbeitgeberin habe der Beschwerdeführer erst eingereicht, nachdem die Beschwerdegegnerin diese in ihrer vorinstanzlichen Beschwerdeantwort in Zweifel gezogen habe. Das Dokument über die arbeitgeberseitig bestätigte Tätigkeit im Oktober 2019 trage sodann dasselbe Datum (5. August 2020) wie die Arbeitgeberbescheinigung betreffend das Arbeitsverhältnis von Februar bis Juni 2020. Es sei unerklärlich, weshalb die umstrittene Tätigkeit im Oktober 2019 in der Arbeitgeberbescheinigung nicht erfasst worden sei, nachdem die Beschäftigungszeiten der letzten zwei Jahre anzugeben gewesen seien. Ebenso wenig sei einleuchtend, weshalb der Beschwerdeführer in seiner Einsprache im Verwaltungsverfahren nur seine zusätzlich zu berücksichtigende stundenweise Beschäftigung vom 1. bis 7. Juli 2020 bei der B.________ GmbH angegeben habe, nicht aber bemerkt haben wolle, dass der Einsatz im Oktober 2019 ausser Acht gelassen worden sei. Das behauptete Einkommen sei ferner zwar im Auszug aus dem Individuellen Konto (IK) erfasst und gegenüber der Steuerbehörden in der Steuererklärung für das Jahr 2020 deklariert worden. Dies sei jedoch erst geschehen, nachdem die Vorinstanz entsprechende Auskünfte bei den Behörden eingeholt habe. Es sei ferner nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer für dieselbe Arbeitgeberin im Februar 2020 wieder tätig geworden sei, wenn er für die im Oktober 2019 geleistete Arbeit erst ein halbes Jahr später im März 2020 mit Fr. 2400.- brutto entschädigt worden sein soll. Deshalb könne der Beschwerdeführer hieraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. In Würdigung der gesamten Umstände sei zu vermuten, dass die Bescheinigungen bezüglich der Arbeitstage im Juli 2020 und im Oktober 2019 bloss gefälligkeitshalber seitens der früheren Arbeitgeberin ausgestellt worden seien. Es sei daher insgesamt nicht überwiegend wahrscheinlich erstellt, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2019 eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe, weshalb die Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten nicht erfüllt sei.
4.
Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, verfängt nicht. Er reichte im vorinstanzlichen Verfahren zwar Dokumente ein, die seine Behauptung stützen, im Oktober 2019 für die B.________ GmbH tätig gewesen zu sein (Arbeitgeberbescheinigung der B.________ GmbH für Oktober 2019; Lohnabrechnung vom 1. November 2019; Bestätigung der Arbeitgeberin vom 2. März 2020; IK-Auszug vom 22. und. 28. September 2021; Steuererklärung für das Jahr 2020). Die Vorinstanz hat jedoch sämtliche dieser angerufenen Dokumente in ihre sorgfältige Beweiswürdigung miteinbezogen und schlüssig dargelegt, dass diese die bestehenden Zweifel an der tatsächlich in diesem Monat ausgeübten beitragspflichtigen Tätigkeit für die B.________ GmbH nicht auszuräumen vermögen. Sie hat in nicht zu beanstandender Weise die nach wie vor bestehenden Ungereimtheiten aufgezeigt und erkannt, dass diese den Schluss auf eine Anstellung im Monat Oktober 2019 nicht mit dem notwendigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zulassen und darauf hindeuten würden, dass es sich bei der nachträglich erstellten Anstellungsbestätigung der B.________ GmbH um ein Gefälligkeitszeugnis handle. Mithin lassen die erwähnten Dokumente die vorinstanzliche Verneinung einer zwölfmonatigen Beitragsdauer nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen. Der Beschwerdeführer zeigt denn auch nicht auf, inwiefern die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unzutreffend (willkürlich) sein sollen oder die Vorinstanz mit ihren rechtlichen Darlegungen zur fehlenden zwölfmonatigen Beitragszeit Bundesrecht verletzt haben soll. Seine Einwände erschöpfen sich über weite Strecken in einer appellatorisch gehaltenen Wiedergabe der eigenen Sichtweise, was nicht genügt, um die Rechtsfehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere aus ihren Darlegungen nicht, dass die Vorinstanz unhaltbare Schlüsse hinsichtlich des verfügungsweise eingeforderten IK-Auszugs für die Jahre 2016 bis 2020 gezogen haben soll. So würdigte sie den Hinweis der SVA Zürich in ihrem Begleitschreiben vom 3. August 2021, wonach möglicherweise noch nicht alle Einkommen für das Jahr 2020 auf den Auszügen ersichtlich seien, nicht offensichtlich unrichtig. Denn hierzu erkannte die Vorinstanz lediglich, dass das behauptete Einkommen erst deklariert worden sei, nachdem sie am 8. Juli 2021 Auskünfte hierzu eingeholt habe. Diese vorinstanzliche Feststellung stimmt auch insofern mit der Zustellung eines aktuelleren IK-Auszugs vom 28. September 2021 der SVA vom 11. Oktober 2021 (und dem vom Beschwerdeführer vorinstanzlich eingereichten IK-Aus-zug vom 22. September 2021) überein, als darin auf den Lohnnachtrag für das Einkommen aus der Tätigkeit bei der B.________ GmbH hingewiesen wurde. Nichts anderes ergibt sich aus dem der Vorinstanz mit Eingabe vom 1. April 2021 eingereichten "Lohnblatt pro 2020", worauf sich der Beschwerdeführer überdies beruft. Dieses undatierte Blatt weist wohl das behauptete Einkommen für das Jahr 2019 aus, liefert jedoch keine Hinweise darüber, zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer der Ausgleichskasse den deklarierten Lohn von Fr. 2400.- meldete. Hieraus lässt sich nichts zu seinen Gunsten gewinnen. Dass sich die Vorinstanz nicht explizit mit dem Lohnblatt 2020 auseinandergesetzt hat, verletzt weder das rechtliche Gehör (vgl. BGE 142 I 135 E. 2.1; 136 I 229 E. 5.2) noch hat sie damit den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig oder mangelhaft festgestellt.
5.
Schliesslich fordert der Beschwerdeführer eine höhere Entschädigung für seine unentgeltliche Rechtsvertreterin im vorinstanzlichen Verfahren.
Bei der unentgeltlichen Verbeiständung handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen Staat und Rechtsbeistand (BGE 132 V 200 E. 5.1.4), das einen Honoraranspruch der Rechtsbeiständin gegenüber dem Staat begründet. Steht dieser Anspruch demnach der amtlichen Rechtsbeiständin selber zu und nicht der verbeiständeten Partei, kann - mangels Parteistellung der Rechtsvertreterin in diesem Verfahren - die Höhe der zustehenden Entschädigung hier nicht beurteilt werden (BGE 140 V 116 E. 4). Soweit die Rechtsvertreterin die vorinstanzliche Festsetzung ihrer amtlichen Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin für das kantonale Verfahren hätte anfechten und ein höheres Honorar durchsetzen wollen, hätte sie in eigenem Namen an das Bundesgericht gelangen müssen. Auf die Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten, als damit eine Erhöhung des der Anwältin des Beschwerdeführers zugesprochenen amtlichen Honorars verlangt wird. Die Beschwerde ist damit - soweit darauf einzutreten ist - offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
6.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG wird einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege nur gewährt, wenn sie bedürftig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde (BGE 129 I 129 E. 2.3.1) nicht entsprochen werden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 4. Mai 2022
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Wirthlin
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla