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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 6B_116/2022 vom 11.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
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6B_116/2022
 
 
Urteil vom 11. Mai 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Strafbefehl (Rückzug der Einsprache zufolge unentschuldigtes Fernbleiben von der Einspracheverhandlung); Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 15. Dezember 2021 (BK 21 392).
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland stellte mit Verfügung vom 4. August 2021 fest, der Beschwerdeführer sei trotz ordnungsgemässer Vorladung unentschuldigt nicht zur Einspracheverhandlung vom 3. August 2021 erschienen, was als Rückzug der Einsprache zu gelten habe. Der Strafbefehl BM 21 12059 sei damit in Rechtskraft erwachsen. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern am 15. Dezember 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Der Beschwerdeführer gelangt am 26. Januar 2022 mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.
 
2.
 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt. Die Begründung muss sachbezogen sein und die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 142 I 99 E. 1.7.1; 140 III 86 E. 2). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2).
 
3.
 
Die Vorinstanz erwägt, auf der Vorladung seien der Termin (3. August 2021) und die Uhrzeit (14.30 Uhr) der Einvernahme korrekt angegeben worden. Selbst wenn der Beschwerdeführer sich über die Uhrzeit geirrt haben sollte, hätte er nicht einfach - ohne Rückfrage - von einer Verspätung der Staatsanwältin ausgehen und annehmen dürfen, von der Teilnahme an der Einvernahme entbunden zu sein. Vorliegend sei die Einvernahme auf 14.30 Uhr terminiert gewesen. Die Staatsanwältin habe sich gemäss ihrer Akten- und Telefonnotiz um 14.30 Uhr bei der Loge des Amtshauses nach dem Erscheinen des Beschwerdeführers erkundigt. Die hierfür zuständige Person habe ihr mitgeteilt, er habe das Amtshaus um 14.25 Uhr verlassen, weil - auf Frage hin - der Termin um 14.20 Uhr gewesen sein soll. Zur Loge der Staatsanwaltschaft im 4. Stock sei der Beschwerdeführer nicht gekommen. Die Staatsanwältin habe ihm um 14.35 Uhr Uhr telefonisch eine Sprachnachricht hinterlassen, wonach der Termin um 14.30 Uhr gewesen sei und er Gelegenheit habe, bis um 14.45 ins Amtshaus zurückzukehren, ansonsten er als nicht erschienen gelte. Hinweise darauf, dass der in der Akten- und Telefonnotiz skizzierte Geschehensablauf unzutreffend sein könnte, lägen keine vor. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte, wenig glaubhafte Irrtum wäre ohne Weiteres vermeidbar gewesen und hätte sich einfach klären lassen, wenn er tatsächlich ein Interesse an einer Verhandlung gehabt hätte. Durch sein Vorgehen habe er die Säumnisfolgen bewusst in Kauf genommen. Sein Handeln sei daher zu Recht als unentschuldigtes Fernbleiben beurteilt worden.
 
4.
 
Was an diesen Erwägungen bundesrechtswidrig sein könnte, zeigt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht in einer den Formerfordernissen genügenden Weise auf. Ohne sich mit dem angefochtenen Beschluss substanziiert zu befassen, beschränkt er sich vor Bundesgericht darauf, seine eigene subjektive Sicht der Dinge zu schildern und zu behaupten, als entschuldigt gelten zu müssen, weil es an der Loge gelegen hätte, ihn mit einem Schreiben auf die Sachlage aufmerksam zu machen. Soweit er weiter vorbringt, die Sprachnachricht der Staatsanwältin erst nach der "Nachfrist" erhalten zu haben, und er zudem von früheren ungerechtfertigten Freiheitsentzügen sowie davon spricht, dass ihn Aufenthalte im Amtshaus nervös machten und "ein Gefühl des Erstickens" auslösten, legt er nicht dar, was er damit in Bezug auf die vorinstanzliche Begründung ableiten will. Mit seinen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern der vorinstanzliche Beschluss bundesrechtswidrig sein könnte. Soweit er vorbringt, Beweise (beim Bundesgericht) persönlich vorbeibringen zu wollen, verkennt er überdies, dass das Bundesgericht als oberste Recht sprechende Behörde die angefochtenen Entscheidungen einzig auf ihre richtige Rechtsanwendung hin zu überprüfen hat und dass folglich grundsätzlich kein Raum für eine eigene Tatsachen- und Beweiserhebung besteht (vgl. BGE 133 IV 293 E. 3.4.2). Die Beschwerde genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen offensichtlich nicht, weshalb darauf im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten ist.
 
5.
 
Auf eine Kostenauflage kann ausnahmsweise verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen um Verteidigung ersucht, ist darauf hinzuweisen, dass es im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich an der rechtsuchenden Partei liegt, sich einen Anwalt zu organisieren. Das BGG kennt die notwendige Verteidigung nicht. Der Umstand, dass die Beschwerde den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht entspricht, begründet keine Unfähigkeit zur Prozessführung im Sinne von Art. 41 BGG. Inwiefern sich der angefochtene Beschluss mit formgerechten Rügen erfolgreich anfechten liesse, ist nicht erkennbar. Damit fällt auch die Beigabe eines (kostenlosen) Rechtsanwalts nach Art. 64 Abs. 2 BGG wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ausser Betracht.
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Mai 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill