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Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 2C_367/2022 vom 17.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
2C_367/2022
 
 
Urteil vom 17. Mai 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Katja Ammann,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Vorzeitige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 23. Februar 2022 (VB.2021.00821).
 
 
 
Erwägung 1
 
1.1. A.________ (geb. 1987) ist ghanaischer Staatsangehöriger. Das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration [SEM]) anerkannte ihn am 16. Januar 2015 als Flüchtling und gewährte ihm Asyl. A.________ verfügt dementsprechend derzeit über eine Aufenthaltsbewilligung (vgl. Art. 60 Abs. 1 AsylG [SR 142.31). Am 13. Juni 2019 und 21. Februar 2020 ersuchte er erfolglos darum, ihm vorzeitig eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen (Art. 60 Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 34 AIG).
1.2. Ein weiteres Gesuch vom 9. Juli 2021 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich am 18. August 2021 ab. Die hiergegen eingereichten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ging in seinem Urteil vom 23. Februar 2022 davon aus, dass die Vorinstanzen in ihren Entscheiden hätten mitberücksichtigen dürfen, dass A.________ von Dezember 2017 bis Mai 2019 arbeitslos gewesen sei und "aufgrund der relativ langen Arbeitslosigkeit und seiner erschwerten Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt" noch keine "verlässliche Beurteilungsgrundlage für seine wirtschaftliche Integration" bestehe.
1.3. A.________ beantragt vor Bundesgericht mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das vorinstanzliche und das bundesgerichtliche Verfahren sei er angemessen zu entschädigen; gegebenenfalls sei ihm vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Es wurden keine weiteren Instruktionsmassnahmen getroffen.
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten ist gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer beantragt, ihm gestützt auf Art. 34 Abs. 4 AIG vorzeitig eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen. Dabei handelt es sich um einen ermessensweise zu treffenden Entscheid und keine Anspruchssituation ("Kann"-Bestimmung; vgl. BOLZLI/RUDIN/GRETER, Migrationsrecht, 2022, N. 4.18; SPESCHA/BOLZLI/DE WECK/PRIULI, Handbuch zum Migrationsrecht, 4. Aufl. 2020, S. 172; PETER BOLZLI, in: Spescha/Zünd/Bolzli/Hruschka/ de Weck [Hrsg.], Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, N. 7 zu Art. 34 AIG; MINH SON NGUYEN, in: Nguyen/Amarelle, Code annoté de droit des migrations, vol. II, LEtr, 2017, N. 3 ad art. 34 LEtr; SILVIA HUNZIKER/BEAT KÖNIG, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK AuG, 2010, N. 11 ff. zu Art. 34 AuG). Der Beschwerdeführer geht somit zu Recht davon aus, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im vorliegenden Zusammenhang ausgeschlossen ist.
 
Erwägung 2.2
 
2.2.1. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Es besteht diesbezüglich eine qualifizierte Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2). Zur Verfassungsbeschwerde ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG). Steht der betroffenen Person kein Anspruch auf die beantragte ausländerrechtliche Bewilligung zu, ist sie durch deren Verweigerung nicht in rechtlich geschützten Interessen betroffen, weshalb ihr die Legitimation zur Anfechtung des negativen Bewilligungsentscheids bzw. eines diesen bestätigenden Rechtsmittelentscheids in der Sache fehlt. Sie kann namentlich nicht die Verletzung des Willkürverbots rügen (Art. 9 BV; BGE 133 I 185 ff.). Dasselbe gilt für das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 Abs. 1 BV (Urteil 2D_14/2015 vom 25. Februar 2015 E. 2.2 mit Hinweisen). Beim Verhältnismässigkeitsgrundsatz handelt es sich seinerseits schliesslich bloss um ein verfassungsmässiges Prinzip, nicht aber um ein mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde selbstständig anrufbares verfassungsmässiges Recht (BGE 134 I 153 E. 4.1; Urteil 2D_14/2015 vom 25. Februar 2015 E. 2.2).
2.2.2. Was den Grundsatz von Treu und Glauben betrifft, zeigt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenügend auf, inwiefern sich vorliegend unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes für die Frage seiner Bewilligungserteilung etwas ableiten liesse (vgl. BGE 126 II 377 E. 3; s. auch das Urteil 2D_14/2015 vom 25. Februar 2015E. 2.2; allgemein zu den Voraussetzungen behördlicher Bindung aus Gründen des Vertrauensschutzes: Urteil 9C_736/2020 vom 10. Dezember 2021 E. 5.2, zur Publikation vorgesehen). Er beruft sich in diesem Zusammenhang zwar auf die Weisungen des SEM und des Migrationsamts des Kantons Zürich, doch legt er nicht dar, welche nicht rückgängig zu machenden Dispositionen er gestützt auf welche konkreten vertrauensbildenden behördlichen Zusicherungen hin er getroffen hätte. Den verwaltungsinternen Weisungen kommt keine Gesetzeskraft zu; sie können zwar im Einzelfall eine einheitliche und rechtsgleiche Praxis fördern, es muss jedoch unabhängig von ihnen geklärt werden, wie die betroffene gesetzliche Regelung auszulegen ist (vgl. BGE 146 I 83 E. 4.5); sie begründen mit anderen Worten keinen allgemeinen Vertrauensschutz im Einzelfall und ein entsprechendes rechtlich geschütztes Interesse. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer erfolglos mehrere Gesuche gestellt hat, verschafft ihm ebenso wenig einen Bewilligungsanspruch wie die Tatsache, dass er als unterliegender Gesuchsteller für die kantonalen Verfahren kostenpflichtig geworden ist. Der Beschwerdeführer ist, was die materielle Bewilligungsfrage betrifft, unter keinem Titel zur vorliegenden Beschwerde legitimiert. Soweit er sich auf Art. 6 EMRK beruft, legt er entgegen seiner Begründungspflicht nicht dar, inwiefern diese Bestimmung verletzt sein könnte; Art. 6 EMRK findet im Übrigen im ausländerrechtlichen Bereich keine Anwendung (vgl. BGE 137 I 128 E. 4.4.2; Urteil 2C_653/2021 vom 4. Februar 2022 E. 7.2.2).
 
Erwägung 2.3
 
2.3.1. Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist die ausländische Person zur Rüge berechtigt, ihr zustehende Verfahrensgarantien seien verletzt worden (BGE 114 Ia 307 ff.). Nicht zu hören sind dabei Vorbringen, die im Ergebnis auf die Überprüfung des Sachentscheids abzielen, wie die Behauptung, dass die Begründung des angefochtenen Entscheids unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen sei oder sich nicht mit sämtlichen Argumenten auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen willkürlich gewürdigt worden seien; ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der Sachverhalt sei unvollständig oder sonst wie willkürlich festgestellt oder Beweisanträge seien wegen willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt worden (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c; 129 I 217 E. 1.4; 126 I 81 E. 7b; 118 Ia 232 E. 1c; zur Weiterführung dieser so genannten "Star-Praxis" unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes s. BGE 135 II 430 E. 3.2; s. auch BGE 138 IV 78 E. 1.3; spezifisch zum Ausländerrecht BGE 133 I 185 E. 6.2 und BGE 137 II 305 E. 2).
2.3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, dass er noch nicht hinreichend wirtschaftlich integriert sei. Er habe sich während seiner Arbeitslosigkeit sprachlich weiter gebildet und Praktika absolviert; seit Dezember 2019 arbeite er als "Assistant Restaurant Manager". Die Vorinstanz habe ihm - trotz der Untersuchungsmaxime und dem Grundsatz "iura novit curia" - die Erteilung der Niederlassungsbewilligung verweigert, ohne auf die Frage des Vertrauensschutzes einzugehen. Die entsprechenden Ausführungen können nicht von der Sache, d.h. den Bewilligungsvoraussetzungen gemäss Art. 34 Abs. 4 AIG, unabhängig geprüft werden, was Voraussetzung dafür bilden würde, dass die "Star"-Praxis angerufen werden kann (vgl. vorstehende E. 2.2.1). Im Übrigen wäre es gegebenenfalls am Beschwerdeführer gewesen, die Frage des Vertrauensschutzes in den kantonalen Verfahren aufzuwerfen.
 
Erwägung 3
 
3.1. Auf die Verfassungsbeschwerde ist durch die Abteilungspräsidentin mangels Beschwerdelegitimation und zulässiger bzw. hinreichend begründeter Rügen (vgl. Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG) nicht einzutreten.
3.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (vgl. Art. 64 BGG), womit der Beschwerdeführer kostenpflichtig wird (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr wird seiner persönlichen Situation Rechnung getragen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. 
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
2.2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Mai 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar