Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Bearbeitung, zuletzt am 04.08.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
BGer 1C_7/2022 vom 19.05.2022
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
Tribunal federal
 
[img]
 
 
1C_7/2022
 
 
Urteil vom 19. Mai 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Georg Klingler,
 
gegen
 
Bundesamt für Umwelt,
 
Abteilung Luftreinhaltung und Chemikalien, Worblentalstrasse 68, 3063 Ittigen.
 
Gegenstand
 
Zusicherung der Entschädigung der voraussichtlich anrechenbaren Kosten für Sanierungsmassnahmen,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 15. November 2021 (A-6100/2020).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Am 24. November 2007 lief die 80-jährige Konzession der B.________ AG für den Betrieb eines Ausleitkraftwerks an der Surb aus. Ein Weiterbetrieb der historischen Wasserkraftanlage erwies sich aus verschiedenen Gründen als nicht möglich bzw. nicht wirtschaftlich. Für die Realisierung und den Betrieb der zukünftigen Anlage wurde die A.________ AG (nachfolgend: Gesuchstellerin) gegründet.
Im Rahmen des laufenden Konzessionsverfahrens verpflichtete das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVU) die Gesuchstellerin mit Verfügung vom 30. Oktober 2015 zur Sanierung des Geschiebehaushalts und der Fischgängigkeit im Bereich des Wehrs der Kraftwerkanlage; nach Abschluss der jeweiligen Sanierung sei die erforderliche Erfolgskontrolle durchzuführen.
Die neue Konzession trat am 1. März 2016 in Kraft. Mit Verfügung vom 1. März 2016 genehmigte das BVU das Projekt C.________ und erteilte u.a. die gewässerschutzrechtlichen Bewilligungen.
Am 13. Juni 2016 erteilte das BAFU der Gesuchstellerin die Bewilligung, vorzeitig mit dem Bau der Sanierungsmassnahmen zu beginnen. Zugleich hielt es fest, die vorgezogenen Bauarbeiten dürften die Realisierung aller drei Sanierungsvarianten bis zum definitiven Variantenentscheid nicht beeinträchtigen; eine Entschädigung werde nur gewährt, wenn es sich beim Kraftwerk nicht um eine Neuanlage handle und die Massnahme den gesetzlichen Anforderungen entsprechen würde.
 
B.
 
Am 21. Dezember 2017 ersuchte die Gesuchstellerin um Entschädigung der Sanierungsmassnahmen. Das BAFU verfügte am 28. Oktober 2020, der Gesuchstellerin seien die anrechenbaren Kosten der Massnahmen am Kraftwerk C.________ in der voraussichtlichen Höhe von Fr. 490'035.-- (inkl. MwSt) zu entschädigen (Ziff. 1). Die definitive Höhe der Entschädigung werde nach Einreichung der Kostenzusammenstellung nach Umsetzung der Massnahmen bzw. der Wirkungskontrolle ermittelt (Ziff. 2). Die Gesuchstellerin könne nach Umsetzung abgeschlossener Teile der Massnahmen die Zusammenstellung der bereits entstandenen Kosten einreichen und um Auszahlung ersuchen; vorgesehen seien folgende Teilzahlungen: Fr. 430'800 inkl. MwSt nach Abschluss der Projektierung und Umsetzung und Fr. 59'235.-- inkl. MwSt nach Abschluss Wirkungskontrolle (Ziff. 3). In den Erwägungen hielt es fest, die Wasserkraftschnecke sei nicht entschädigungsberechtigt, weil sie primär der Stromproduktion in der neuen Kraftwerksanlage diene und der Fischabstieg nur ein Nebeneffekt sei.
 
C.
 
Dagegen erhob die Gesuchstellerin am 1. Dezember 2020 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, mit dem Antrag, ihr seien die anrechenbaren Kosten in der voraussichtlichen Höhe von Fr. 956'000.-- inkl. MWSt. zu ersetzen (Ziff. 1), mit Teilzahlungen von Fr. 713'188.-- und 185'800.-- (Ziff. 3). Am 15. November 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab.
 
D.
 
Dagegen hat die Gesuchstellerin am 5. Januar 2022 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Ziff. 1 und 3 der Verfügung des BAFU vom 28. Oktober 2020 seien aufzuheben und durch folgende Formulierung zu ersetzen:
1. Der Gesuchstellerin sind gestützt auf Art. 34 EnG die anrechenbaren Kosten der Massnahmen am Kraftwerk C.________ in der voraussichtlichen Höhe von Fr. 725'238.-- (inkl. MwSt) zu entschädigen.
3. Die Gesuchstellerin kann nach Umsetzung abgeschlossener Teile der Massnahmen die Zusammenstellung der bereits entstandenen Kosten einreichen und um Auszahlung ersuchen. Folgende Teilzahlungen sind vorgesehen:
- Fr. 666'003.-- (inkl. MwSt) nach Abschluss der Projektierung und Umsetzung
- Fr. 59'235.-- (inkl. MwSt) nach Abschluss Wirkungskontrolle.
Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zum Neuentscheid zurückzuweisen.
 
E.
 
Das BAFU beantragt Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin hat am 24. März 2022 repliziert.
 
 
Erwägung 1
 
Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. a BGG).
1.1. Beschwerden sind primär zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), sei es insgesamt, sei es unter bestimmten Voraussetzungen hinsichtlich eines Teils (Art. 91 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde nur zulässig, wenn diese einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 138 III 94 E. 2.2 mit Hinweisen). Dabei haben die Beschwerdeführenden die Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG darzulegen (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329 mit Hinweisen), soweit sie nicht offensichtlich erfüllt sind (BGE 136 IV 92 E. 4; 133 III 629 E. 2.3.1).
1.2. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass es sich beim vorinstanzlichen Entscheid um einen Endentscheid i.S.v. Art. 90 BGG handelt, allerdings ohne dies näher zu begründen.
Das BAFU führte in seiner Zusicherungsverfügung aus, das Gesuch führe die anrechenbaren Kosten auf; der Kostenverteilschlüssel sei jedoch nicht näher beschrieben. Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, stimmte das BAFU dem vom Kanton vorgeschlagenen Vorgehen zu, die Entschädigungsberechtigung vorgängig bauteilbezogen festzulegen, gestützt auf die Kostenschätzungen des Kantons. Die Beurteilung der detaillierten Kostenzusammenstellung der anrechenbaren Hauptpositionen könne im Anschluss von der Gesuchstellerin nachgereicht werden und werde im Rahmen der Auszahlungsverfügung geprüft (Disp.-Ziff. 2 und Erwägung c S. 4 oben).
Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, die Vorinstanz habe einzig über die grundsätzliche Anrechenbarkeit der Hauptpositionen, nicht aber über die konkreten Auszahlungsbeträge verfügt. Die konkreten Entschädigungsbeträge bildeten Gegenstand der noch ausstehenden Auszahlungsverfügungen und seien durch die Beschwerdeführerin allenfalls nach deren Erlass separat anzufechten (E. 4.1.2; vgl. auch 4.3.2 des angefochtenen Entscheids).
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich daher in ihrer Beschwerde vor Bundesgericht auf die Grundsatzfrage der Entschädigung für die Wasserkraftschnecke (Fischabstieg) und behält sich ausdrücklich vor, bei den vom BAFU bereits zugesicherten Positionen in einem neuen Verfahren höhere Auszahlungsbeträge geltend zu machen, sofern nach Rechtskraft der Zusicherungsverfügung festgestellt werde, dass wesentliche Mehrkosten entstanden seien.
1.3. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Grundsatzentscheide, in welchen Teilaspekte einer Streitsache vorab materiell beurteilt werden, Zwischenentscheide i.S.v. Art. 93 BGG (BGE 136 II 165 E. 1.1 S. 170; 135 II 30 E. 1.3.1; 134 II 137 E. 1.3.2; 133 V 477 E. 4.1.3). So werden beispielsweise Kostenverteilungsverfügungen im Altlastenrecht als Zwischenentscheid qualifiziert, wenn noch unklar ist, welche Kosten insgesamt anfallen und die Kostenbeiträge noch nicht beitragsmässig festgelegt worden sind (Urteil 1C_397/2013 vom 21. April 2015 E. 1.3 mit Hinweisen, in: URP 2015 529 mit Anmerkung CHRISTEN/GRACEJ, URP 2015 535).
Vorliegend beschränkt sich die angefochtene Verfügung auf die Grundsatzfrage der Entschädigungsberechtigung für verschiedene Bauteile; die genaue Entschädigungshöhe wird Gegenstand der Auszahlungsverfügung sein (vgl. Art. 32 Abs. 5 der Energieverordnung vom 1. November 2017 [EnV; 730.01] und Art. 17d sexies der Energieverordnung vom 7. Dezember 1998 [aEnG; AS 1999 207 und 2016 2479]). Aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin ist davon auzugehen, dass diese auch die (bisher nur schätzungsweise festgelegte) Entschädigungshöhe für die bereits im Grundsatz anerkannten Posten anfechten wird. Sie legt weder dar, weshalb dennoch - entgegen der allgemeinen Grundsätze - von einem End- oder Teilendentscheid auszugehen sei, noch macht sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG geltend. Ein solcher ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, hat die Beschwerdeführerin sich doch den vorzeitigen Baubeginn bewilligen lassen, ohne den Entscheid über die Entschädigung für die Wasserkraftschnecke abzuwarten.
 
Erwägung 2
 
Unter diesen Umständen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 66 und 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Mai 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber